Achtung, Pensionslücke voraus

Symbolbild
Böses Erwachen? Die Österreicher sind höchst verunsichert, was sie erwartet.

Österreich hat einen neuen Volkssport entdeckt: das Pensionslücken-Rechnen. Wie viel Geld bleibt mir im Ruhestand? Eine berechtigte Frage. Vor wenigen Tagen hat die Pensionsversicherungs-Anstalt begonnen, die Infos zum „Pensionskonto neu“ zu verschicken. Jeden Tag erfahren so 30.000 Versicherte, die nach 1955 geboren sind, wie hoch ihre Erstgutschrift – quasi das „Startguthaben“ – ist. Aber Vorsicht: Der Wert zeigt nur an, wie hoch die Pension wäre, wenn ab sofort nichts mehr eingezahlt würde (quasi Antritt nach heutigem Stand). Wichtiger ist die Rechnung, wie viel monatlich bleibt, wenn das Pensionsalter von +/– 65 Jahren erreicht ist.

Dafür braucht es einen Vorsorge- oder Pensionsrechner. Mit wie viel Geld weniger wird man auskommen müssen? Das besagt die berüchtigte Pensionslücke – der monatliche Geldbetrag, der auf das letzte Arbeitseinkommen fehlt. Das Interesse an Vorsorgeprodukten (siehe unten) steigt jedenfalls. Die Pension werde nur 20 Prozent geringer sein als das Letzteinkommen, erwarten die meisten 21- bis 50-Jährigen laut UNIQA-Umfrage. Wenig realistisch: Die Lücke wird eher 30 bis 40 Prozent ausmachen, sagt UNIQA-Vorstand Franz Meingast.

Die Österreicher seien gut informiert, findet hingegen Erste-Bank-Vorstand Peter Bosek unter Verweis auf eigene Umfragen. So könne jeder Zweite erklären, was die Pensionslücke ist. Das eigene Einkommensloch schätzen die meisten auf 600 Euro, um 50 Euro höher als noch 2011.

Keine Panik

Modellrechnungen zeigen: Beträchtlich ausfallen kann die Lücke für Junge, die ganz ins neue Pensionssystem fallen. Nach der Reform von 2004/2005 zählen bei der Berechnung der Pensionshöhe nicht mehr die besten 15 Erwerbsjahre, sondern das gesamte Lebenseinkommen. Wer durch lange Ausbildung, Kinderbetreuung, Teilzeit oder Arbeitslosigkeit Einkommensausfälle hatte, spürt das bei der Pension. „Es gibt keine Joker für schlechte Jahre mehr“, erklärt Josef Hausleithner von der Welser Beratungsfirma Varias, die einen Vorsorgerechner für Finanzdienstleister und Vermögensberater entwickelt hat. Die Beispiele zeigen: Ein früherer Pensionsantritt geht ins Geld.

Panik ist aber ein schlechter Ratgeber: „Auf keinen Fall vorschnell irgendein Anlageprodukt abschließen“, rät Wolfgang Panhölzl, Pensionsexperte der Arbeiterkammer Wien. Erst sollte geklärt werden, ob das Pensionskonto stimmt. Falls dann eine Lücke bleibt, sollten neben den Produkten privater Anbieter auch der Nachkauf von Versicherungszeiten oder die freiwillige Höherversicherung erwogen werden. Leute, deren Erstgutschrift vorliegt, können ab sofort den AK-Pensionsrechner konsultieren.

Der Pensionsrechner der AK

Achtung, Pensionslücke voraus

Bei den Finanzdienstleistern und Versicherern macht sich Goldgräberstimmung breit: Die Debatte über die Pensionslücke führt dazu, dass sich viele Menschen Gedanken über Veranlagung und Vorsorge machen.

Laut einer Umfrage im Auftrag der UNIQA Versicherung haben 80 Prozent der Österreicher vor, sich ihr Pensionskonto anzuschauen. „Bei vielen Menschen wird das zu einem Aha-Effekt und größeren Bewusstsein für die private Vorsorge führen“, sagt UNIQA-Vorstand Franz Meingast. Bei der s-Versicherung hat allein die Diskussion schon einen Kundenansturm ausgelöst. Im ersten Halbjahr 2014 werden rund 50 Prozent mehr Neuverträge für die klassische Pensionsvorsorge oder die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge abgeschlossen, sagt s-Versicherung-Chef Heinz Schuster. Bei der Erste Bank betrug die Steigerung sogar 60 Prozent. Frühes Vorsorgen zahlt sich aus, rechnet Schuster vor: Um eine lebenslange Rente von 100 Euro im Monat beim Pensionsantritt von 65 Jahren zu haben, muss bei der aktuellen Gesamtverzinsung der s Versicherung von 3,25 Prozent ein 20-Jähriger 20 Euro im Monat anlegen, ein 30-Jähriger 30 Euro und ein 49-Jähriger 50 Euro.

In Österreich spiele das Sparbuch nach wie vor eine sehr große Rolle, so Bosek. Angesichts der Niedrigzinsphase sei für eine langfristige Altersvorsorge eine breitere Streuung notwendig. In Filialen der Erste Bank und Sparkassen ist die Freischaltung der Handy-Signatur möglich, die zum Abrufen des Pensionskontos berechtigt.

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