"Spiegel"-Verlag beruft Chefredakteure ab

epa01245834 This composite picture shows Mathias Mueller von Blumencron (L), 21 January 2008, and Georg Mascolo (R), 17 January 2008. Mr von Blumencron (47) and Georg Mascolo (43) will become the new joint senior editors of SPIEGEL weekly news magazine. They will succeed Stefan Aust (61) who has been recalled. EPA/JENS KALAENE/AMIN AKHTAR
Der "Spiegel"-Verlag trennt sich wegen "unterschiedlichen Auffassungen zur strategischen Ausrichtung" von seinen Chefredakteuren.

Der Streit über das Zusammenspiel von Druckausgabe und Online-Angeboten des deutschen Nachrichtenmagazins Spiegel kostet beide Chefredakteure den Job. Der Verlag trennte sich am Dienstag von Georg Mascolo, der das gedruckte Magazin verantwortet, und Digital-Chef Mathias Müller von Blumencron. Grund seien unterschiedliche Auffassungen zur strategischen Ausrichtung, hieß es in der Verlagsmitteilung. Über die Nachfolge werde in Kürze entschieden. Mascolo und Müller von Blumencron hatten im Februar 2008 nach monatelanger Hängepartie den langjährigen Chefredakteur Stefan Aust abgelöst.

Angesichts rückläufiger Auflagen und der Verwöhnung der Leser mit Gratis-Berichten im Internet ringt die Spiegel-Gruppe seit Jahren um eine neue Strategie. Mascolo (48) hat Medienberichten zufolge auf einen größeren Anteil kostenpflichtiger Online-Inhalte gedrungen. Müller von Blumencron (52) soll durch einen solchen Schritt einen Attraktivitätsverlust des Internetportals "Spiegel Online" befürchtet haben. Eine Verlagssprecherin wollte sich am Dienstag nicht dazu äußern.

Die Redaktionsleitung des gedruckten Spiegel sollen nun bis auf Weiteres die stellvertretenden Chefredakteure Klaus Brinkbäumer und Martin Doerry übernehmen. Das Nachrichtenangebot im Internet wird weiter von Rüdiger Ditz verantwortet, der unter Digital-Chef Müller von Blumencron bisher schon Chefredakteur von Spiegel Online war.

Zwist

Anlass zu Spekulationen über einen Zwist in der Chefredaktion gab bereits eine Neuaufteilung 2011: Nachdem die beiden langjährigen "Spiegel"-Journalisten zunächst als Doppelspitze angetreten waren, wurden die Verantwortlichkeiten damals getrennt. Mascolos Domäne wurde das gedruckte Heft, während Müller von Blumencron die Verantwortung für alle Digitalangebote übernahm.

"Dass über die wichtigen Themen, zum Beispiel unsere publizistische Zukunft im digitalen Zeitalter, leidenschaftlich diskutiert und gestritten wird, gehört zur Kultur dieses Hauses", hatte Geschäftsführer Ove Saffe der Süddeutschen Zeitung im November vergangenen Jahres gesagt und angekündigt: "Der 'Spiegel' und 'Spiegel Online' werden ab sofort deutlich enger zusammenarbeiten."

Nicht gelungen

Das ist aus Sicht der Gesellschafter offensichtlich nicht gelungen - Mascolo und Müller von Blumencron wurden laut Mitteilung "mit sofortiger Wirkung abberufen und beurlaubt". Die Verlagsgruppe gehört zu 50,5 Prozent den Mitarbeitern. 25,5 Prozent hält die Bertelsmann -Tochter Gruner + Jahr, die übrigen 24 Prozent liegen bei den Erben des 2002 gestorbenen Gründers Rudolf Augstein.

Saffe hatte in dem Interview weiter sinkende Erlöse in Aussicht gestellt und deshalb einen Stellenabbau nicht ausgeschlossen. Der "Spiegel" müsse sparen, um solide Ergebnisse zu erwirtschaften und damit seine publizistische Unabhängigkeit zu sichern.

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