Berliner Warnsignale an Athen

Das Finanzministerium lässt eine Pleite Griechenlands berechnen. Asmussen wechselt als Krisenmanager in die EZB.

Die Krise des Euro hält Berlin weiter in Atem. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt seine Beamten eine Staatspleite Griechenlands und ihre Folgen für Deutschland und die Märkte durchrechnen. In zwei Versionen: Mit einer Rückkehr zur Drachme und der Euro-Beibehaltung.

Im Finanzministerium hält man eine Pleite nämlich inzwischen für einigermaßen beherrschbar: Wenn zuvor der Euro-Rettungsschirm mit der geplanten Umwandlung des EFSF-Hilfsfonds in den flexibleren ESM operativ ist, wäre die Ansteckung anderer Schulden-Staaten und die bisher befürchtete Mega-Krise der Finanzmärkte durch die Griechenland-Anleihen haltenden Banken nicht mehr zwangsläufig. Dass Schäuble die Pleite Athens als echte Option sieht, hatte er, wie vom KURIER als erster berichtet, schon vor Monaten in der Regierung dargelegt.

Flexibel

Allerdings fehlt Schäuble künftig der erfahrenste Krisenmanager für diese heikle Situation: Sein wichtigster Staatssekretär Jörg Asmussen, 45, wird Nachfolger des am Freitag zurück getretenen EZB-Vizepräsidenten Jürgen Stark.

Der jungenhaft wirkende Asmussen, schon für Schäubles Vorgänger Peer Steinbrück (SPD) unentbehrlich, galt das auch der bürgerlichen Koalition, die dafür sogar sein SPD-Parteibuch tolerierte. Der brillante Krisenmanager war einst forscher SPD-Juso-Chef in seiner Heimat Schleswig-Holstein, ist heute aber der international und mit den Märkten best vernetzte deutsche Spitzenbeamte.

Von ihm wird erwartet, dass er sich, wie sein früherer Chef, einer weiteren Aufweichung der EZB-Politik gegenüber hochverschuldeten Euro-Ländern weniger verschließt als Stark und Axel Weber, der im Februar zurückgetretene Bundesbank-Chef. Beide galten als "Falken" im EZB-Rat, beide beklagten intern zu geringe Unterstützung von Bundeskanzlerin Merkel dabei.

Düster

Gerade die Aussicht auf eine nun noch flexiblere EZB in Frankfurt ist es, die Merkel aber derzeit absolut nicht brauchen kann. Sie verdüstert ihre Chancen, die Koalitionsmehrheit bei der Abstimmung über die Ausweitung des Euro-Schutzschirms am 29. September zusammen zu bekommen. Noch am Mittwoch waren sie durch das positive Urteil des Verfassungsgerichts zur Euro-Rettung gestiegen.

Nun rückt mit dem wieder wahrscheinlicheren Verfehlen der eigenen Mehrheit eine Regierungskrise näher. Denn Merkel hatte Stark als den Garanten für einen starken Euro und mehr Reformdruck auf die Schuldenländer verkauft. Direkter Anlass für seinen Rücktritt war denn auch der vertragswidrige Ankauf riskanter Anleihen Italiens und Spaniens. Den hatte der französische EZB-Präsident Jean-Claude Trichet im August fortgesetzt, dessen Nachfolger ab Oktober, der Italiener Mario Draghi hatte ihn unterstützt.

Starks Rücktritt ist den deutschen Gegnern einer solchen Euro-Rettung ein Fanal. Dass Schäuble mit dieser Begründung gerade auch die "Rente mit 69" für den Hauptzahler Deutschland durchrechnen lässt, verstärkt noch ihre Zweifel.

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