Berlusconi: Sparpaket per Notverordnung

2012 müssen bis zu 30 Milliarden Euro eingespart werden. Die Gewerkschaften steigen auf die Barrikaden.

Wenn nicht jetzt, wann dann?" Diese Aufforderung, in der Schuldenkrise keine Zeit mehr zu verlieren, richtete die Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore an Italiens Regierung - und die fühlte sich offenbar auch angesprochen: Premier Silvio Berlusconi will das Kabinett am 18. August zu einer Sondersitzung zusammentrommeln. Dabei sollen die Details des neuen, noch massiveren Sparpakets vorgestellt werden. Berlusconi möchte es dann per Notverordnung einführen, denn die Zeit drängt.

Die Beschleunigung des Sanierungsprogramms war eine der Forderungen der Europäischen Zentralbank. Diese hatte durch den Aufkauf italienischer Staatsanleihen zumindest vorübergehend für eine Beruhigung der Märkte gesorgt. Zuvor waren Zweifel an der Bonität Italiens laut geworden, die Risikoaufschläge waren stark angestiegen.

"Soziales Massaker"

Berlusconi hat jedenfalls akuten Handlungsbedarf, doch die Umsetzung der Sparpläne stellt den 74-Jährigen vor zahllose Hürden. Die Opposition kritisiert sie bereits jetzt als "soziales Massaker". Die Gewerkschaften und vor allem Berlusconis eigensinniger Regierungspartner, Lega-Nord-Chef Umberto Bossi, stellen sich gegen die geplanten Einsparungen im Bereich der Pensionen.

Nach Gesprächen mit Industriellen und Gewerkschaften zeichnete sich am Mittwoch aber immer klarer ab, in welchen Bereichen der Rotstift angesetzt werden soll. Immerhin müssen allein 2012 bis zu 30 Milliarden Euro eingespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Steuererhöhungen, eine Anhebung des Pensionsalters, Einsparungen bei der Höhe der Pensionen sowie im Gesundheitswesen vorgesehen. Arbeitnehmerrechte sollen per Gesetz eingeschränkt und Kündigungen erleichtert werden. Auch die Privatisierungen will die Regierung vorantreiben. Regionen, Provinzen und Gemeinden müssen ab 2012 mit weit weniger Geld auskommen.

Harte Diskussionen

Besonders die Einschnitte bei den Pensionen sorgen für harte Diskussion. Lega-Chef Bossi stellte klar: "Die Pensionen der Arbeiter greift niemand an." Auch die Gewerkschaften steigen auf die Barrikaden: Das italienische Rentenwesen sei längst modernisiert. An dem System dürfe nicht gerüttelt werden.

Wiederholt kritisiert wurde, dass die Politiker bei sich selbst am wenigsten sparen wollen. Italien zahlt im EU-Vergleich nicht nur die höchsten Parlamentariergehälter, sondern hat aufgrund enormer Privilegien für die "Politikerkaste" deutlich höhere Ausgaben als andere Länder.

Das Parlament wird am Donnerstag trotz Ferien zwei Stunden seine Türen öffnen: Alle Parteichefs werden dabei sein, wenn Wirtschaftsminister Giulio Tremonti die Richtlinien für die Umsetzung des Sparprogramms in den nächsten Monaten erläutert. Sein Ziel ist es, bis 2013 ein ausgeglichenes Budget zu erreichen.

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