Der Buntstiftbetrüger von 1988 über das Sendungs-Aus

Skandal in Bunt: Bernd Fritz lugte 1988 durch die Augenbedeckung.
Buntstiftbetrüger Bernd Fritz blickt in einem Gastbeitrag für den KURIER auf seinen Coup in der Show zurück.

Eins steht schon mal fest: "Wetten, dass..?", die beliebteste deutsche Fernsehsendung, kommt an Titanic, das beliebteste deutsche Satiremagazin, nicht heran, altersmäßig. Im Gegenteil, vergrößert sich der Abstand ab jetzt alle zwölf Monate um ein weiteres Jahr.

2019 etwa, wenn die Welt das vierzigjährige Treiben des unsinkbaren Satiredampfers feiert, wird "Wetten, dass..?" noch immer 33 sein, aber dann schon sieben Jahre im Hintertreffen. Es sei denn, Thomas Gottschalk entschließt sich in einem Anfall temporärer Debilität, die TV-Leiche wiederzubeleben. Streng genommen hätte die Sendung schon vor 26 Jahren beerdigt werden können. Denn am 3. September 1988 hatte sie ihren Daseinszweck erfüllt: nämlich, Titanic mehr als zwanzig Millionen Zusehern bekanntzumachen. Okay, sagen wir spätestens am 8. Oktober 1988, als "Wetten, dass..?" in Linz gastierte und Gottschalk achtzehn Millionen Zusehern von der Lektüre meiner dreißig Titanic-Seiten langen Antwort auf die von Südtirol bis Kopenhagen brennende Frage, wie ich es gemacht habe, abriet. Zurecht übrigens, weswegen ich ihm und "Wetten, dass..?" zum Abschied eine geraffte und gestraffte Fassung geschenkt und ins Netz gestellt habe.

Auf nur noch vierzehn Seiten können sich jetzt die seinerzeitigen und heutigen ZDFler ihre Blamage reinziehen, den Kopf über sich schütteln oder, je nach Verantwortungsgrad, vor Scham im Boden versinken.

Schläfrigkeit

Nur Thomas Gottschalk muss dergleichen nicht, denn er wurde gar nicht von mir hereingelegt, sondern von der, wie er es nannte, "öffentlich-rechtlichen Schläfrigkeit". Folgerichtig hatte er denn auch gleich am Tag nach der Sendung in der Redaktion angerufen und uns zu dem Coup gratuliert. Der Mann hat eben nicht nur Format, sondern auch Sportsgeist und Humor. Im Gegensatz zum ZDF, denn andernfalls hätte die Mainzer Anstalt ihn und mich zur letzten Sendung als Star- und Ehrengäste eingeladen.

Die verrücktesten Wetten der Samstagabendshow

Der Buntstiftbetrüger von 1988 über das Sendungs-Aus

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Der Buntstiftbetrüger von 1988 über das Sendungs-Aus

Der Buntstiftbetrüger von 1988 über das Sendungs-Aus

Ich an seiner Stelle wäre übrigens auch gar nicht hingegangen. Schon deshalb nicht, weil der nachtragende Sender ihn noch elf Jahre später für das Buntstift-Fiasko bestrafte, indem Gottschalk ab Oktober 2009 seine Moderatorenkompetenzen mit einem blonden Kleiderständer teilen musste. Und das ihm! Dem letzten deutschen Vertreter einer ausgestorbenen Unterhaltungsspezies, den Showmastern, die, wie einst nur Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff, Bühne und Saal ganz alleine beherrschten: Männer ohne Brille, Mannsbilder von Statur und Format. Und keine Hänflinge wie Frank Elstner, bei dem man zweimal hingucken musste, um zu wissen, wer der Chef im Ring ist. Oder der Talkrunden-Gnom Lanz, der glaubte, die "Wetten, dass..?"-Gäste mit einem übergewichtigen, blonden Ekelpaket belästigen zu sollen, das sich für komisch hält.

Gleichwohl dürfte dieser Sendung kaum jemand mehr nachtrauern als ich. Hatte ich doch Minuten, bevor die Nachricht vom Ende durch die Medien ging, unter dem Pseudonym Stuart Pigott ein echtes Knallerwettangebot gemacht: 36 verschiedene Jahrgänge Rotgipfler am Etikett zu erkennen. Daraus wird ja nun leider nichts. Was aus dem ZDF noch werden soll, weiß man nicht. Eins ist sicher: Die Erinnerung an seine berühmteste Show wird bleiben. Wer dereinst, sagen wir nach 150 Jahren Titanic, einmal wissen wollen sollte, um was es sich bei einem Phänomen namens "Wetten, dass..?" gehandelt habe, dem wird nur eine Antwort zuteil werden: Das war die Sendung mit den Buntstiften.

(Text: Bernd Fritz)

Zur Person: Der Buntstift-Betrüger

Bernd Fritz sorgte 1988 für einen der größten Skandale bei "Wetten, dass..?": Der Redakteur des Satiremagazins Titanic behauptete, er könne Buntstifte am Geschmack erkennen. Wenig später kam heraus: Die Augenbedeckung war manipuliert.

Ein Mal geht’s noch: Um 20.15 Uhr wird Markus Lanz auf ORFeins und ZDF seine finale Folge "Wetten, dass..?" anmoderieren. Der glücklose Showmaster und der ins Straucheln geratene ehemalige Samstagabend-Klassiker beenden damit in Nürnberg eine über 33 Jahre lange Ära der TV-Unterhaltung. Zum Abschied gibt es einen Rückblick auf vergangene Wetten und prominente Wegbegleiter. Auf der Wett-Couch nehmen Til Schweiger, Wotan Wilke Möhring, Jan Josef Liefers und Hollywoodstar Ben Stiller, Otto Waalkes, Michael "Bully" Herbig, Hermann Maier, Wladimir Klitschko, Kati Witt und Moderator Elton Platz. Gast ist auch der bei einer Wette verunglückte Samuel Koch. Er sitzt nach einem Sturz im Rollstuhl.

Wie geht es weiter?

ORF-Unterhaltungschef Andreas Vana hält es für ausgeschlossen, dass die Sendung wiederbelebt werde. Die drei Eurovisionspartner SRG (Schweiz), ORF und das ZDF seien jedoch dabei, eine neue gemeinsame Show zu entwickeln.

Allerdings: "Es wird nicht das eine Nachfolgeformat geben", betonte ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler. "Wir werden im Frühjahr die ersten neuen Shows auf den Schirm bringen." Unter anderem gehören dazu die neue Game-Show "Tausend" und die Show "Das Spiel beginnt!" mit Johannes B. Kerner.

Topp, die Show wird endlich getilgt. Am 13. Dezember ist es also so weit. "Wetten, dass..?" wird nach 33 Jahren eingestellt. Einmal noch Markus Lanz, fünf Mal noch "Topp, die Wette gilt". Das Ende, es ist überfällig - schon allein aus dramaturgischen Gründen. Bereits im April hatte Lanz das Aus seiner Show angekündigt, verblieben also acht Monate und vier Shows. Selbst für eine Samstagabendshow, die immer bekannt dafür war, gerne mal zu überziehen, ist das ein zu langes Finish. Anstatt dem Schrecken ein schnelles Ende zu machen, hatten so auch die treuesten Zuschauer mehr als genug Zeit, der Show überdrüssig zu werden. Wozu noch "Wetten, dass..?" schauen, wenn's sowieso bald vorbei ist? Eben.

Immerhin ein wichtiges Merkmal jener großen Samstagabendshow, die "Wetten, dass..?" einmal war, hat Markus Lanz bis zum Schluss bewahren können. Über "Wetten, dass..?" wurde geredet. Am Montag im Büro, im Internet auf Facebook und Twitter. Selten positiv zwar, aber auch das hatte bei "Wetten, dass..?" immer schon Tradition.

Denn die Geschichte von "Wetten, dass..?" ist auch eine Geschichte von Eklats am Samstagabend:

BUNTSTIFT-LÜGE: Es ist der einzige nachgewiesene Betrugsfall in der Sendung: Im Jahr 1988 schleicht sich "Titanic"-Redakteur Bernd Fritz in die Sendung ein und behauptet, die Farbe von Buntstiften am Geschmack zu erkennen. In Wirklichkeit linst er unter seiner Augenbinde hindurch. Thomas Gottschalk nimmt es mit Fassung, zeigt sich aber enttäuscht, dass der Trick dann doch so plump war.

Hinweis: Lesen Sie im Samstags-KURIER: Wie Bernd Fritz seinen Wett-Coup heute sieht und was er über das Aus von "Wetten, dass..?" denkt.

NACKTE TATSACHEN: Das biedere 80er-Jahre-Deutschland steht Kopf, als Sängerin Cher die "Wetten, dass..?"-Bühne betritt - in Lederjacke, Strapsen und durchsichtigem kleinen Schwarzen. Darunter trägt sie nur einen dunklen Tanga. Schauspielerin Brigitte Nielsen hat übrigens fast genauso wenig an, als Thommy sie in derselben Sendung 1987 hereinführt. Sarah Connor tritt 2002 in einem transparenten Kleid auf. Millionen Zuschauer stellen sich dieselbe Frage: Hat sie was drunter? Ja, sie hatte. Angeblich. Schocken geht aber auch umgekehrt: Sänger Patrick Lindner öffnet 1997 vor den Spice Girls seine Hose. Die kreischen gehörig. Armin Rhode rennt 2003 splitternackt als "Flitzer" durch das Studio.

RÜPEL: Mickey Rourke ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als er 1990 Thomas Gottschalk und dem Simultan-Übersetzer das Leben schwer macht. Der Schauspieler, der nach "Angel Heart" und "9 1/2 Wochen" als schönster Mann der Welt gilt, benimmt sich auf der Couch völlig daneben. Rourke raucht und legt die Schweißfüße auf den Tisch. Mit wüsten Flüchen bringt er schließlich den Dolmetscher außer Fassung.

STÖRER IM PUBLIKUM: Schauspielerin Alexandra Maria Lara sitzt 2004 erstmals auf der "Wetten, dass..?"-Couch und macht für ihren Kinofilm "Der Untergang" Reklame. Als Thomas Gottschalk ihr galant aus ihren unbequemen Schuhen hilft, beginnt Zuschauer Andreas Roy minutenlang zu brüllen: "Thomas, tu Buße!". "Ich habe ein Mikrofon und Du nicht", kontert Gottschalk. Er werde so lange reden, bis das Gegröle aufhöre. Der als "Kirchenstörer" bekannte Schreihals erklärt die Aktion später vor Gericht: Er habe den "Wetten, dass..?"-Moderator aufrufen wollen, aus der katholischen Kirche auszutreten, da sie Irrlehren verbreite.

MISSGLÜCKTE SHOW-IDEEN: Zwei Bilder brennen sich im Sommer 2013 bei der Mallorca-Show ins Gedächtnis vieler Zuschauer: Schauspieler Gerard Butler, der sich Eiswürfel in die Unterhose schütten und dabei Goethes "Erlkönig" zitieren muss. Und Moderator Markus Lanz, der mit dem Hintern Walnüsse knackt. Häme und Spott ergießen sich über die Show. Der Vorfall hat in der Redaktion personelle Konsequenzen. Es ist nicht der einzige Einfall, der Lanz Ärger macht. Tom Hanks lässt es 2012 zwar über sich ergehen, dass er mit Katzenmütze auf dem Kopf sackhüpfen muss, rächt sich später aber mit Äußerungen in US-Shows.

DIE KONKURRENZ KAPERT DIE BÜHNE: Kurt Felix, mit "Verstehen Sie Spaß?" Konkurrent von "Wetten, dass..?", trickst 1985 Frank Elstner aus. Getarnt mit Overall, Perücke und Vollbart bietet der ARD-Spaßmacher dem ZDF-Kollegen ein Glas aus einer Champagnerflasche an. Der greift gern zu - und trinkt puren Essig. Elstner verliert eine Wette mit seiner Familie, dass Felix ihn nie im Leben hereinlegen könne.

POLITIK IN DER SHOW: Mit den Worten "In meinem Studio wird keiner herausgeschmissen!" hindert Frank Elstner 1984 seine Security daran, Umweltaktivisten aus dem Saal zu zerren. Sie waren mit einem Transparent mit der Aufschrift "Nicht wetten - Donauauen retten" vor die Kamera gerannt. Die Protestler dürfen sich aussprechen und gehen dann brav. Adressat war der damalige österreichische Bundeskanzler (und Wettpate) Fred Sinowatz. Protest auch im Jahr 1994: Zwei Umweltschützer seilen sich über Thomas Gottschalk ab und werfen ein Transparent mit den Worten "Umweltsaalwette" ab. "Seid ihr schon drei Wochen da oben oder wie lange?", reagiert Thommy. "Gerade eben erst gekommen? Stellt euch mal vor, Ihr hättet mir auf den Kopf gespuckt."

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