Fertigteilbau: Das Match um die Traumhäuser

Rund ein Drittel der Häuser in Österreich werden aus Fertigteilen errichtet
Die Digitalisierung wird auch im Hausbau ein immer wichtigerer Faktor. Die heimischen Firmen rittern um Marktanteile und Rangfolgen.

Die Digitalisierung hält auch in der Fertigteilhaus-Branche Einzug. Mithilfe von Virtual-Reality-Brillen von Google oder Roomle können potenzielle Käufer beim Wiener Neustädter Hersteller Variohaus durch ein imaginäres Fertigteilhaus schlendern. Und auf der Firmen-Homepage können sie per Maus-Klick ihr Traumhaus zusammenstellen: Wände, Fenster, Türen und Möbel können je nach Lust und Laune verändert werden – und das alles in 3-D. Auch die Fernsteuerung von technischen Anlagen im Haus per Smartphone wird ein immer wichtigeres Thema bei den Kunden.

Rund 13.000 Ein- und Zweifamilienhäuser werden jährlich hierzulande errichtet. Während Insider von einem leichten Absatz-Rückgang bei Fertighäusern in den vergangenen drei Jahren sprechen, kommt der Österreichische Fertighausverband auf andere Zahlen. "Wir haben derzeit einen Marktanteil von 33 Prozent, das ist ein Plus von drei Prozentpunkten im Vergleich zu 2013", sagt Josef Gruber, Chef des Herstellers Variohaus und Vizepräsident des Fertighausverbands, zum KURIER. "Der überwiegende Teil unserer Mitglieder sieht das Geschäftsjahr 2016 sehr positiv, es wird ein Plus von dem einen oder anderen Prozentpunkt geben."

Fast 730 Millionen Euro setzt die Branche jährlich in Österreich um. Der Wettbewerb unter den Herstellern ist hart, die Kunden werden mit verschiedensten Preisaktionen angelockt. Mal wird den Eigenheim-Käufern die Wärmepumpe geschenkt, mal erhält man die Küche oder die Fotovoltaikanlage gratis zum Haus dazu.

Etwa 80 Prozent der Fertighäuser werden in der Holzriegel-Bauweise errichtet, der Rest entfällt auf Fertigteil-Massivhäuser aus Ziegeln. In letzterem Segment gilt der oberösterreichische Hersteller Wimberger als Spitzenreiter. Auch Austrohaus in Vorchdorf baut mit Ziegeln.

Fertighaus-Marktführer hierzulande ist das niederösterreichische Unternehmen Elk, das mit 800 Mitarbeitern in Schrems und mit 340 im tschechischen Plana die nötigen Teile erzeugt. Zu Elk gehört die Marke Zenker. Das Unternehmen hat laut eigenen Angaben etwa 15 Prozent Marktanteil.

Die Top Ten

Zu den Top Ten in der heimischen Branche zählen zudem die Firmen Haas, Hartl, Wolf, Glorit, Variohaus, Hanlo, Genböck und Griffner. Je nach Bundesland gibt es aber auch regionale Player. In Wien führt Glorit klar das Feld an. Über die tatsächlichen Marktanteile bzw. Absatz- und Verkaufszahlen der Unternehmen lässt sich trefflich streiten. "Oft ist es eine Frage der Interpretation", sagt Philipp Müller von Hartl Haus. Hartl reklamiert für sich aktuell Platz drei im bundesweiten Umsatz-Ranking hinter Elk und Haas.

In die Karten schauen lassen sich nur die wenigsten. Die Firma Wolf mit Sitz in Scharnstein tut es: Sie hat im Vorjahr laut Jahresabschluss 515 Fertigteilhäuser produziert, diese Sparte trug 20,5 Prozent bzw. 109,4 Millionen Euro zur gesamten Betriebsleistung bei. Das ist ein Plus von 12,4 Millionen Euro. Fast drei Viertel der Häuser wurden in Österreich und Deutschland verkauft, weitere 22 Prozent in Italien. Das Hauptgeschäft von Wolf ist aber der Hallen- und Rundbehälterbau. Mit 2725 Mitarbeitern wurden 2015 in 20 Ländern rund 531 Millionen Euro umgesetzt.

Eigentümerwechsel

Indes gab es bei Marktführer Elk im Juli 2016 einen Eigentümerwechsel. Die Familie Weichselbaum zog sich zurück und betreibt nur noch den mehrgeschoßigen Wohnbau (siehe rechts). Neuer Eigentümer von Elk ist der Investor Matthias Calice. Calice hat bereits im Mai 2015 den insolventen steirischen Hersteller Hanlo übernommen.

"Elk war schon immer Marktführer. Im Vorjahr haben wir zwar weniger gebaut, weil 2014 für uns kein gutes Jahr war", sagt Markus Weber von Elk. "Wir haben heuer aber das beste Jahr in unserer Firmengeschichte. Wir werden rund 800 Häuser in Österreich verkaufen." Mit dem Vertrieb in Deutschland macht das unterm Strich insgesamt 1000 Häuser.

Ein Drittel der Fertighäuser werden als Rohbauten ("Ausbauhäuser") errichtet, die von Professionisten oder mit hilfsbereiten Nachbarn fertiggestellt werden. Das Gros (40 Prozent) bestellt belagsfertige Eigenheime. Hier fehlt nur noch der Innenausbau. Doch der Trend geht hin zu schlüsselfertigen Häusern. Im Schnitt kostet ein solches Haus etwa 165.000 Euro. Nach oben gibt es so gut wie keine Preisgrenze. "Ein großes Haus kann auch 500.000 bis 600.000 Euro kosten", sagt Variohaus-Chef Gruber. "Das hochpreisige Segment nimmt bei uns zu."

Hingegen nimmt die Zahl der teuren Passivhäuser (gute Wärmedämmung, keine klassische Heizung) weiter ab, da die modernen Niedrigenergie-Häuser die Energieeffizienz eines Passivhauses nahezu erreichen. "Wir haben die Passivhäuser aus unserem Katalog herausgenommen", sagt Philipp Müller von Hartl Haus. "Denn wir produzieren Fenster und Türen in unserer eigenen Tischlerei. Sie haben zum Teil bereits Passivhaus-Standard." Generell legen die Kunden immer größeren Wert auf Fotovoltaikanlagen und Stromspeicher, mit denen in der Nacht die Wärmepumpen betrieben werden können.

Deutscher Markt

Österreichs Hersteller drängen derzeit auf den deutschen Markt. "Wir haben erkannt, dass die Zuwachsraten auf dem Heimmarkt nicht allzu groß sind", sagt Variohaus-Chef Gruber. "Wir sind in Bayern und Baden-Württemberg tätig. Der deutsche Markt ist groß und es gibt ein großes Potenzial an Interessenten." Nachsatz: "Wir haben die gleiche Sprache, das ist am Bau besonders wichtig, und es gibt annähernd die gleichen Bauvorschriften."

Wo kann sich ein potenzieller Häuselbauer über Fertigteilhäuser informieren?

Es gibt fünf Musterhaus-Zentren in Österreich, die Blaue Lagune in Vösendorf bei Wien, in Linz-Haid, Eugendorf bei Salzburg, in Graz und Klagenfurt, wo man die Häuser der verschiedenen Hersteller besichtigen kann. Einzelne Fertighaus-Unternehmen laden die potenziellen Kunden auch in ihr Werk ein.

Wie lange dauert es, bis man eine Baugenehmigung erhält?

In Landgemeinden, die an einem Zuzug interessiert sind, erhält man diese Genehmigung mitunter in vier bis sechs Wochen, in Städten kann es aber bis zu sechs Monate dauern; in Wien sogar bis zu neun Monate.

Was muss man bei der Finanzierung beachten?

Wichtig ist, dass nicht nur die Kosten des Hauskaufs, sondern auch die Nebenkosten wie Grunderwerbssteuer, Notariatskosten und die Kosten für Grundbucheintragung eingerechnet werden.

Erhält man für Fertigteilhäuser eine Wohnbauförderung?

Ja, will man aber die Wohnbauförderung in Anspruch nehmen, dann muss man auch die Bedingungen dieser Förderung beachten. Diese unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. In Niederösterreich erhält man zum Beispiel keine Wohnbau-Förderung für ein Haus, wenn eine Gasheizung einbaut wird. Hier muss man eine alternative Anlage wie eine Wärmepumpe einbauen, die kostet aber wieder mehr.

Wie hoch ist die Anzahlung, die seriöse Bieter verlangen dürfen?

Die Mitglieder des Fertighaus-Verbandes dürfen maximal zehn Prozent Anzahlung vom Kunden verlangen, die meisten verlangen aber nur fünf Prozent.

Wie viel Vorlaufzeit muss man für Bau des Kellers und der Bodenplatte einrechnen?

Rund drei bis vier Wochen. Heute wird ein Beton verwendet, der relativ schnell aushärtet.

Wie lange dauert es, bis man Fertigteil-Haus tatsächlich beziehen kann?

Bei einem schlüsselfertigen Haus dauert es – je nach Ausführung – sechs bis zehn Wochen, ab Montage des Fertighauses.

Einige Fertighausfirmen errichten Hotels, Schulen, Lagerhallen sowie Betriebsgebäude und sind auch im Wohnbau aktivBeim Thema Fertighaus denkt man automatisch an Einfamilienhäuser, wie sie in der Blauen Lagune oder anderen Fertighausparks stehen. Dass die in der Fabrik vorgefertigten Teile mehr können, zeigen aktuelle Projekte. Das Ziel: Fertighaus-Anbieter wollen auch im großvolumigen Wohnungs- und Gewerbebau mitmischen. Denn im Einfamilienhaus-Segment ist Wachstum kaum mehr möglich, im großvolumigen Bereich jedoch sehr wohl.

Die Holzriegel-Bauweise, die beim Fertighausbau angewendet wird, eignet sich nicht nur für ein- oder zweigeschossige Bauten. Mehrgeschossige Wohnbauten, Reihenhäuser, Lagerhallen, Hotels, Bürohäuser, Schulen und Kindergärten können ebenfalls auf diese Art gebaut werden. Daher haben einige Fertighausanbieter wie Haas oder Elk neben dem Einfamilienhausbau das Geschäft mit Bauträgern und Entwicklern ausgebaut.

Aktuelle Projekte

Haas Fertigbau hat sich zum Beispiel auf landwirtschaftliche Bauten (Ställe, Hallen) spezialisiert. So wurde für den ESV Weiz Süd vor Kurzem eine Stocksporthalle errichtet. Das Unternehmen baut aber auch Schulen, Kindergärten und Gewerbeobjekte, wie das Kundenzentrum für das Autohaus Käfer in Fürstenfeld. Die Firma Elk ist hingegen stark im Hotelbau vertreten, mehr als 30 Hotels sind in den vergangenen Jahren im In- und Ausland entstanden. Dazu wurde 2006 eine eigene Marke geschaffen, die „Elk Motel“. Zu den neueren Projekten zählt zum Beispiel das Hotel Spielberg in der Steiermark nahe des Formel 1 Red Bull Rings. Elk ist auch im großvolumigen Wohnbau und im Gewerbebau unter der Marke „Elk Building Systems“ aktiv. Vor Kurzem hat das Unternehmen Betriebs- und Schulungsgebäude für den Baubedarfs-Erzeuger Synthesa in Perg, Oberösterreich, errichtet. 29 Wohnungen sind für die Cohousing-Siedlung Pomali in Niederösterreich entstanden.

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