Bonität herabgestuft: Amerika am Schuldenpranger

Die USA verlieren erstmals in der Geschichte ihre Top-Bewertung. Die Politik gerät massiv unter Druck.

Angedroht wurde es schon lange, in der Nacht zum Samstag ist es tatsächlich passiert: Die Supermacht USA haben erstmals in der Geschichte ihre Spitzenbewertung bei einer führenden Ratingagentur verloren. Standard & Poor's (S&P) stufte die Kreditwürdigkeit von Staatsanleihen der größten Volkswirtschaft der Welt um eine Stufe von "AAA" auf "AA+" herab. Es war ein historischer Schritt mit noch unabsehbaren Auswirkungen auf die globale Finanzwelt.

Die Begründung der Ratingagentur ist eine massive Anklage des politischen Systems unter Präsident Barack Obama. Die US-Regierung würde nicht die nötigen Maßnahmen ergreifen, um das gigantische Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen. Auch das langwierige Prozedere im jüngsten Schuldenstreit müsse infrage gestellt werden.

"Das Hickhack in Washington hat das Fass zum Überlaufen gebracht", begründete S&P-Ratingchef John Chambers. Sollte der Schuldenabbau nicht verstärkt werden, droht S&P mit einer weiteren Herabstufung in den nächsten zwölf bis 18 Monaten.

Das Weiße Haus und die US-Notenbank (Federal Reserve) versuchten zu kalmieren. S&P habe sich bei ihrer Bewertung schlichtweg verrechnet, behauptete ein Sprecher des US-Finanzministeriums. Am Abend gestand ein Regierungssprecher aber Fehler bei der jüngsten Abstimmung um die Anhebung der US-Schuldengrenze ein und mahnte den Kongress zu mehr Geschlossenheit beim geplanten Schuldenabbau.

Krisengipfel

Trotz eiliger Beschwichtigungen zittert die Politik wie die Finanzwelt vor den Folgen der erstmaligen Herabstufung. Niemand weiß, wie die Aktienmärkte darauf reagieren werden. Die Börse in Saudi-Arabien stürzte am Samstag bereits um 5,46 Prozent ab. Unklar ist, ob die Ratingagenturen Fitch und Moody's ihre Bewertungen ebenfalls überdenken und so weiter Öl ins Feuer gießen. Die Finanzminister der G-7-Staaten beriefen noch für das Wochenende eine Telefonkonferenz ein, um über mögliche Folgen für die Weltwirtschaft zu beraten. Ein solches Treffen hatte am Freitag angesichts der Turbulenzen an den Finanzmärkten Italiens Premier Silvio Berlusconi vorgeschlagen. Die Europäische Zentralbank (EZB) wollte Kreisen zufolge ebenfalls am Sonntag über die Schuldenkrise beraten.

Zinslast

Übereinstimmung herrscht darüber, dass die Kreditzinsen für die USA schon bald steigen werden. Die staatlichen Kreditkosten könnten sich Experten zufolge gar um bis zu 100 Milliarden Dollar verteuern. Dies nährt wiederum Ängste vor einer weiteren Rezession in den USA, die auch die Weltwirtschaft mitreißen könnte.

"Der Druck auf die Budgetkonsolidierung steigt, weil höhere Zinsen das Budget zusätzlich belasten", bestätigt Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek dem KURIER. Eine kurzfristige Auswirkung auf die US-Finanzierung sieht er jedoch nicht, zumal große institutionelle Anleger auch Staatsanleihen mit AA+-Bewertungen kaufen würden. Außerdem, so Brezinschek, sei diese Herabstufung in den USA schon erwartet worden. Länder mit Triple-A-Rating - wie auch Österreich - könnten davon sogar profitierten, weil ihre Staatsanleihen von Anlegern nun verstärkt gesucht würden.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare