Den Sprung in die USA wagen

Huston skyline
Mehr Chancen, weniger Bürokratie: Heimische Unternehmer suchen ihr Glück in den Vereinigten Staaten – und finden es oft.

Für Österreich sind die USA der wichtigste Exportmarkt außerhalb Europas. Heuer werden Prognosen zufolge Waren im Wert von mehr als neun Milliarden Euro direkt in die USA geliefert. Doch der Weg über den großen Teich ist ein weiter – oftmals ein zu weiter, um dauerhaft im Geschäft mit den Vereinigten Staaten zu bleiben. Dann kann sich eine Niederlassung vor Ort lohnen. Diesen Schritt setzte auch vor zwei Jahren Peter Lieber, mehrfacher Unternehmensgründer im Softwarebereich, wie etwa LieberLieber Software. Die 2007 gegründete Firma ist nun auch in Houston präsent. "Unsere Kunden sind international sehr aktiv. Sie wollten unsere Services auch in den USA", erzählt er im KURIER-Gespräch.

Warum Houston und nicht das Silicon Valley?

"Das Silicon Valley wäre wie ein Sprung ins Haifischbecken. Zudem sind Mieten und Gehälter dort extrem hoch." Auch viele seiner 3500 Kunden sind in der Energiemetropole beheimatet. "Der Markteintritt ist geschafft, wir haben aber keine besondere Eile", sagt Lieber. Mittlerweile gebe es in der viertgrößten Stadt der USA sechs Mitarbeiter sowie drei Partner in drei weiteren Regionen. Die Anschubfinanzierung kam vom austria wirtschaftsservice (aws) mittels eines 200.000 Euro-Darlehens. In drei bis vier Jahren sei ein Umsatz von einer Million Euro vorstellbar. Für den erfolgreichen Markteintritt in den USA ist es laut Christian Ebner, Managing Partner beim Unternehmensberater Elpis Consulting, wichtig einen genauen Plan zu entwerfen und rasch in die Gewinnzone zu kommen. Ebner unterstützte Lieber bei der Expansion in die USA. "Wesentlich dabei ist die Berücksichtigung der manchmal eigenwilligen Mentalität der US-Behörden und des speziellen US-Reglements", sagt Ebner.

Steuerberater

Zum Beispiel sei es wichtig gewesen, so Lieber, als Erstes einen Anwalt und einen Steuerberater zu engagieren. "Die Firmengründung ging flott und hat nur 10 Dollar gekostet." Jedoch gebe es landesweit 7600 Steuergesetze (jeder Bundesstaat hat eigene) und jedes Monat müsse eine Steuererklärung abgegeben werden. Hinderlich seien diverse Visabestimmungen für Arbeitskräfte.

Sollte das Handelsabkommen TTIP je Realität werden, könnten diese Hindernisse abgebaut werden, hofft Lieber. Auch Dienstleister würden im allgemeinen leichteren Marktzutritt erlangen. "Aus unternehmerischer Sicht bin ich eher für die Vorzüge von TTIP – wie freier Waren- und Dienstleistungsverkehr – allerdings bin ich persönlich gegen die Art und Weise wie verhandelt wird." Verträge sollten wieder gestaltet werden, wie die amerikanische Unabhängigkeitserklärung: kurz, prägnant, für jeden Transparent und klar verständlich. Es ist Lieber zufolge nicht einfach, das amerikanische und europäische Rechtssystem unter einen Hut zu bringen, da sie grundverschieden seien. Auch die Art und Weise wie Verträge geschlossen werden. Ebner zufolge würde TTIP die Markteintrittshürden für KMU generell senken. "Die Großen schaffen es ohnehin."

Das Firmen-A-Z der Wirtschaftskammer

www.einfach-leichter.at/expertensuche gibt Auskunft über Berater, die Firmen bei ihrer US-Expansion unterstützen.

21 Jahre jung war Moritz Plassnig, als er mit zwei Freunden im Jahr 2011 die Softwarefirma Codeship gründete. Zunächst versuchten sie von Wien aus den Markt zu beackern, später auch von Berlin. „Doch es war relativ schnell klar, dass es mit unserem Produkt mehr Sinn macht, in die USA zu gehen“, sagt Plassnig im KURIER-Gespräch. „Dort sind alle relevanten Personen und Firmen und es ist viel leichter, an Risikokapital und geeignete Mitarbeiter zu kommen.“ Gesagt, getan. 2013 wurde ein Büro in Boston aufgemacht. Die Stadt habe den Vorteil, sehr fokussiert auf technische Dienstleister zu sein. Es gebe zwar dort viele Mitbewerber, aber ungleich weniger als in der Tech-Region rund um San Francisco. „Obendrein beträgt der Zeitunterschied zu Europa nur sechs Stunden.“ Ein großer Vorteil, schließlich ist Codeship weiterhin in Wien und Berlin vertreten. Hauptsitz ist aber nun Boston, wo der Großteil der mehr als 30 Mitarbeiter tätig sind.

Green Card

Inzwischen kann Plassnig auf mehr als 2000 Kunden aus mehr als 70 Ländern verweisen. Umsatzzahlen verrät er jedoch nicht. Die Investoren kommen großteils aus den USA. Erst heuer flossen sieben Millionen Dollar an Risikokapital in die Firma. Das wäre so in Österreich nicht möglich gewesen, sagt Plassnig. „Es ist ein kleines Land, das nicht unternehmerfreundlich ist. Ich habe immer nur gehört, was nicht möglich ist.“
alter irrelevantIn den USA hingegen gebe es aus Unternehmersicht nichts Negatives. „Mir fällt nichts ein, wo es besser wäre.“ Neben dem leichteren Kapitalzugang gebe es auch weniger Bürokratie. „Und mein Alter von damals 23 Jahren war irrelevant. Hier zählt nur die Leistung.“
Freilich, ein wenig Schatten gibt es auch in den USA, wie Plassnig einräumt. „Hier dauerhaft arbeiten zu dürfen, ist nicht einfach.“ Zunächst erhielt er das Arbeitsvisum nur wegen der eigenen Firma, erst später gab es eine Green Card. Und seine zwei Freunde durften gar nicht bleiben. „Es ist ein ständiger Prozess, der viel Geld und Zeit kostet.“

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