ORF: Baupolizei war gegen Küniglberg

ORF: Baupolizei war gegen Küniglberg
Brisantes Gutachten: Schon während des Baus wurden gravierende Mängel am Küniglberg festgestellt. Warum hat der ORF nicht reagiert?

Im Vorfeld der Stiftungsratssitzung am Donnerstag wird die Auseinandersetzung um den künftigen ORF-Standort um eine Komponente reicher. Zuletzt standen die Zeichen auf Erhaltung und Sanierung der Standorte Küniglberg und Argentinierstraße. Vor allem (aber nicht nur) aus bürgerlichen Kreisen kommt Widerstand gegen einen Umzug nach St. Marx.

Dem KURIER liegt nun allerdings ein Gutachten des Architekturbüros Müller-Hartburg + Schwaighofer vor, das die anstehende Sanierung des Küniglbergs mehr als kritisch betrachtet.

Die Expertise wurde im Auftrag des ORF anlässlich des Feststellungsverfahrens des Denkmalschutzes 2010 erarbeitet. In der mehrere Kilo schweren Studie ist die Rede von Baumängeln, die bereits in den 1970er-Jahren bekannt gewesen seien.

"Im Zentrum der Diskussion sollte die Frage stehen, ob eine derartig teure – aus Sicht der Sicherheit technisch aber notwendige – Sanierung auf Kosten der Steuerzahler vertretbar ist," sagt Architekt Thomas Müller-Hartburg. Sein Gutachten stellt den baulichen Zustand des Roland-Rainer-Baus geradezu beängstigend dar. "Bei einigen Parapetträgern (= Wandstück zwischen Fußboden und Fensterunterkante, Anm.) sowie Wandelementen sind Rissbildungen festzustellen (...)," heißt es darin. Der ORF als Bauherr sei mit diesen Schäden von Anfang an konfrontiert gewesen, die Baubehörde habe gar den Bau 1973 eingestellt, da "Baumängel an den Fertigteilen vermutet" wurden.

Der ORF habe gegen den Bescheid der Behörde jedoch mehrmals berufen. In Folge wurde das Problem so gelöst, dass die baupolizeiliche Freigabe abschnittsweise eingeholt und so der Bau nicht weiter beeinsprucht wurde. Die Rissproblematik blieb: Bereits ein Gutachten von 1978 wies auf die notwendige Sanierung hin. Die aktuelle Studie spricht von "dringendem Sanierungsbedarf mit außerordentlichem Kostenaufwand".

(K)eine Empfehlung

Eine eindeutige Empfehlung für den Neubau in St. Marx möchte Müller-Hartburg nicht abgeben. Zwar habe ein Neubau finanzielle und zeitliche Vorteile, "aber um die Frage seriös beantworten zu können, muss das neue Raum-und Funktionsprogramm samt Technik vorliegen."

Bleibt die Frage, warum man im ORF jahrzehntelang nicht auf die Warnungen reagiert hat. ORF-Finanzchef Richard Grasl sagte im Interview mit der APA: "Wir kommen bei den Umbauarbeiten drauf, dass bereits beim Bau Anfang der 1970er-Jahre teils katastrophal gepfuscht wurde. Da greift man sich an den Kopf (...). Wir zahlen hier wie so oft den Preis für jene Fehler, die damals von jenen gemacht wurden, die heute alles besser wissen (...) Wir prüfen Klagen gegen die damaligen Baufirmen und auch gegen die damals Verantwortlichen im ORF. Ich fürchte nur, dass diese Missstände verjährt sind."

Johanna Rainer, Tochter Architekten des ORF-Zentrums und kämpferische Bewahrerin seines Erbes, wundert sich: "Man weiß seit Langem über den Zustand des Hauses Bescheid. Möglicherweise wird versucht, das Gebäude generell als wertlos darzustellen, um die Diskussion in Richtung Abbruch zu drängen." Eine Interpretation, die beim ORF zurückgewiesen wird.

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