Monsanto: Konzern mit schlechtem Ruf

Bekannt geworden ist Monsanto durch die Entwicklung des weltweit meistgebrauchten Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat.

Der Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern Bayer übernimmt den weltgrößten Saatguthersteller Monsanto für knapp 66 Mrd. Dollar (58,68 Mrd. Euro). Kein anderes Unternehmen in der Branche hat ein derart schlechtes Image.

Wegen seiner aggressiven Geschäftspraktiken, seiner gentechnisch veränderten Produkte und des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat steht das US-Unternehmen, das weltweit über 21.000 Mitarbeiter in 66 Ländern beschäftigt, seit Jahren in der Kritik. Im Folgenden ein Überblick über den Konzern aus St. Louis im US-Bundesstaat Missouri.

2,3 Milliarden Gewinn

Monsanto setzte im vergangenen Geschäftsjahr 15 Mrd. Dollar (13,34 Mrd. Euro) um und verdiente unter dem Strich 2,3 Mrd. Dollar. Weltweit kommt der Konzern im Saatgutgeschäft auf einen Marktanteil von 26 Prozent. Kritiker monieren eine Einschränkung der Sortenvielfalt und der Unabhängigkeit der Bauern, vor allem in Entwicklungsländern. Denn die beherrschende Stellung von Monsanto in vielen Märkten könne zu einem deutlichen Anstieg der Saatgutpreise führen, wie laut Weltlandwirtschaftsrat etwa bereits bei Baumwolle zu sehen ist. Für viele Bauern werde das Saatgut dann zu teuer, so Kritiker. Die gentechnisch veränderten Sorten seien zudem oft nicht für die Wetterbedingungen in Entwicklungsländern geeignet und Schädlingen nicht gewachsen. Weitere Düngemittel und Pestizide müssten eingesetzt werden.

Patente und Klagen

Als weltgrößter Saatguthersteller dominieren die Amerikaner das Geschäft wie kein anderer Konzern. Landwirte, die gentechnisch verändertes Saatgut von Monsanto kaufen, müssen eine Vereinbarung unterzeichnen, in der sie sich verpflichten, kein Saatgut aus der Ernte für die kommende Aussaat aufzuheben und zu verwenden - anders als das über Jahrhunderte in der Landwirtschaft üblich war. Kritiker werfen dem Konzern die rigorose Verteidigung seiner Patente mit Gerichtsverfahren vor. Monsanto weist die Vorwürfe zurück, man verteidige nur sein geistiges Eigentum. Das von Monsanto entwickelte Saatgut habe Eigenschaften, die in der Natur normalerweise nicht aufträten, begründet der Konzern den Patentschutz. Nach Einschätzung von Umweltschutz-Organisationen erhöht sich für die Landwirte aber dadurch die Abhängigkeit von einigen wenigen Saatgutfirmen. Viele Bauern würden durch die hohen Kosten in den Ruin getrieben.

Kritiker werfen Monsanto auch vor, Landwirte dazu anzustiften, andere Landwirte zu denunzieren, wenn diese Saatgut aufheben und wieder aussäen. Diese riefen aber von sich aus bei dem Kundenservice des Unternehmens an, erklärt der Konzern auf seiner Internetseite: "Sie tun dies, weil sie glauben, dass es unfair ist, dass sie einem Wettbewerbsnachteil haben, weil ihre Nachbarn dem Gesetz und rechtlichen Vereinbarungen nicht so folgen, wie sie es tun."

Streitfall Glyphosat

Bekannt geworden ist Monsanto durch die Entwicklung des weltweit meistgebrauchten Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Der Wirkstoff wurde in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren so intensiv versprüht, dass in den USA bereits einige Unkräuter Resistenzen entwickelt haben. Das Mittel steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Da das Patent auf Glyphosat seit vielen Jahren abgelaufen ist, wird es auch von anderen Herstellern verkauft. Die EU-Kommission hatte die Zulassung des Pflanzengifts im Juni um zunächst eineinhalb Jahre verlängert. In dieser Zeit soll ein weiteres Gutachten zu möglichen Gesundheitsrisiken entstehen.

In den 1980er Jahren machte Monsanto die Biotechnologie zu einer wichtigen Säule im Unternehmen. Die Firma konzentrierte sich auf die Züchtung von Hochleistungssorten und entwickelte Saatgut, das selbst ein Insektengift produziert und deshalb resistent gegen Schädlinge ist. Auch das Besprühen mit Unkrautvernichtern - die Monsanto selbst vertreibt - überstehen einige Sorten. Vorreiter ist der Branchenprimus bei Genmais, doch ist sein Anbau in Deutschland und der EU umstritten. Agrar-Konzerne verzichten bisher freiwillig auf Anbau-Anträge in Deutschland. In den USA wurden gentechnisch veränderte Pflanzen erstmals 1996 ausgebracht. Seit 2007 entwickeln Monsanto und BASF gemeinsam ertragreichere Nutzpflanzen, wie Mais und Sojabohnen, die zudem widerstandsfähiger etwa gegen Trockenheit sind. Das erste Produkt - Genuity DroughtGard Hybride - führte Monsanto 2013 am amerikanischen Markt ein.

Agent-Orange-Produzent

Seine Wurzeln hat Monsanto in der Chemie. Das erste Produkt des 1901 gegründeten Unternehmens war der Süßstoff Saccharin. Während des Vietnam-Krieges war der Konzern Lieferant des Herbizids "Agent Orange" - zusammen mit Bayer über das Gemeinschaftsunternehmen Mobay. Das damalige Joint Venture gilt neben der US-Firma Dow Chemical als ein Hersteller und Lieferant des mit Dioxinen belasteten Herbizids. Die US-Streitkräfte setzten Agent Orange zur Entlaubung von Wäldern und Nutzpflanzen ein, um der feindlichen Guerillabewegung FNL die Tarnung zu erschweren und deren Versorgung zu stören. Doch kam es zu schweren Erkrankungen der Bevölkerung und der Soldaten. Laut Angaben des Vietnamesischen Roten Kreuzes leiden etwa eine Million Vietnamesen an den Spätfolgen.

Lange gefackelt hat Werner Baumann nicht. Nur Tage nach seinem Amtsantritt setzte der neue Bayer-Chef zum großen Wurf an und machte im Frühjahr seine Übernahmeofferte für den US-Saatgutriesen Monsanto publik. Nun hat er den monatelange Übernahmepoker gewonnen.

Knapp 66 Mrd. Dollar (58,68 Mrd. Euro) legt Bayer für den umstrittenen Hersteller des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat auf den Tisch - die höchste Summe, die je ein deutscher Konzern für ein ausländisches Unternehmen gezahlt hat.

Da gehört Mut dazu - Skeptiker würden sagen Chuzpe -, den viele dem Manager mit der runden Brille vielleicht nicht zugetraut hätten. Den Unmut vieler Bayer-Anleger über seine Zukaufspläne hat Baumann natürlich registriert, doch der Mann hat eine Vision: Schon bevor der 53-jährige den Niederländer Marijin Dekkers Anfang Mai bei dem Aspirin-Hersteller ablöste, waren sich Experten sicher, dass der vierfache Vater versuchen werde, in der Konsolidierung der Agrarchemie-Branche zu den Taktgebern zu gehören. "Er wird nicht zögern, einen Deal abzuschließen, wenn der für Bayer passt", prophezeite damals ein Insider.

Branche im Umbruch

Bayer ist einer der weltweit führenden Hersteller von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut. Die Branche ist derzeit massiv in Bewegung. So schluckt derzeit der chinesische Staatskonzern ChemChina für 43 Mrd. Dollar den Schweizer Pflanzenschutzproduzenten Syngenta. Ende 2015 wurde bereits der Zusammenschluss der US-Konzerne Dow Chemical und Dupont zu einem neuen Branchenriesen auf den Weg gebracht.

Mit Baumann hatte Bayer ein Eigengewächs zum Aushängeschild gemacht. Schon lange war der Wirtschaftswissenschaftler als Kronprinz von Dekkers gehandelt worden. Seit Mai ist Baumann, der seit 28 Jahren für den Konzern arbeitet, Chef von gut 115.000 Mitarbeitern auf allen Kontinenten. Der Krefelder kam direkt nach dem Studium in Aachen und Köln zu Bayer und war in diversen Funktionen unter anderem in Barcelona und den USA für das Unternehmen tätig.

Vom Bäckersohn zum Top-Manager

Die Karriere des Bäcker-Sohn, der als Kind auch mal im väterlichen Geschäft mit anpacken musste, verlief steil. Nach der Übernahme von Schering 2006 war er eine der treibenden Kräfte der Integration des Berliner Unternehmens in den 1863 gegründeten Bayer-Konzern. Nachdem diese Aufgabe erledigt war, wurde er 2009 Finanzchef und fünf Jahre später Strategievorstand. In dieser Schlüsselrolle fädelte er die größten Transaktionen des Konzerns ein und war federführend bei der Übernahme der Gesundheitspräparate-Sparte des US-Konkurrenten Merck vor zwei Jahren.

"Baumann wird unterschätzt"

Baumann selbst, der eine Leidenschaft für ältere Autos hat, beschreibt sich als eher introvertiert: "Ich spreche gerne vor Mitarbeitern, ich bin aber kein großer Freund davon, die große Bühne zu haben." Allerdings hat er sich in der Branche längst einen Namen gemacht. Ein Investmentbanker, der eng mit dem neuen Bayer-Chef zusammengearbeitet hat, ist sich sicher: "Baumann wird unterschätzt." Sollte ihm nicht nur die Übernahme von Monsanto sondern nun auch noch die erfolgreiche Integration des US-Saatgutriesen gelingen, wäre das mit Sicherheit nicht mehr der Fall. Mit dem Mega-Deal hat sich Baumann, der Anfang Oktober 54 Jahre alt wird, aber schon mal ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk gemacht.

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