ORF-Radio: Redakteure sind besorgt

ORF-Radio: Redakteure sind besorgt
Im ORF wird weiter um die Besetzung des Radio-Innenpolitikleiters diskutiert. Die Redakteure wehren sich gegen die Bestellung von Edgar Weinzettl.

Die Diskussion um die Besetzung des neuen ORF-Radio-Innenpolitikleiters geht weiter. Die Redakteure wehren sich gegen die Bestellung von RadioWien-Wortchef Edgar Weinzettl, in dem sie einen "parteipolitisch motivierten Kandidaten" sehen. Sie hatten sich für Stefan Kappacher oder Andreas Jölli ausgesprochen.

Bei den Redakteuren "schrillen die Alarmglocken", berichtet die APA und zitiert ein Mitglied der Radioinformation: "Es herrscht der Eindruck, jetzt, wo das große Wahljahr kommt, schicken sie uns einen, der auf uns aufpassen soll." Man orte gewisse Parallelen zur Causa Pelinka. "Sicher nur Zufall, dass umstrittene Personalentscheidung im ORF wieder vor einem Feiertag veröffentlicht wird", twitterte auch Redakteurssprecher Dieter Bornemann.

"Keine Intervention"

ORF-Hörfunkdirektor Karl Amon, der Weinzettl vorgeschlagen hat, weist die Vorwürfe gegenüber dem KURIER zurück. Weinzettl sei "sehr, sehr gut" und für ihn habe niemand interveniert. "Er hat das offizielle Hearing gewonnen, das kann man nicht wegdiskutieren. Ich habe auch bei den letzten drei Entscheidungen immer den Hearingsieger genommen."

Außerdem stehe Edgar Weinzettls inhaltliche Qualifikation außer Frage und Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter trage ihn mit. Und schließlich: "Ich bin für Außenbesetzung, wo immer es möglich ist. Weil innerredaktionelle Loyalitäten und gelegentlich auch Feindschaften fallweise bei Innenbesetzungen zu Irritationen führen können."

Er finde es grundsätzlich gut, dass die Radioredakteure "als Journalisten misstrauisch sind", sagt Amon. "Aber sie sollten ihre Argumente auf Fakten aufbauen und nicht auf Gerüchte. Menschliche Beschädigungen sind schnell passiert. Sie sollten Edgar Weinzettl eine faire Chance geben." Es werde dann nach seiner Einschätzung "sehr schnell" zu einer normalen Zusammenarbeit kommen.

Wrabetz’ Entscheidung

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Die Entscheidung liegt nun beiORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Sollte der – entgegen Amons Vorschlag – dem Wunsch der Redakteure folgen, "werde ich das selbstverständlich mittragen", so Amon.

Wrabetz wollte zu der Sache keine Stellung nehmen. Man kommentiere einen laufenden Recruiting-Prozess nicht öffentlich, sagte ORF-Sprecher Martin Biedermann. Kommende Woche werde es gemäß dem Redakteursstatut ein Gespräch zwischen Generaldirektor und den Redakteursvertretern geben. Für kommende Woche sind auch Proteste der Redakteursvertreter geplant.

Wolf auf Twitter

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Armin Wolf,ORF-Starmoderator und Meinungsinstanz, deklarierte sich via Kurznachrichtendienst Twitter, indem er sarkastisch auf die derzeitigeORF-"Causa Prima" Bezug nahm: "Ich hab`s: Sido wird Innenpolitik-Chef im Radio! Was? War nie Innenpolitik-Redakteur? Ja, und? " schrieb er in einem Tweet. Und in einem anderen: "Vielleicht müssten die ausgezeichneten Radio-Innenpolitikjournalisten Kappacher u. Jölli jemandem eine knallen. Erhöht ev. die Chancen ...".

Der Ton im Streit um die Leitung der ORF-Radio-Innenpolitik wird schärfer. Laut Redakteurssprechern (der KURIER berichtete) hatte der umstrittene Spitzenkandidat Edgar Weinzettl sein Antreten von der Unterstützung von Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter abhängig gemacht. Aigelsreiter sprach sich aber für Andreas Jölli aus – und Weinzettl sagte der APA, er sei "falsch zitiert" worden und bereit, das Amt zu übernehmen.

Dagegen protestiert nun Redakteurssprecher Hubert Arnim-Ellissen in einem eMail an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Bisher, schreibt er, sei ihm Weinzettl "in der bundespolitischen Berichterstattung nicht aufgefallen, weder als Akteur noch als Redakteur, schlechtestenfalls noch als Blockierer für Berichte". Das Gespräch mit Weinzettl, in dem der sein Antreten von der Zustimmung des Chefredakteurs abhängig gemacht habe, sei genau so verlaufen wie beschrieben. Dass Weinzettl jetzt anderes behaupte, beweise, dass "ich seinem Wort nicht vertrauen kann. Innerhalb einer Redaktion ist das eine furchtbar schlechte Voraussetzung zur Zusammenarbeit."

Die Entscheidung über die Personalie liegt nun bei Wrabetz. Die Redakteure sehen in Weinzettl einen "parteipolitisch gewünschten Kandidaten". 2010 gab es ähnlichen Wirbel um die Bestellung von Fritz Dittlbacher zum TV-Chefredakteur, auch er galt als SPÖ-Favorit.

Die ORF-Innenpolitik-Redakteure sind empört. Sie planen Proteste gegen die Bestellung eines Wunschkandidaten für den Posten der Radio-Innenpolitik, wie sie einem Mail an Generaldirektor Alexander Wrabetz am Mittwoch schreiben. Das Mail ist von allen Innenpolitik-Redakteuren des ORF gezeichnet.

Erneut parteipolitische Wünsche durchsetzen zu wollen, schade dem Ansehen der ORF-Innenpolitk-Redaktion und dem ORF insgesamt. Für nächste Woche kündigen die Redakteure Versammlungen an. 

ORF-Radiodirektor Karl Amon hat am Mittwoch Edgar Weinzettl für den Posten des Radio-InnenpolitikChefs vorgeschlagen.

Weinzettel ist derzeit als Wortchef und stellvertretender Chefredakteur bei Radio Wien tätig. Dem Vernehmen nach hat er gute Kontakte zur Rathaus-SPÖ. Die Innenpolitk-Redakeure sehen in ihm einen "parteipolitisch gewünschten Kandidaten" und warnen indirekt vor einer weiteren Causa Pelinka.

Andreas Jölli kommt aus der Radio-Innenpolitik und hat diese seit über einem Jahr bereits interimistisch geleitet. Die Redakteure der Radio-Information sprachen sich zuletzt wiederholt für Stefan Kappacher oder Jölli aus, die bei einer Abstimmung der Redakteursversammlung die meiste Zustimmung erhalten hatten.

Im offiziellen ORF-Hearing landeten Weinzettel, Kappacher und Jölli auf dem Dreiervorschlag. Auch die Art und Weise, wie dieses Hearing abgehalten wurde, wird von der ORF-Redakteuren kritisiert. Die Jury habe sich Amon ausgesucht.

Redakteure: Brief an Wrabetz

Bereits am Dienstag haben die Radioredakteure haben in einem dem KURIER vorliegenden Mail an ORF-Chef Wrabetz ihr "Unverständnis" über die Vorgangsweise bekundet. Für die Redakteure der Radioinformation sei "wesentlich und unverzichtbar, dass nur eine fachlich unbestrittene, kompetente Persönlichkeit das journalistische Spitzenniveau dieses Ressorts führen kann". Die Radioinformation dürfe nicht "mit dem Geruch einer parteipolitischen Punzierung belastet werden".

Gerade in einem Wahljahr wäre es nach Meinung der Radioredakteure eine "massive Schwächung der Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wenn ausgerechnet die Radio-Innenpolitik von jemandem ohne Erfahrung in der innenpolitischen Berichterstattung geleitet würde". Zugleich wäre es "äußerst schädlich" für den exzellenten Ruf der politischen Unabhängigkeit der Radio-Information des ORF. "Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit sind Grundvoraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk", schreiben die Redakteurssprecher an Wrabetz.

Die Redakteure machen sich einmal mehr für Kappacher oder Jölli als neuen Innenpolitik-Chef stark und sprechen Chefredakteur Aigelsreiter das "volle Vertrauen" aus. Kappacher und Jölli seien "erfahrene Innenpolitik-Journalisten mit erwiesener bester Fachkompetenz und ohne jede parteipolitische Schlagseite". Selbst der "Anschein einer parteipolitischen Besetzung der Innenpolitik - statt einer aus dem Kreis der selbst in der kritischsten Öffentlichkeit überaus anerkannten Redaktion - würde größten Unmut unter den ORF-Journalistinnen und -Journalisten ebenso wie in breitester Öffentlichkeit hervorrufen".

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