Quoten: RTL tut sich schwer mit neuen Erfolgen

Sänger Heino soll den Casting-Bewerbern mit Tipps helfen. RTL könnte auch Rat gebrauchen
RTL holt jetzt Heino zur Rettung von "DSDS", die neue Show "Rising Star" schwächelt: Der Unterhaltungsriese findet nicht so recht aus der Krise.

Als RTL noch RTL plus hieß und die Privatsender noch spöttisch beäugt wurden, probierte Programmchef Helmut Thoma es 1990 mit Nackten: Die Erotikspielshow "Tutti Frutti" ließ besorgte Bürger ebenso wie die empörten Kritiker der Tageszeitungen Sturm laufen. Nichts weniger als die "vollzogene Normalisierung öffentlich inszenierter Nacktheit" wurde dem Sender vorgehalten, eine Formulierung, die sich heute ebenso spröde wie prüde liest. Drei Jahre nach der Einführung der Show hatte RTLplus den bis dahin größten Marktanteil in Deutschland und erreichte 18,9 Prozent der Deutschen. Fast zeitgleich wurde das "plus" aus dem Namen gestrichen und die Skandalshow wieder verräumt. So gut ging es dem Sender später nie wieder mit der Sehergunst.

Ausgemottet

Zwei Jahrzehnte später lag der Marktanteil nur mehr bei 11,3 Prozent (Ende 2013) und der Sender mottet die Nackten wieder aus: In der Kuppelshow "Adam sucht Eva" gibt es seit Donnerstag jede Woche zwei völlig Unbekleidete zu sehen, die auf einer romantischen Insel entscheiden, ob sie ein Paar werden sollen.

Allein: Die Seher haben in den vergangenen Jahrzehnten offenbar schon genug nackte Haut gesehen. 1,95 Mio. Zuschauer und 9,9 Prozent Marktanteil im Heimatmarkt Deutschland sind weit von einem Hit entfernt.

Der Stern geht nicht auf

Das ist nicht die einzige Enttäuschung für den Privatsender: Denn auch die groß beworbene Casting-Show "Rising Star" mit US-Star Anastacia hob nicht besonders ab. Der Marktanteil lag in Deutschland bei überschaubaren 8,4 Prozent und damit sogar noch hinter den im Anschluss gezeigten Nackten auf der Insel.

Zeitgleich versucht RTL, sein angeschlagenes Casting-Flaggschiff "Deutschland sucht den Superstar" wieder flott zu bekommen. Das Format mit Dieter Bohlen als scharfzüngigem Juror wird dazu nun mit einem noch älteren Star aufgepeppt. Schlagersänger Heino (75) wird nun wirklich in der Jury sitzen, wie der Privatsender am Freitag nach tagelangen öffentlichen Spekulationen endlich bestätigte. Bei "DSDS" ist quotenmäßig schon seit Längerem der Wurm drin: Staffel zehn im Jahr 2013 lag mit rund 21 Prozent bei den jungen Sehern so schlecht wie noch nie.

Die Neuerungen für das heurige Jahr, wo unter anderem sogenannte Challenges eingeführt wurden, zogen ein wenig besser an, um dann im quotentechnisch schlechtesten Finale bisher zu münden: 18,1 Prozent Marktanteil bei den werberelevanten jungen Sehern hatte sogar das Finale im Flopjahr 2013 übertrumpft.

Hausgemacht?

Sendergründer Thoma, der RTL bis 1998 führte, hält die Quotenkrise für hausgemacht, wie er zum KURIER sagte. In die Inhalte sei seit Jahren nichts mehr investiert worden, was aber auch auf die anderen großen deutschen Privatsender um ProSiebenSat.1 zutreffe. Wirtschaftlich macht das aus seiner Sicht auch durchaus Sinn: "Die beste Form, die Renditen hochzuschrauben ist es, die Kosten im Programm herunterzufahren." Privatsender wollten schließlich "Gewinne machen und nicht Programme veranstalten." Er sieht in den beiden großen Sendergruppen um RTL, ProSieben und Sat.1 ein Oligopol: Gemeinsam hätten diese 85 Prozent Marktanteil am kommerziellen Segment. "Sie haben praktisch keine Konkurrenz und müssen daher auch nicht investieren."

Die Vorbereitungen für Staffel zwölf von "DSDS" laufen unterdessen auf Hochtouren: In 48 Städten werden Talente gecastet. Am 9. September wird Neo-Star Heino das "DSDS"-Casting in Frankfurt besuchen und den jungen Gesangstalenten Tipps geben. Vielleicht hat er ja auch für RTL die eine oder andere Idee übrig. Der Sender könnte es gerade brauchen.

Rising Star
Bei der Gesangsshow mit US-Star Anastacia werden die Talente auch vom Publikum beurteilt. Mittelpunkt der Sendung ist eine interaktive Wand. Die Show läuft donnerstags und samstags um 20.15 Uhr.

Adam sucht Eva
Zwei Menschen, die im Fernsehen herausfinden, ob sie zueinanderpassen. Der Clou: Sie haben dabei nichts an und befinden sich auf einer tropischen Insel. Donnerstags am Spätabend.


Sie kennen das: Die Nacktheit ist in der Erotik nur so interessant wie die Raffiniertheit ihrer Verhüllung. Körper in schönen Posen mit geschickt platzierter Wäsche und in der Unschärfe der Kamera angedeuteten Kurven ziehen das Auge an. Nackerte, die in der Gegend herumstapfen, verleiten eher zum Wegschauen.

Wer sich die Banalität des Nacktseins in Erinnerung rufen möchte, möge nur die Popschparade in der FKK-Zone seines Vertrauens begutachten: Der Bartträger mit Sonnenhut und Schlapfen mit dem Bier in der Hand könnte genauso gut eine Lederhos’n anhaben – ausstrahlungstechnisch hätte er die gleiche Wirkung. Erotisch geht irgendwie anders, auch im Zeitalter der Dauer-Zurschaustellung im Internet. Wir alle finden Nacktheit prickelnd, aber wollen sie uns eigentlich erst selbst verdienen.

Worauf ich hinauswill: In der neuen RTL-Show "Adam sucht Eva" wird derzeit nackt gestapft. Falls Sie grad sonst nichts anzuschauen haben. Ansonsten empfehlen wir Ihnen gerne, auf der KURIER-Buchseite, ein gutes Buch.

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