"Wenn alles scharf ist, wirkt es flach"
Das in Wien ansässige Unternehmen Veech x Veech fusioniert seit 20 Jahren Design mit Architektur und Medien. Seine Entwürfe geben unzähligen TV-Sendern ein Gesicht – von Zeit im Bild auf ORF2 bis zu Nachrichtenstudios für ServusTV und Al Jazeera.
Verantwortlich dafür ist das erfolgreiche Designer-Duo Mascha Veech-Kosmatschof und Stuart A. Veech.
KURIER: Sie haben für Al Jazeera
London ein Studio entwickelt. Eine Herausforderung?
Stuart A. Veech: Das Schwierige war, dass sich das neue Studio in einem Bürogebäude mit niedriger Raumhöhe von 2,80 Metern und einer Vollglas-Fassade befindet. Untertags hat man mit dem unterschiedlichen Tageslicht zu kämpfen und am Abend ist der Hintergrund dunkel. Der Raum war für ein TV-Studio aufgrund der schlechten Akustik und Licht-Verhältnisse eigentlich ungeeignet.
Wie wurde das Problem gelöst?
Die sich ständig ändernden Lichtverhältnisse gleichen wir mit Polarisationsfiltern aus, die einerseits am Fensterglas aufgeklebt sind und sich andererseits in den Kameras befinden. Ein wesentlicher Bestandteil ist auch die Deckenkonstruktion, die akustische Probleme löst. Um die nötige Raumtiefe zu erreichen, arbeiten wir mit unscharfen Flächen, die den scharfen bewusst entgegengestellt werden, um die nötige Tiefenschärfe im Bild zu erzeugen. Denn wenn alles scharf ist, wirkt es flach.
Was muss man bei der Konzeptionierung eines neuen TV-Studios beachten?
Es geht immer um ein komplexes Zusammenspiel von Raumfunktion, Raumdramaturgie, Licht, Perspektive und Kameraführung. Man muss das Design auf die Arbeitsabläufe ausrichten, die zuständigen Moderatoren einbeziehen und die Thematik mitdenken. Dann sollte das Studio noch flexibel gestaltbar sein, denn es treten beinahe täglich unterschiedliche Situationen ein.
Welche Rolle spielt das Licht?
Bläuliches und weißes Licht verbindet man mit Information. Rot- und Orange-Töne setzt man verstärkt in der Unterhaltungsbranche, bei TV-Magazinen ein. Damit vermittelt man eine intime und gemütliche Atmosphäre.
Und der Boden?
Grundsätzlich setzen wir auf Böden mit einer matten Oberfläche. Denn das Licht wird ohnehin bewusst von anderen Objekten, wie zum Beispiel dem Moderationstisch, reflektiert. Mit glänzenden Materialien zu arbeiten ist schwierig, denn darauf sieht man alles – den Staub und jede Unebenheit.
Macht Ihnen die HD-Technologie das Leben schwer?
Es ist komplexer geworden. Aufgrund der neuen Technologie, der neuen Brillanz regiert der Minimalismus im Design, denn man sieht jede Fuge, jede Schraube.
Brechen Sie bei Entwürfen gerne Tabus?
Ja. Beim ORF-Magazin "kreuz und quer" gibt es etwa Schatten im Studio. Und Schatten sind normalerweise ein absolutes Tabu. Aber hier spielen wir bewusst mit ihnen. Ein anderer Tabubruch war das Studio, in dem Andrea Schurian bis 2002 "Kunst-Stücke" moderierte. Da standen Plexiglas-Objekte im Raum herum. Die Moderatorin verschwand des Öfteren hinter den Figuren und tauchte plötzlich wieder auf. Dieses Studio war ein unverwechselbarer Teil dieser Sendung.
Gibt es Beispiele dafür, wie man es nicht machen sollte?
Das ZDF-Nachrichtenstudio zum Beispiel: Zwei Moderatoren stehen in einer riesigen Greenbox vor einem viel zu großen Tisch. Da erschlägt das Design den Inhalt.
Ihre Lösungsvorschläge?
Generell sind alle TV-Studios neu zu definieren – nämlich wie der Inhalt präsentiert wird. Studiosituationen müssen authentischer gestaltet werden. Das beginnt bereits mit dem Moderator, der sich bei vielen Themen sehr gut auskennen sollte. Denn ein Talking Head, der die Nachrichten ausschließlich vom Teleprompter abliest, ist unglaubwürdig.
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