"Das ist echtes Steinzeitfernsehen"

Teddy Podgorski wirft am Sonntag, 19.10., um 16.30 Uhr auf ORF2 einen Blick auf „Legendäre Fernsehshows“
Teddy Podgorski über die große Zeit der Samstagabendshows. Auf ORF2 wirft er einen Blick zurück.

KURIER: Was war die Geburtsstunde der großen Samstagabendshows im ORF? Der Song-Contest-Sieg mit Udo Jürgens 1966? Oder startete das früher?

Teddy Podgorski: Es hat sich aus dem "bunten Abend" entwickelt, noch vor dem Fernsehen, angefangen mit Maxi Böhm, Heinz Conrads. Das war die Urzelle der Abendshow.

Lou van Burg hatte ab 1959 mit "Jede Sekunde ein Schilling" die erste große Samstagabendshow des ORF. Hat man das Genre in Österreich aus der Taufe gehoben?

Lou van Burg war wirklich der Erste. Da kam sozusagen der dicke Holländer mit Schnurrbart und hat erstmals ein Gewinnspiel gemacht. Die Sendung wollte er zuerst in Holland machen, aber dort und auch bei der ARD haben sie das nicht gewollt. Bei uns hat man ihn jedoch aufgenommen. In Deutschland fanden damals eher Musikshows mit großen Conferenciers statt.

Worum ging es bei der Show?

Bei "Jede Sekunde..." mussten Kandidaten auf der Bühne z. B. Sackhüpfen und bekamen für jede Sekunde einen Schilling. Außer wenn äußere Umstände eintraten, etwa wenn am Westbahnhof auf Gleis fünf ein Zug einfuhr, hat man dann wieder alles verloren.

Danach kamen viele Größen, die in Österreich und Deutschland triumphierten. Joachim Kulenkampff und schaffte etwa einen Riesenerfolg mit "Einer wird gewinnen".

Das war ein Riesenhype, ja. Er hat das Publikum begeistert.

"Das ist echtes Steinzeitfernsehen"
Erlebnis Österreich aus dem Landesstudio Wien: "Legendäre Fernsehshows", "Geschichte und Geschichten präsentiert von Teddy Podgorski." Teddy Podgorski, Fernsehmacher seit 1955, seit dem Start des Fernsehens in Österreich, erinnert an aus Wien gesendete legendäre Fernsehshows. Die erste große Samstagabend-Show aus der Wiener Stadthalle war "Jede Sekunde ein Schilling" des Holländers Lou van Burg, die wegen des großen Erfolgs bald auch in Deutschland ausgestrahlt wurde. Danach waren fast alle großen deutschsprachigen Fernsehshows Co-Produktionen des ORF mit ARD oder ZDF und wurden immer wieder auch in Wien produziert: etwa Hans Joachim Kulenkampffs "Einer wird gewinnen", "Dalli Dalli" mit Hans Rosenthal, das von Dietmar Schönherr und Vivi Bach präsentierte, zeitkritisch angelegte "Wünsch Dir was" oder "Auf los gehts los" mit Joachim Fuchsberger. Aber auch ausschließlich für österreichisches Publikum gesendete Shows wurden legendär: z.B. Heinz Conrads' allsamstägliche Auftritte. Teddy Podgorski präsentiert Ausschnitte aus den legendären Shows, erzählt über seine Freunde Kulenkampff und Juhnke, wie er als junger Lou van Burg-Mitarbeiter mit Hans Moser die Garderobe teilte, usw.Im Bild: Teddy Podgorski mit Harald Juhnke. SENDUNG: ORF2 - SO - 19.10.2014 - 16:30 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
Harald Juhnke war ebenfalls im ORF tätig. Wie war das?

Er war wegen Alkoholproblemen in Deutschland gesperrt, aber der ORF hat ihn genommen. Ich habe da selbst am meisten draufgezahlt, als ich ’85 die Eröffnung des Raimundtheaters moderiert habe: Eine große Samstagabendshow. Stargast war Juhnke. Er war an diesem Abend leider Gottes sternhagelvoll. Ich bin vor dem Vorhang gestanden und musste ihn ankündigen, habe aber hinter mir gehört, wie die Leute ihn verzweifelt suchen (lacht).

"Wetten, dass..? wird eingestellt, es gibt keinen wirklichen Nachfolger als Samstagabendshow. Was hat sich in der Fernsehlandschaft verändert?

Sie können heute sagen: "Da kommt ein Mann und der kann zwei Lastautos schlucken". Die Reaktion der Zuseher wird üblicherweise die sein: "Jaja, wird schon stimmen." Es ist völlig spannungslos geworden.

Warum funktioniert die Sendung nicht mehr?

Es ist fad! Wenn der Moderator auch noch fad ist und keinen Schmäh hat, dann ist das furchtbar. Thomas Gottschalk war wenigstens ein "Hutschenschleuderer". Das war laut, hatte Glamour. Markus Lanz ist ein Vorzugsschüler, der lustig sein will. Das ist echtes Steinzeitfernsehen.

Ist der Sendeplatz, der früher ein "Lagerfeuer" für die ganze Familie war, noch zu retten?

Ich glaube, es gibt keinen Straßenfeger mehr. Es gibt auch diese Lagerfeuerstimmung überhaupt nicht mehr. Die Leute schalten herum und bleiben irgendwo hängen. Es ist nicht mehr so, dass man sitzt und sich auf 20.15 Uhr freut. Familien sitzen, glaube ich, überhaupt nicht mehr – und schon gar nicht beim Fernsehen.

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