Der weiße Popsch of the white rössl

Zuerst kam, wie immer, Markus Lanz auf die Bühne und freute sich darüber, am Jahrestag des Mauerfalls, die Show in einem der neuen Bundesländer moderieren zu dürfen.
"Wetten, dass…?" aus Halle an der Saale – ein Protokoll.

Ist das wirklich schon einen Monat her? Das denkwürdig verheerende „Wetten, dass…?“ mit Harrison Ford als fassungslosem Stargast? Der Mensch vergisst so schnell, und es dauert auch nicht lange, bis man wieder feste Nahrung zu sich nehmen kann.

Daher: Nächster Versuch. Ein bisschen Angst ist dabei, zugegeben.

Im Vorspann nennt das ZDFWetten, dass…?“ „die erfolgreichste Show Europas“, was insofern stimmt, als es die einzige derartige Show in Europa ist. Auch in Europa ist die Leidensfähigkeit begrenzt.

Markus Lanz kommt, kriegt einen Riesenapplaus und verspricht, das Publikum in sein Nachtgebet einzuschließen. Dann kündigt er einen gewissen Herrn „Haseloff“ an, aber bevor man richtig anfangen kann, sich zu fürchten, wird klar: Gemeint ist ein lokaler Politiker.

Die Stadtwette hat etwas zu tun mit gelben Pullovern. Warum? Lanz sagt, weil die berühmtesten Söhne der Stadt Halle Händel und Genscher sind. Vermutlich, weil Händel nicht verfügbar war, wählte man als Thema Genscher bzw. dessen gelbe Pullover. Ja, auch das kann Logik sein.

Der Fußballer Lukas Podolski kommt. Lanz fragt: Wie ist es für dich in England? Wie fühlt sich das an? Podolski sagt: Man muss sich an die Steckdosen gewöhnen.

Der weiße Popsch of the white rössl
Fußballer Lukas Podolski wurde kurz darauf auf der Bühne begrüßt. Er hatte Zeit, weil er verletzt ist, meinte Lanz.
Die Wettkandidaten werden jetzt mit lustig gemeinten Kurzfilmen vorgestellt. Der erste hat alle Bundesligaspiele seit 1683 auswendig gelernt, ist aber vor allem sehr nett und sehr lustig und führt gemeinsam mit Podolski herrlich Schmäh. Daher wird er drei Stunden später auch Wettkönig sein.

Der Wettkandidat darf Celine Dion ansagen und macht das sehr gut. Lanz bringt sich hier also freiwillig in Gefahr. Celine Dion singt ein komisches Lied, klingt dabei wie Enya, die Freundin des Zuschauers daheim nennt das „Wassergeburtsbeschallungsmusik“. Celine Dion ist sehr seltsam, macht komische Dinge, gluckst, gurgelt, jodelt, sagt „Gute Nacht“, wirkt ein wenig unter dem Einfluss, wie wir Amerikaner sagen. Sie ist aber wirklich nett dabei. Außerdem teilt sie mit, dass sie, wenn sie „My Heart Will Go On“ singt, immer denkt: Oh Gott, nicht schon wieder. Da ist sie nicht die einzige.

Die nächste Wette: Zwei hemmungslos sympathische Kinder erkennen Lieder von Andreas Gabalier am Klappern einer stumm geschalteten Ziehharmonika. Das ist ja bekanntlich die beste Art, Gabalier-Lieder zu hören.

Celine Dion sagt zu Gabalier „Sir“. Eindeutig: Unter dem Einfluss.

Der weiße Popsch of the white rössl
epa03943103 Germany soccer international Lukas Podolski (L) watches Canadian pop singer Celine Dion (R) perform during the German television show 'Wetten, dass...?' ('Bet, that...') in Halle, Germany, 09 November 2013. EPA/JAN WOITAS
Florian Silbereisen kommt, hat kurze Haare und beste Laune und wird von Dion angejodelt. Lanz sagt: „Florian Silbereisen hat sich in dieser Sekunde schockverliebt. Celine, du musst jetzt sehr stark sein.“

Ein deutscher Schauspieler mit Bart namens Armin Rohde (in Lederhose) erscheint in Begleitung von Diana Amft (im Dirndl) und jodelt ebenfalls. Anschließend gähnt er. Der Zuschauer zuhause gähnt auch und jodelt nicht. Lanz sagt: „Kennst du ,Das weiße Rössl‘, the white rössl?“

Wird das die Baggerwette? Ja, das wird sie. Die Baggerfahrer baggern Socken auf Wäscheleinen, was eh sehr toll, wenn auch sehr sinnlos ist. Hat eigentlich schon jemand versucht, Bagger am Geschmack zu erkennen? Der Zuschauer daheim geht auch Wäsche aufhängen, wenn auch ohne Bagger.

Sting spielt jetzt irgendwie komisch Gitarre und bekommt deshalb blaues Licht und zitiert „Mackie Messer“.

Florian Silbereisen sagt, er hatte auch schon öfter Dirndlkleider an. Doch, der ist lustig und nett, echt wahr.

Der Bärtige lässt sich von Lanz „einen der ganz Großen“ nennen und widerspricht ausdrücklich nicht.

Florian Silbereisen sagt, Volksmusik macht Spaß, auch wenn es nicht jeder zugibt. Der Zuschauer daheim kennt ja vor allem Menschen, denen Volksmusik gar nicht einmal so viel Spaß macht, die aber total offen und locker damit umgehen.

Drei Herren sägen mit Motorsägen ein Fahrrad aus einem Baumstamm, Lanz redet dabei sehr viel, man versteht aber nichts, wegen der Sägen. Warum gibt es nicht mehr Sägewetten?

Silbereisen macht das Rad kaputt. Er hat, wie man in Deutschland möglicherweise sagt, demnach ein Rad ab.

Lanz macht zwei, drei ziemlich gute Gags.

Ein tunesisch-österreichischer Schauspieler namens Elyas M’Barek, der meist Türken spielt, erscheint, und Lanz sagt zu ihm „vollkrass“, was möglicherweise eine krasskonkret subtile Anspielung ist. Barek und Lanz können einander merkbar überhaupt nicht leiden, was ganz lustig anzusehen ist.

Jetzt kommt einer, der etwas am Geschmack erkennt, allerdings keine Bagger. Das Baggern hat er schon erledigt, jetzt wird geschmust, und so erschmeckt er Zahnpasta auf der Zunge seiner Freundin. Das Publikum hilft beim Schummeln, und als Österreicher bekommt man Gelegenheit, zu überprüfen, ob Deutsche tatsächlich zu Colgate „Kohlgahte“ sagen statt Koolgejt. Ja, tatsächlich, sagen sie. Herzig, die Nachbarn. Herzig = niedlich, übrigens.

Lanz sagt zu Halle Leipzig, und die ganze Halle in Halle buht. Na geh. Immerhin hat er nicht St. Pölten gesagt.

Miley Cyrus kommt und hat tatsächlich was an und redet komisches Zeug wie „Ich bin eine erwachsene Erdbeere, es geht nicht ums Image, sondern darum, wie ich denke und fühle.“ Ist ja logisch. Dass man das überhaupt betonen muss!

Ein sehr dünnes Fotomodell namens Meier stöckelt herein, ist aber eh enorm nett. Der Bärtige wirkt abwesend. Ein Kandidat aus der Schweiz nimmt zum fünften Mal an der Show teil und bläst wieder etwas auf und ist redselig. Warum nicht? Irgendjemand macht dann tatsächlich einen Witz mit „Blasen“, den Lanz, dafür sei er gepriesen, sehr elegant übergeht.

Ganz am Ende trägt der Bärtige ein Dirndl und tut, was Frau Cyrus netterweise unterließ: Er zeigt seinen nackten, weißen Popsch und singt „Im weißen Rössl am Wolfgangsee.“

Der lustige Fußballrater wird Wettkönig und schreit: „Nein.“

Doch.

In Deutschland wollten 6,55 Millionen Menschen "Wetten, dass..?" sehen. Das entsprach einem Marktanteil von 22,1 Prozent beim Gesamtpublikum und stellte damit einen neuen Negativrekord auf.

Hierzulande verfolgten durchschnittlich 532.000 Zuschauer die Show auf ORF. Mit dem Marktanteil von 21 Prozent sank auch in Österreich die Einschaltquote (letzte Sendung: 24 Prozent).

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