ORF-Chefs suchen Millionen

APA9425050 - 12092012 - WIEN - ÖSTERREICH: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am Mittwoch, 12. September 2012, im Rahmen der Präsentation des ORF-Programms 2013 in Wien.l APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Der ORF muss 80 Millionen Euro einsparen. Betriebsbedingte Kündigungen, großflächige Auslagerungen und ein neuer Kollektivvertrag sollen kommen. Die Betriebsräte sehen den sozialen Frieden gefährdet.

Für ÖVP-Klubchef und -Mediensprecher Karlheinz Kopf ist die Sache klar. „Die Gebührenrefundierung wurde als zeitlich auf vier Jahre beschränkte Überbrückungsfinanzierung zur Modernisierung der Organisation und Kostenstruktur geschaffen. Statt nun unter anderem die heimische Filmwirtschaft in Geiselhaft zu nehmen, soll ORF-General Wrabetz besser seine Hausaufgabe bei der Modernisierung und Verschlankung der Strukturen beim ORF erledigen“, sagte Kopf, bei dem kein Meinungsumschwung nach den Nationalratswahlen im Herbst zu erwarten ist, dem KURIER.

BZÖ-Mediensprecher Stefan Petzner forderte in einer Kurzdebatte im Parlament am Freitag indes nicht nur die Abschaffung der ORF-Gebühren, sondern auch "eine Neugründung des ORF nach dem aktuellen Vorbild Griechenland". Aus seiner Sicht werde der Sender "gerade in Vorwahlzeiten von den Regierungsparteien missbraucht".

Sparzwang

Eine Absage erteilte diesen Vorschlägen SPÖ-Klubobmann Josef Cap: "Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt es als Idee zu verteidigen." Gleichzeitig betonte er, dass objektive Berichterstattung und ein Qualitätsprogramm eine ausreichende finanzielle Grundlage benötigen.

Seit Wochen tobt die Debatte darüber, dass der ORF keine Verlängerung der Ersatzzahlungen für durch Gebührenbefreiungen entgangene Entgelte bekommt. 160 Millionen erhielt er in den letzten vier Jahren aus dem Budget. Damit ist wegen des Sparkurses auf Bundesebene Schluss. Nächste Woche will der Stiftungsrat von der ORF-Führung wissen, wie sie die Situation meistern will.

Insgesamt 80 Millionen muss das 900-Millionen-Umsatz-Unternehmen 2014 sparen – inklusive der 25 Millionen für Fußball-WM und Olympische Winterspiele.

Einschnitte

40 Millionen sollen vom Programm kommen: Kolportiert werden Kürzungen bei Shows, Kinderprogramm, Eigenproduktionen, Sport plus aber auch bei FM4, Radiokulturhaus oder 3SAT.

20 Millionen sollen Strukturmaßnahmen bringen – davon 15 Millionen allein beim Personal. Erreichen will die Geschäftsführung dies durch einen neuen, deutlich billigeren Kollektivvertrag und Verschlechterungen bestehender Verträge, durch großflächige Auslagerungen, von denen bis zu 1.000 Mitarbeiter quer durch das Unternehmen betroffen wären, sowie durch betriebsbedingte Kündigungen und sogenannte Änderungskündigungen, wie es in einem Schreiben der Betriebsräte, das der APA vorliegt, heißt. Man habe Generaldirektor und Finanzdirektor aber "unmissverständlich mitgeteilt, dass weitere Einschnitte beim Personal nicht akzeptiert werden können".

Schon jetzt könne der Programmauftrag nämlich nur noch mit beträchtlichen Mühen erfüllt werden. "Wir haben in den vergangenen vier Jahren mehr als 15 Prozent der Kollegenschaft verloren. Wir haben allein im Personalbereich mehr als 50 Millionen Euro einsparen müssen - von Eingriffen in bestehende Vertragsverhältnisse über äußerst maßvolle Gehaltsabschlüsse bis hin zu einer Nulllohnrunde, aktuell sind die Pensionskassenbeiträge wieder ausgesetzt", schreiben die Zentralbetriebsräte Moser und Berti. Durch diese Sparmaßnahmen habe die Belegschaft erst die Teilrefundierungen der Gebührenbefreiungen ermöglicht.

"Spielball der Parteipolitik"

Dass diese nun auslaufen soll, wird von den Betriebsräten heftig kritisiert. "Der ORF ist damit wieder einmal zum Spielball der Parteipolitik geworden. Und dieser Geschäftsführung muss man in aller Offenheit vorwerfen, dass ihre Initiativen zur fortlaufenden Sicherstellung der öffentlichen Finanzierung des Unternehmens verspätet und wohl auch halbherzig erfolgt sind. Jetzt - sozusagen fünf nach zwölf - mit massiven neuerlichen Spardrohungen zu kommen und zu glauben, dass die Belegschaft, deren Arbeitsbedingungen sich drastisch verschlechtert haben, diesen Kurs mittragen wird, ist schlicht verwegen."

Der Zentralbetriebsrat warnt nun davor, "den jahrzehntelangen sozialen Frieden im ORF mutwillig aufs Spiel zu setzen". Man sei nach wie vor bereit, mit der Geschäftsführung zu verhandeln. Aber: "Unter fairen Bedingungen. Mit Sicherheit aber nicht unter öffentlichen Kündigungsdrohungen oder ähnlichen Erpressungsmanövern."

Kommentare