Industrieländer müssen Schulden abbauen
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) fordert die Industriestaaten zum Schuldenabbau auf. "Ein bloßes Stabilisieren des Schuldenstands dürfte zur Wahrung der Solvenz auf lange Sicht kaum ausreichen", schrieb die als "Bank der Zentralbanken" bekannte BIZ in ihrem am Sonntag veröffentlichten Jahresbericht. Die Verbindlichkeiten in den Industrieländern hätten ein für Friedenszeiten beispiellos hohes Niveau erreicht. Bei unerwarteten Entwicklungen wie einer neuen Finanzkrise könne es zu einem weiteren kräftigen Anstieg kommen. "Dann könnten sich vermeintlich tragfähige öffentliche Finanzen innerhalb kürzester Zeit als nicht mehr tragfähig erweisen."
Aber auch ohne neue Krisen könnten hohe Schuldenberge erhebliche Kosten verursachen. Wegen der höheres Ausfallrisikos könnten die Risikoprämien und damit die Zinskosten steigen. Gleichzeitig werde der Spielraum für Konjunkturpakete in wirtschaftlich schlechten Zeiten eingeengt. Auch die Konsumlaune von Unternehmen wie Verbrauchern leide, da sie bei hohen Schulden mit höheren Steuern und sinkenden Staatsausgaben rechnen müssten. "All diese Faktoren können das Wachstum dämpfen", warnte die BIZ. Das gelte tendenziell bei einem Schuldenstand von mehr als 80 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Als sicheres Terrain sieht die BIZ Werte von 60 Prozent in den Industriestaaten und 40 Prozent in den Schwellenländern an. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Staatsverschuldung bei rund 82 Prozent.
Alternde Bevölkerung kostet
Die BIZ fordert die Industriestaaten auch wegen der alternden Bevölkerung zum Schuldenabbau auf, die zu höheren Ausgaben für das Renten- und Gesundheitsweisen führen dürften. Um das schonend hinzubekommen, rät sie, eher die Vermögenssteuern sowie indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer anzuheben, da sie "tendenziell weniger verzerrend als Steuern auf Arbeit und Kapital" wirkten. "Des weiteren dürften Kürzungen bei sozialen Transferzahlungen dem Wachstum kurzfristig weniger schaden als eine Einschränkung des öffentlichen Konsums", hieß es.
Strukturreform nötig
Die Zentralbanken könnten nicht die strukturellen Probleme lösen. "Sie können auch nicht die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellen", schrieb die BIZ. "Und vor allem können sie nicht die Strukturreformen im Wirtschafts- und Finanzbereich durchsetzen, die notwendig sind, um die Volkswirtschaften zu dem realen Wachstum zurückzuführen, das sowohl die Regierungen als auch die Bürger wünschen und erwarten."
Trotz der extrem lockeren Geldpolitik einiger Notenbanken sieht die BIZ die Weltkonjunktur noch immer nicht auf einem stabilen Pfad. "Sechs Jahre sind seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise vergangen", hieß es. "Ein robustes, selbsttragendes und ausgewogenes Wachstum der Weltwirtschaft liegt aber noch immer in weiter Ferne." Geldpolitische Impulse allein seien nicht die Lösung, weil die Wurzel der Probleme nicht im Bereich der Geldpolitik liege. "Die privaten Haushalte und die Unternehmen müssen die schwierige Aufgabe der Bilanzsanierung zum Abschluss bringen, und die Regierungen müssen alles daran setzen, die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen", forderte die BIZ und warnte die Notenbanken rund um den Globus, den Ausstieg aus ihrer ultralaxen Geldpolitik aus Angst vor Turbulenzen an den Börsen zu verschieben.
"Sie werden das richtige Gleichgewicht finden müssen zwischen den Risiken eines verfrühten und den Risiken eines weiter aufgeschobenen Ausstiegs", heißt es in demBericht. Die Schwierigkeiten, die Politik des billigen Geldes zu beenden, würden umso größer, je länger die aktuell extrem konjunkturstützenden geldpolitischen Bedingungen anhielten, warnte die BIZ.
Wegen der völlig unterschiedlichen Probleme in den großen Volkswirtschaften dürften sich dem allerdings weder die Europäische Zentralbank (EZB) noch die Notenbanken in Großbritannien und Japan anschließen. Unter Führung der Federal Reserve hatten die Zentralbanken quasi weltweit in den zurückliegenden Krisenjahren ihre Zinsen massiv gesenkt und Geld in einem bis dato nicht vorstellbaren Ausmaß in die Finanzmärkte gepumpt.
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