Steigen die Russen jetzt aufs Gas?

Österreich wäre auf möglichen Gas-Lieferstopp durch die Ukraine vorbereitet.

Die Gasfrage hängt wie ein Damoklesschwert über den EU-Russland-Sanktionen. Am Mittwoch goss der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk Öl ins Feuer und berichtete von der angeblichen Absicht Russlands, der EU im Winter den Gashahn zuzudrehen. "Wir kennen Pläne Russlands, den Gastransit in die EU in diesem Winter zu blockieren", sagte Jazenjuk. Wie er von den angeblichen Plänen erfahren hat, verriet er nicht.

Für eine Eiltmeldung reichte die unkonkrete "Gas-Warnung" allemal. Das Dementi Russlands kam einige Stunden später. Der Energieminister versicherte, Russland werde "größtmögliche Anstrengungen" unternehmen, seine Verpflichtungen gegenüber europäischen Firmen zu erfüllen.

Seit Juni liefert Russland kein Gas mehr an die Ukraine. Am Freitag sollen unter der Vermittlung von EU-Kommissar Günther Oettinger zwar wieder Gasgespräche aufgenommen werden, die Erwartungen sind angesichts der militärischen Lage jedoch eher gering. Oettinger selbst empfahl den EU-Ländern am Dienstag, sich für den Winter vorsorglich gegen einem Totalausfall der Gaslieferungen aus Russland zu wappnen.

Immerhin deckt die EU 30 Prozent ihres Gasbedarfs in Russland und rund die Hälfte der Gaslieferungen fließt durch den Krisenherd Ukraine (siehe Grafik). Es ist das mit Abstand wichtigste Transitland Richtung Westeuropa.

Österreich ist zu mehr als 50 Prozent von russischem Gas abhängig. E-Control-Vorstand Walter Boltz glaubt nicht, dass Russland kein Gas mehr nach Österreich liefern wird. Er hält es zwar in der "momentan aufgeheizten Situation" für durchaus möglich, dass eine Lieferstopp-Drohung von Russland ernsthaft kommt, glaubt aber nicht, dass sie auch umgesetzt wird. Denn die Russen würden sich damit langfristig sehr schaden. Der russische Energieriese Gazprom habe in allen seinen Prognosen steigende Gaslieferungen nach Europa drinnen. Sollte es zu Engpässen kommen, könnte das Gas über die anderen Leitungen kommen. Dass gar keines geliefert wird, glaubt Boltz nicht.

Umleitung

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner beruhigte bereits im Mai. Wie er in einem KURIER-Interview sagte, werde im Falle eines Lieferstopps durch die Ukraine die russische Gazprom Erdgas über die Nord-Stream-Opal-Pipeline nach Österreich liefern. Dies sei auch schon beim Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine 2009 geschehen.

Österreichs Gasspeicher sind derzeit zur Hälfte gefüllt, damit könnten die Wintermonate locker überbrückt werden. Auch Gazprom lagert Gas in Österreich. Sollten die Gasspeicher erschöpft sein, wird versucht, Erdgas aus anderen Ländern wie etwa Algerien oder Italien zu beziehen. Dauert der Lieferstopp länger, müssten per Krisenverordnung des Ministers Gas-Rationierungen angeordnet werden.

Um dies zu verhindern, forderte EU-Energiekommissar Oettinger die Mitgliedsländer bereits vor Monaten auf, die Vorräte zum Schutz vor Versorgungsengpässen zu verdoppeln. Die EU-Staaten sollen künftig den Bedarf von mindestens 50 oder 60 Wintertagen statt wie bisher 30 Tage vorhalten. Die Betroffenheit in der Union ist jedoch höchst unterschiedlich. Während sechs Länder (Schweden, Finnland, die baltischen Staaten und Bulgarien) zu 100 Prozent vom russischen Gas abhängen, können sich die Niederlande oder Dänemark mit Erdgas selbst versorgen. Über den EU-Schnitt von 30 Prozent liegen neben Österreich auch Deutschland mit 39 Prozent. Immerhin 16 Prozent aller Exporte durch russische Pipelines fließen nach Deutschland, beinahe ebenso viel wie in die Ukraine.

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