Ausschreibungen hätten Mega-Sparpotenzial

Ausschreibungen hätten Mega-Sparpotenzial
Statt Subventionen auszuschreiben, vergibt das Ministerium direkt an die ÖBB.

Rund 300 Millionen Euro könnten sich die Steuerzahler ersparen, wenn der Bund die gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) ausschreiben und nicht direkt an die ÖBB vergeben würde – rechnet Erich Forster, Chef der Westbahn, vor. Der ehemalige ÖBB-Manager verweist auf das Beispiel Bayern. Dort wird seit 1996 ausgeschrieben. Im Vorjahr wurden 117 Millionen Zugkilometer bestellt und mit 996 Millionen Euro subventioniert. In Österreich bekomme die öffentliche Hand für dieselbe Größenordnung nur 80 Millionen Zugkilometer. "Österreich kriegt, verglichen mit Bayern, fürs gleiche Geld rund 30 Prozent weniger Leistung", kritisiert Forster.

Unter GWL versteht man Zuschüsse, mit denen die öffentliche Hand der Bahn unrentable Strecken subventioniert. Zusätzlich werden Sozial-Tarife (etwa Schüler- und Lehrlingsfreifahrten) abgegolten. In Österreich werden diese GWL-Subventionen direkt an die ÖBB vergeben und nicht ausgeschrieben. 2019 laufen die Verträge mit den ÖBB aus, dann erlaubt die EU solche Direktvergaben nicht mehr.

Die Ausschreibung von Bahnstrecken dauert allerdings von der Planung bis zur Umsetzung vier bis fünf Jahre. Neue Bewerber müssen für zusätzliche Strecken erst Züge ordern. "Nur mit entsprechender Vorlaufzeit kann auch sparsam ausgeschrieben werden", schlägt Forster Alarm. Und appelliert an Infrastrukturminister Alois Stöger, endlich den Ausschreibungs-Wettbewerb zu starten: "Wenn jetzt nicht ausgeschrieben wird, ist es zu spät."

Doch im Ministerium denkt man nicht daran. Laut Regierungsprogramm werde die Direktvergabe der GWL bis 2018 beibehalten. "Da sind keine Änderungen geplant", sagt eine Minister-Sprecherin.

Wien-München im Stundentakt

Ab 14. Dezember können Westbahn-Passagiere stündlich mit Umsteigen (fünf bis acht Minuten) in Salzburg nach München fahren. Über eine Kooperation mit der privaten Bayerischen Oberlandbahn Meridian sind die Tickets deutlich billiger als bei den ÖBB mit Vorteilscard, kündigt Forster an.

In einer – nicht von der Westbahn in Auftrag gegebenen – Umfrage im heurigen Sommer (BrandTrust-Studie, 6000 Interviewte) verliert der Newcomer gegen die ÖBB nur noch beim Bekanntheitsgrad. Bei Werten wie "Vertrauen", "Sympathie" oder auch "Relevanz" ist die Westbahn deutlich vor der Staatsbahn. Selbst beim Punkt "Mitarbeiterstolz" schneiden die ÖBB schlechter ab.

In den ersten zehn Monaten steigerte die Westbahn den Umsatz weiter um 20 Prozent und dürfte heuer die 50-Millionen-Grenze erreichen. Für 2015 rechnet Forster mit einem ausgeglichenen Betriebsergebnis.

ÖBB-Pendler fahren ab Ende 2015 bequemer: Dann werden die alten S-Bahn- und Regionalzug-Garnituren zum Teil durch neue Züge ersetzt. Insgesamt hat die Bahn 101 „Cityjets“ um insgesamt 590 Millionen Euro bei Siemens bestellt. Davon ersetzen 31 Züge alte S-Bahnen im Großraum Wien, Niederösterreich bekommt 31 neue Regionalzüge, die Steiermark 18 und Oberösterreich 17 Stück. Sie werden bis Februar 2018 ausgeliefert.

Ein Teil der alten Schnellbahngarnituren, die bereits 40 Jahre Jahre lang auf Schiene sind, bleibt den Pendlern allerdings erhalten, denn derzeit sind noch 119 in Betrieb. Um sie zu ersetzen, müssten – so ÖBB-Chef Christian Kern bei der Präsentation des ersten Zuges im deutschen Siemens-Werk in Krefeld – weitere Garnituren gekauft werden.

Bilder: Der neue Cityjet

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ÖBB Cityjet
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Cityjet
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Cityjet
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Der neue Cityjet der ÖBB
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ÖBB Cityjet
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ÖBB-Chef Christian Kern und Verkehrsministerin Dor…

Intercity

Vor dem Kauf weiterer Regionalzüge muss die Bahn aber über eine weitere Großinvestition in ihren Fuhrpark entscheiden. Die ÖBB müssen im Fernverkehr, so Kern, ihre Intercity-Flotte ersetzen, die rund 35 Jahre auf dem Buckel hat und mit der die Kunden zunehmend unzufrieden werden. Die neuen ICs kosten – hatte Kern bereits im Frühjahr im KURIER-Gespräch vorgerechnet – mindestens 800 Mio. Euro. Einschließlich des derzeit laufenden Kaufs von weiteren neun railjet-Garnituren um 150 Mio. Euro dürfte sich der Investitionsbedarf für den Fernverkehr bis 2020 auf eine Mrd. Euro summieren.

Details für die Beschaffung der neuen Fernzüge-Flotte stehen zwar noch nicht fest, an ihrem Aussehen wird aber schon gearbeitet. Kern hat bereits ein Londoner Designer-Büro engagiert, das die Innenausstattung der ICs entwerfen soll.

Das Innenleben der meisten Cityjets wird übrigens in Österreich fertiggestellt: 80 Züge werden in der ÖBB-Werkstätte Wien/Jedlersdorf fertig montiert. Insgesamt beträgt die österreichische Wertschöpfung laut Siemens 20 Prozent, denn die Drehgestelle (Radsätze) kommen aus dem Siemens-Werk in Graz.

Seine eigene berufliche Zukunft plant Kern offenbar noch langfristiger als neue Züge. „Mir gefällt mein Job“, dementierte er neuerlich Gerüchte, er könnte OMV-Chef werden. „Schön wäre es, wenn ich in meiner jetzigen Funktion den Semmeringtunnel eröffnen könnte“, wünscht sich der 48-jährige Bahnchef. Den Einwand eines Journalisten – „Den Semmeringtunnel können Sie auch als Bundeskanzler eröffnen“ – kommentierte Kern, der mehrfach als künftiger SPÖ-Kanzler-Kandidat gehandelt wurde, nicht.

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