Wien-Wahl: Boulevard-Leser wählen die FPÖ

Der eine inseriert, der andere profitiert: Michael Häupl und Heinz Christian Strache
Trotz massiver Inseratenausgaben der Stadt Wien profitierten die Blauen von den Massenblättern.

Wien, Stadt der Inserate, Wien, Stadt der Boulevardzeitungen: Die Wahl ist geschlagen und hält einige unangenehme Wahrheiten für das Medienverständnis der SPÖ bereit. Die bewährte Formel ORF + Krone (+ Gratisboulevard) taugt nicht mehr zur Beschreibung eines gelungenen Wahlkampfs an der Medienfront. Vielmehr zeigte sich in den Wahlbefragungen ein Bild, das so manchem Roten den Schreck in die Glieder fahren lässt: Unter den Lesern der Boulevardzeitungen finden sich relativ gesehen die meisten Wähler für die FPÖ, wie eine Umfrage von Hajek im Auftrag von ATV am Sonntag ergab. 44 Prozent der Boulevardleser wählten demnach Blau – eine deutliche Mehrheit – und nur 37 Prozent Rot. Umgedreht das Verhältnis bei den Lesern von Qualitätszeitungen, also etwa Standard, Presse oder KURIER: 43 Prozent wählten rot, ein Viertel blau.

Inseratenkaiser Wien

Wien-Wahl: Boulevard-Leser wählen die FPÖ
Wie es aussieht, finanzierte das rote Wien vor dem Wahlkampf leidenschaftlich die publizistischen Wegbereiter für Herausforderer Heinz-Christian Strache: Kronen Zeitung, Heute und Österreich lagen deutlich an der Spitze der Werbespendings in den Wochen vor der Wahl, wie die RechercheplattformDossier.at erhoben hat. Von 1. August bis 8. Oktober wurden hier von Parteien und öffentlicher Hand Inserate im Brutto-Wert von mehr als zehn Millionen Euro geschaltet. Zur Einordnung: In KURIER,Standard undPresse wurden gemeinsam gerade einmal um 4,6 Mio. geschaltet. Die Stadt Wien und die stadtnahen Betriebe haben im Verhältnis deutlich mehr ausgegeben als die wahlwerbenden Parteien.

PR-Vehikel Facebook

Aus blauer Sicht bietet sich ein neues Schema für eine gelungene PR-Schlacht an: Facebook + Boulevardzeitungen = ein Drittel der Wähler. Die Politikverdrossenheit und das Misstrauen in etablierte Systeme und Medien (Stichwort: "Lügenpresse") thematisierte Strache gekonnt auf seiner Facebookseite, die eine gewaltige Gefolgschaft von über 276.000 Likes hinter sich schart.

Die ideologische Zange funktioniert so: Im Boulevard wird gnadenlos vereinfacht und verkürzt – in den sozialen Netzwerken werden dazu Zweifel und Halbwahrheiten gestreut, die vermitteln sollen: Niemandem ist zu trauen, außer mir. Euer HC Strache.

Link: Facebook als "Drehscheibe" der blauen Strategie

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