Damit was weitergeht: Nachfolger gesucht

Nachtschwärmer-Lokal mitten im Beisl-Grätzl: Christa Sommerauer bereitet Übergabe vor
450.000 Jobs hängen an erfolgreichen Betriebsübergaben bei KMU in den nächsten Jahren. Doch immer weniger Kinder übernehmen das Geschäft ihrer Eltern. Ein Alarmsignal.

Soll nach 32 Jahren "Sozialarbeit" im kleinen, gemütlichen Stammbeisl ums Eck endgültig das Licht ausgehen? "Ich habe fast vier Generationen Nachtschwärmer hier gehabt und hoffe wirklich, dass jemand meine Bar weiterführt", seufzt Christa Sommerauer, Inhaberin des Cafes "Xeno" im Wiener Freihausviertel. Die 60-Jährige will gerne in Pension gehen und ihr Lokal in gute Hände übergeben (siehe unten). Am liebsten wäre ihr die eigene Tochter als Nachfolgerin, aber die scheidet leider aus, sie hat Veterinärmedizin studiert.

Das "Xeno" steht beispielhaft für aktuell rund 1100 Klein- und Mittelbetriebe, die mithilfe der Nachfolgebörse nachfolgeboerse.at der Wirtschaftskammer (WKO) ihr Unternehmen erfolgreich übergeben wollen. Jedes vierte davon ist aus der Gastronomie.

Hauptgrund für die Nachfolgesuche ist die Pensionierung. Hier tickt wegen der demografischen Entwicklung eine Zeitbombe, hat die KMU Forschung Austria errechnet: Bis 2023 stehen rund 45.000 Betriebe zur Übergabe an, das sind 30 Prozent aller Klein- und Mittelbetriebe. Gut 450.000 Arbeitsplätze hängen davon ab, ob die Übernahme gelingt. Doch genau das wird immer schwieriger, weil die eigenen Kinder sehr oft nicht mehr mitspielen.

Nachwuchssorgen

Damit was weitergeht: Nachfolger gesucht
Nur noch knapp die Hälfte der Firmen werden innerhalb der Familie übergeben, vor zehn Jahren waren es noch 75 Prozent. "Die Ausbildungswege der Kinder haben sich stark gewandelt, heute ist es keineswegs so, dass die Kinder das Geschäft von den Eltern automatisch übernehmen", weiß Elisabeth Zehetner-Piewald, Geschäftsführerin der Jungen Wirtschaft in den Wirtschaftskammer (WKO). Der Anteil an den familieninternen Übergaben ist im Tourismus noch am höchsten. Betriebe müssen sich aber immer häufiger extern, etwa unter der Belegschaft oder bei Geschäftspartnern um einen Nachfolger umsehen. Geburtenrückgang und Akademisierung verschärfen die Situation noch.

Dazu kommt der aktuelle Start-up-Hype, der eher die bloße Selbstverwirklichung als die Fortführung von Bestehenden mit neuen Ideen fördert. Weil es mehr Gründungen gab, ging die Zahl der Betriebsübernahmen im Vorjahr auf 6153 zurück. Ein Alarmsignal, dem die Wirtschaftskammer jetzt mit mehr Aufklärung schon in Schulen begegnen möchte.

Die Nachfolge ist vor allem dann geeignet, wenn die eigene Geschäftsidee nicht vollkommen revolutionär und einzigartig ist, sondern wenn sie in ein grundsätzliches Geschäftsmodell eingebracht werden kann. Großer Vorteil: Es muss nicht bei null begonnen werden, Geschäftsräume oder Produktionsanlage samt Mitarbeiter und bestehender Kundenstock sind schon da.

Einen Nachteil für Übernehmer sieht Zehetner darin, dass bestehendes Personal übernommen werden muss und somit oft Innovationen blockiert werden. So sei es schwierig mit bestehendem Personal aus einem China-Restaurant ein Haubenlokal zu machen. Viele gründen daher lieber an einem anderen Standort neu und übernehmen nicht.

Förderungen

Bei Förderungen sieht Zehetner eine Ungleichbehandlung zu den Start-ups: "Wir wünschen uns, dass Nachfolger ähnlich gefördert werden wie Start-ups". So sollen bei Aufnahme eines zusätzlichen Mitarbeiters die Lohnkosten ebenso gefördert werden wie bei einer Neugründung.

Auch wenn ein Strukturwandel in der Wirtschaft oft notwendig ist: An einer erfolgreichen Übergabe hängen nicht nur Tausende Arbeitsplätze, sondern auch wichtige Investitionen, die die Übergeber nicht mehr getätigt haben. "Damit das Business-Modell in den nächsten 15 bis 20 Jahren auch noch funktioniert, sind die Übernehmer oft zu Investitionen gezwungen", erläutert Zehetner. Schon lange fordert die WKO einen sogenannten Beteiligungsfreibetrag für Investoren. Im Gegensatz zum Risikokapital für Start-ups gehe es hier um langfristige Investments. Ein wichtiges Thema sind Betriebsanlagengenehmigungen, hier könnte es noch Erleichterungen für Übernehmer geben.

Fehler

Häufigster Fehler bei Betriebsübergaben aus Altersgründen ist, sich zu spät über die eigene Nachfolge Gedanken zu machen. Viele übergeben den Betrieb auch in einem sehr schlechtem Zustand, weil jahrelang nichts investiert und so das Lokal oder Werkstätte regelrecht heruntergewirtschaftet wurde. Ist dann auch noch der Ruf schlecht, macht es wenig Sinn, einzusteigen. Das Gründerservice der WKO bringt nicht nur Unternehmen, die übergeben wollen, mit Interessenten zusammen, sondern bietet auch Beratung in allen Bundesländern.

-Mitarbeit Martin Straudi

Sie ist irgendwie aus der Zeit gefallen und gerade deshalb etwas Besonderes. Die Cafe-Bar „Xeno“ (griechisch: Gast) in der Wiener Schleifmühlgasse hat nichts von einem schicken Themenlokal. Es erinnert eher an Peter Alexander’s Ode an das kleine Beisl, wo das Leben noch lebenswert ist, weil „keiner fragt, was du hast oder bist“.

30 Gäste – viele davon Stammgäste– ein Tischfußball-Tisch und sogar eine kleine Bibliothek haben in der 50 Quadratmeter kleinen Bar Platz. Geraucht werden darf auch noch, muss aber nicht. „Wir haben hier einen bunten Alters- und Milieumix, man kennt sich, die Bar hat irgendwie eine soziale Funktion übernommen“, erzählt Inhaberin Christa Sommerauer.

Seit 1984 sperrt sie das Xeno täglich um 18 Uhr auf und hält bis 4 Uhr offen. Jetzt will die 60-Jährige, die zwei Teilzeitkräfte beschäftigt, in Pension gehen und „die anderen machen lassen“. Als Nachfolger sei jeder willkommen, der etwas aus dem Lokal machen möchte. Geld sollte vorhanden sein, denn die Einrichtung ist nicht nur aus der Zeit gefallen – sie gehört dringend erneuert.

Schon seit 1981 betreibt Alfred Sturma in Wien die ACS-Akustik KG. Mit seinem Unternehmen verfolgt er seither das Ziel, die Hörqualität seiner Kunden zu verbessern. Der 61-Jährige ist nämlich für die Planung induktiver Höranlagen, Beschallungen sowie optimaler Raumakustik zuständig. Jetzt, nach nunmehr 35 Jahren in der Branche, steht Sturma vor der Frühpension und sucht nach einem Nachfolger für sein Ein-Personen-Unternehmen.
Doch auch seine Suche gestaltet sich alles andere als einfach. Sturma hat nämlich hohe Ansprüche: „Mir ist sehr wichtig, dass mein Nachfolger den Ruf und die Philosophie des Betriebs weitertragen“.

Dem Unternehmer liegt zwischenmenschliche Hilfe mehr am Herzen als reines Profitdenken. Weil sich aber immer weniger Handelstreibende auch mit der ethischen Seite des Geschäfts auseinandersetzen und das Thema Akustik sehr speziell ist, blieb der Andrang möglicher Interessenten bislang überschaubar. Nun hofft Sturma, dass sein spezielles Angebot durch die Nachfolgebörse Gehör findet.

In Frauental in der Weststeiermark wird seit einem halben Jahrhundert das Sportcafé Frauental geführt. Das Familienunternehmen sucht aufgrund der Pensionierung von Besitzerin Elvira Putz nach einem neuen Pächter. Dieser kann sich im Gastronomielokal neben einem großen Kundenstamm außerdem über eine renovierte Einrichtung freuen. Prunkstück des Hauses sind aber die drei Kegelbahnen, die für eine hohe Vereinsfrequenz im Betrieb sorgen.
Trotzdem steht die Besitzerin noch ohne Pächter da.

„Die ungünstigen Arbeitszeiten schrecken viele Bewerber ab. Hinzu kommen noch strenge Behördenkontrollen und Vorschriften, die die Gastronomiebranche in ein schlechtes Licht rücken“, analysiert die Gastwirtin. Schon seit Juni ist sie bei der Nachfolgebörse registriert. Bis sie einen Nachfolger gefunden hat, will Frau Putz das Lokal selbst weiterführen.

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