Raabs Abschied: Fernsehen stellt Sendebetrieb ein

Raab beim Song Contest
In einer Woche geht der TV-Entertainer Stefan Raab in Frührente. Die Branche ist geschockt.

Eine Woche noch, dann endet die Ära Stefan Raab: Am Mittwoch läuft die letzte Ausgabe seiner Talkshow "TV Total", am Samstag die letzte Show "Schlag den Raab".

Danach stellt das deutsche Fernsehen seinen Sendebetrieb ein. Zumindest könnte man zu diesem Schluss kommen, liest man deutsche Medien – die bei Raabs Rücktrittsankündigung vor einem halben Jahr mit dem Wehklagen begannen und dieses zuletzt zum Trauerchor steigerten. Inzwischen gibt es schon ein eigenes Hashtag-Schlagwort für den Rückzug des Entertainers, offenbar inspiriert von Grexit: #Raabschied.

Raabs Stammsender ProSieben setzt zum Ersatz ganz auf die Jungstars Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, die beiden werden zusätzlich zu "Circus Halligalli" und "Duell um die Welt" eine weitere Show präsentieren, außerdem sind mindestens drei Showformate im Raab-Stil in Vorbereitung.

Was macht Raab so besonders, was kann er besser als andere?

Nicht viel schlechter

Die Antwortet lautet: Möglicherweise kann er nichts besser als der jeweils beste andere. Aber er kann enorm viel zumindest nicht viel schlechter als andere. Er kann ziemlich gut singen, mehrere Instrumente ziemlich gut spielen, ziemlich gut Lieder schreiben, ziemlich gut moderieren, ziemlich gute Gags abschießen. Alles, was der ehemalige Fleischhauer-Lehrling probiert, kann er bald ziemlich gut – auch Boxen, Turmspringen, mit Hilfe eines Autos Fußball spielen.

Deshalb gewann er auch 70 Prozent aller "Schlag den Raab"-Duelle, obwohl seine Gegner oft durchtrainierte Leistungssportler oder hoch gebildete Studenten waren. Im Querschnitt der Sport-, Wissens- und Geschicklichkeitsspielen war er meist der Bessere.

Am meisten wird dem Fernsehen aber Raabs Fähigkeit abgehen, sich nichts zu pfeifen. Egal, ob es darum ging, die weltberühmte Band AC/DC mit einer Ukulelen-Version von "Highway To Hell" zu verblüffen. Oder darum, eine Sendung als Parodie auf den Abkürzungswahn im deutschen Fernsehen so zu nennen: "SSDSDSSWEMUGABRTLAD − "Stefan sucht den Superstar, der singen soll, was er möchte und gerne auch bei RTL auftreten darf".

Oder darum, als Produzent, Komponist oder Interpret beim Song Contest anzutreten. Oder darum, die Sportart "In einem Kochtopf eine Bobbahn runterrutschen" zu erfinden und das Ganze als "Wok-WM" einem Millionenpublikum anzudrehen. Oder darum, aus dem von einer braven sächsischen Hausfrau empört ausgesprochenen Wort "Maschendrahtzaun" einen Erfolgs-Song zu machen. Oder darum ... die Liste ließe sich bis 2016 fortsetzen.

Sein Humor war anarchisch, oft unwiderstehlich, manchmal geschmacklos, aber stets ansteckend. In den "Musikantenstadl" zu gehen und dort in Anspielung auf damals gern kolportierte Drogengerüchte zu singen "Der Karl, der Karl, der Moikmoikmoik/der raucht das schärfste Zeugzeugzeug", das hatte auf eine seltsame Weise Stil.

Geld zählen

Raab verdiente, auch Dank seiner eigenen Produktionsfirma, Millionen. Und er war klug genug, sein Privatleben immer privat zu halten. Dass er jetzt, mit 49, mehr Lust verspürt, seine Kinder und sein Geld zu zählen, als sich weiter den Gesetzmäßigkeiten des Fernsehbetriebs auszusetzen, ist nachvollziehbar. Zumal er früh genug aufhört, um mehr ergriffene Nachrufe zu bekommen als hämische Kommentare.

"Was wird mit Raab?", schreibt die Süddeutsche Zeitung. "Es gibt keine Überlegung, die einem wirklich abwegig erschiene. Raab könnte Cheftrainer beim 1. FC Köln werden (das wird Peter Stöger zu verhindern wissen; Anm.), er könnte eine Mondmission planen oder einen Frozen-Yogurt-Laden in Sülz eröffnen. Ihm ist –verrückter Gedanke – sogar zuzutrauen, dass er im Stillen zufrieden seiner Wege geht und niemand so recht davon Notiz nimmt."

Wobei: Was ist bei Stefan Raab schon verrückt? Der Mann besitzt (kein Witz!) die Rechte an dem Begriff "Schland" (bekannt vom Fußball-Schlachtruf "DeutSCHLAND!"). Und er hat eine Firma, die Duschköpfe entwickelt und produziert.

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