AvW-Krimi: Gutachter zerpflückt Steuerhinterziehungs-Anklage

AvW-Krimi: Gutachter zerpflückt Steuerhinterziehungs-Anklage
AvW soll Verkauf ihrer Wertpapiere über Jahre falsch bilanziert haben. Den Prüfern fiel nichts auf.

Vor fünf Jahren platzte die 350 Millionen Euro schwere Anlagebetrugs-Affäre AvW um Wolfgang Auer-Welsbach. Dreieinhalb Jahre seiner achtjährigen Haftstrafe hat er schon abgesessen. Im ersten Finanzstrafverfahren hat er weitere neun Monate Haft ausgefasst. Vor einem Jahr hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt eine zweite Steuer-Anklage gegen ihn eingebracht: Als Chef der AvW-Gruppe soll er fast 60 Millionen Euro Körperschaftssteuer hinterzogen haben. Das hat eine Prüfung der Finanz ergeben.

Damit wäre die Finanz der größte Gläubiger im AvW-Konkursverfahren, die Quote für 12.500 Anleger würde sich drastisch schmälern.

Doch die AvW-Insolvenzverwalter bekämpfen den Steuerbescheid. So haben sie ein pikantes Gutachten des renommierten Sachverständigen Fritz Kleiner vorgelegt. Das hat der Klagenfurter Richter Christian Liebhauser-Karl in Auftrag gegeben, der den zweiten Finanzstraf-Prozess gegen Auer-Welsbach leiten sollte. Der fand bisher nicht statt. Denn: Kleiner hatte den Richter darauf hingewiesen, dass die angeklagte Steuercausa aufgrund von OGH-Urteilen neu zu bewerten ist.

Gutachten zerbröselt

Kleiners Gutachten führte nun dazu, dass die Anklage zerbröselt. Laut Kleiner soll AvW den Genussschein-Handel „unrichtig bilanziert“ haben, was weder den Finanzern noch dem AvW-Steuerberater aufgefallen war. AvW hatte den Verkauf der Genussscheine nicht als Einnahme, sondern „steuerneutral“ als Eigenkapital verbucht. Zugleich hätten der rege Rückkauf der Genussscheine als Aufwand verbucht und Rückstellungen gebildet werden müssen.

Bei richtiger Bilanzierung wäre laut Kleiner keine Steuerschuld, sondern ein Verlustvortrag entstanden. Aus seiner Sicht ergibt sich daher „kein Ansatz einer Abgabenhinterziehung“. Auch hätte die Finanz diese „Fehl-Bilanzierung“ schon bei der Steuerprüfung der Jahre 1999 und 2003 erkennen können.

Dass Auer-Welsbach AvW-Genussscheine um 30 Millionen Euro privat verkaufte, aber keine Einkommensteuer dafür zahlte, sah die Finanz als verjährt an. Nein, sagt Kleiner, das ist nicht verjährt. Demnach soll Auer-Welsbach 14,75 Millionen Euro Steuer hinterzogen haben. Die Klagenfurter Anklagebehörde steht vor einem Dilemma: Die alte Anklage dürfte nicht halten, und der neue Steuervorwurf muss angeklagt werden. Erich Leitner von der Oberstaatsanwaltschaft Graz bestätigt dem KURIER, dass seine Behörde derzeit die weitere Vorgangsweise prüft.

Das Ende Im Oktober ’08 kaufte AvW keine Genussscheine mehr zurück.

Das System entpuppte sich als Schneeballsystem. Im Mai 2010 folgte der Konkurs.

Der Schaden 350 Mio. Euro beträgt der Schaden, 70 Mio. Euro lagen im Juni im Massetopf. Da noch Anlegerprozesse laufen, ist die Auszahlung noch nicht möglich.

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