Paradeis im Paradies

Burgenländischer Tomaten-Enthusiast: Erich Stekovics erhält über 3000 Sorten
"Universum" zeigt in einem aufwendigen Film die Geschichte der Tomate. Ein Plädoyer für die Vielfalt.

Universum"-Regisseurin Maria Magdalena Koller hat für den Film "Triumph der Tomate" (20.15 Uhr, ORF2) die weite Welt und die nahe Heimat bereist: China und Katar als Gewächshäuser der Welt spielen in der Doku ebenso eine Rolle wie das beschauliche Burgenland. Warum dieses Thema? "Die Tomate ist unter den Top 10 der meist gegessenen Lebensmittel", begründet Koller das im Gespräch mit dem KURIER. Zugrunde lag jedoch die Erinnerung an die eigene Kindheit in der Steiermark: Dort züchtete die Großmutter der Regisseurin die klassischen Ochsenherz-Tomaten, die natürlich nur im Sommer reiften. In der Erinnerung verbindet sie mit den Tomaten "ein Gefühl des Sommers, der Unbeschwertheit", sagt Koller, die als Kind während der heißen Monate überhaupt nichts anderes aß.

Heute ist die Tomate ein globales Phänomen, verfügbar im ganzen Jahr, produziert in fernen Regionen – und: Oft sehr geschmacksarm, wie die Regisseurin findet. Der Kompromiss zwischen Haltbarkeit und Geschmack gehe eindeutig zulasten des Aromas. Die Alternative, "das designte Lebensmittel", wird in dem Film ebenfalls beleuchtet: Am Max-Planck-Institut in Potsdam hat der Biologe Nicolas Schauer eine Methode entwickelt, um ihren Geschmackscode zu knacken.

Saisonales Politikum

Paradeis im Paradies
Universum: "Triumph der Tomate", Es ist eine Erfolgsstory, die vor rund 500 Jahren ihren Anfang nahm, als das etwas blässliche "Tomatl" von Südamerika nach Europa gelangte und sich hier zwar rasch in exotischen Gärten, aber nur langsam in der europäischen Küche etablierte. Fremd klingende Namen wie Tschio-Tschio-San, Trèfle du Togo, Russian Rose und Striped German bezeugen das bewegte Leben dieser köstlichen Frucht, die ihren ersten großen Triumph auf dem europäischen Kontinent einem königlichen Dinner im Neapel des ausgehenden 19. Jahrhunderts verdankt: Ein verspieltes Mahl des Königspaares, so heißt es, sei die Geburtsstunde der "Pizza Margherita" gewesen - und damit der erste große Auftritt der sinnlich-roten Frucht. Die Dokumentation erzählt, wie es der Tomate gelungen ist, bis in die Welt des Orients vorzudringen, und welche weiteren Geheimnisse die pralle Schönheit birgt. Zur erlesenen Klientel der Tomatenliebhaber zählen neben dem "Paradeiserkaiser" aus dem Burgenland, Erich Stekovics, auch Woodstock-Legende Joe Cocker oder die Scheich-Familie von Katar, die erkannt hat, wie gut der Tomate das Wüstenklima tut. Ein Film von Maria Magdalena Koller.Im Bild: Mit riesigen LKW werden in der chinesichen Provinz Xinjiang unzählige Tonnen von Tomaten zur Verarbeitung befördert. China produziert in erster Linie Tomatenmark für den Export. SENDUNG: ORF2 - DI - 29.04.2014 - 20:15 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/MR Film. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
Nicht zuletzt ist die Tomate auch ein Politikum im EU-Wahlkampf, wird plakatiert und dient als Symbol für die Abwehr von Regulierungswahn im Lebensmittelbereich. Koller nähert sich diesem Themenbereich "gesellschaftspolitisch", wie sie sagt. "Ich finde, die Tomate ist der Dreh- und Angelpunkt für den Erhalt der Sortenvielfalt." Ergo sei der Film auch ein Statement für die Vielfalt der Pflanze, die in fast allen Formen und Farben besteht. "Sortenvielfalt bedeutet Geschmacksvielfalt", sagt Koller, die zur Illustration auch den burgenländischen Tomaten-Enthusiasten Erich Stekovics besuchte, der Samen von 3200 verschiedenen Sorten lagert.

Den krassen Gegensatz dazu bildet etwa China: Koller besuchte die Mega-Plantagen im Norden des Landes, flankiert von militärischem Sperrgebiet. Von dort kommen jährlich Millionen Tonnen Tomatenmark nach Europa und Amerika, als Grundlage für eines der scheinbar westlichsten Produkte der Welt: Ketchup.

Der Film ist die erste "Universum"-Koproduktion mit dem chinesischen Doku-Sender CCTV9. Kollers Film wird in einer Langversion in China laufen. Beim Dreh gab es – Sperrgebiet hin oder her – in der Volksrepublik überraschenderweise keinerlei Einschränkungen. Tomaten verbinden eben.

Roter Siegeszug

Vor rund 500 Jahren gelangte das etwas blässliche "Tomatl" von Südamerika nach Europa. Die Pflanze verbreitete sich rasch in exotischen Gärten, etablierte sich aber nur langsam in der europäischen Küche. Heute gehört der Paradeiser zu den Top 10 der Nahrungsmittel und ist ein Produkt der Globalisierung.

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