Bier wird zum Kultgetränk

Die Geschmacksrichtungen sind so zahlreich wie die Kleinstbrauereien, die Craft-Biere zum Kultgetränk gemacht haben.

Auf der Flasche steht "Weißglut", "Nussknacker", "Fladerant" oder "Gmahde Wiesn". In der Flasche ist – Bier. Auch wenn die Biersorte, beim Nussknacker handelt es sich um "Barley Wine", mitunter etwas anderes vermuten lässt. Aber trotz des irreführenden Namens handelt es sich um ein sehr starkes Ale mit mindestens sieben Prozent Alkoholgehalt. Der Name leitet sich vom hohen Alkoholanteil ab, der eher Wein als Bier entspricht.

Tatsächlich mit Wein ist das "Klosterneubier". Zu den "normalen" Bierbestandteilen Hopfen, Malz und Gerste kommen rote Weintrauben. Ebenfalls einen "Bier-Wein-Hybris" braut eine kleine steirische Brauerei in Leutschach. Die Region ist gleichermaßen für den Weinanbau und für den Anbau des wichtigen Bier-Rohstoffes Hopfen bekannt. Die "Gmahde Wiesn" hat ein wenig mit Wiese zu tun, der Gerstensaft ist mit Kräutern "abgeschmeckt".

Ein Prozent vom Markt

Die Menge ist noch recht bescheiden: Nur rund ein Prozent des in Österreich gebrauten Bieres – insgesamt sind das 9,3 Millionen Hektoliter – sind sogenannten Craft-Biere. Die Bedeutung allerdings wächst: Die Zahl der Kleinst- und Kleinbrauereien, wo Bier nicht großindustriell, sondern quasi "handwerklich" (daher der Ausdruck "Craft") gebraut wird, steigt stetig. Bereits jede Zweite der insgesamt 214 Braustätten ist eine Gasthausbrauerei und/oder kreiert in Kleinstbetrieben Spezialitäten. Etliche Betriebe bieten auch Brau-Seminare an, in denen die Fans die richtige Mischung von Hopfen, Malz und sonstigen Zutaten beigebracht wird, damit sie ihr eigenes Bier brauen können.

Die Fangemeinde trifft sich mittlerweile regelmäßig zu Craft-Bier-Festen, die bereits in Wien, Linz und Graz veranstaltet werden. Das jüngste Bierfest mit mehr als 70 Brauern und Tausenden Besuchern an zwei Tagen fand Mitte November in Wien statt. Auch eigene Shops für Craft-Biere das "Beerlovers" in Wien bietet einige Hundert Sorten an. Außerdem werden die neuen Biere zunehmend im Lebensmittelhandel angeboten.

Für den Biermarkt ist diese Entwicklung wichtig. Sigi Menz, Obmann des österreichischen Brauereiverbandes: "Es ist zwar ein sehr kleines Segment, aber die Craft-Biere sorgen für Bewegung. Bier kommt dadurch aus der traditionellen Ecke von Märzen oder Pils heraus. Bier bleibt im Gespräch, das ist für die Branche positiv."

Experimente

Dass der neue Bierkult dazu beiträgt, dass der Konsum in Österreich bei durchschnittlich 105 Liter pro Kopf und Jahr konstant bleibt, glaubt er aber nicht: "Das ist übertrieben. Aber durch neue Sorten ist Bier auch für ein jüngeres Publikum interessant."

Die Großen der Branche mischen daher auch eifrig auf dem kleinen Markt mit. In sogenannten "Kreativbrauereien" brauen sie abseits des Mainstreams – 80 Prozent des in Österreich getrunkenen Gerstensaftes ist Lager-Bier – die eine oder andere Rarität. Vielfach tun sie es aus Imagegründen und um neue Kunden anzulocken. Ein Grund ist aber auch, dass es eine gute Möglichkeit ist, neue Geschmacksrichtungen auszuprobieren. Denn das geht im "normalen" Braubetrieb nicht. Menz: "In den großen Gefäßen, in denen wir normalerweise brauen, kann man nicht experimentieren."

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