Presserat behandelte im Vorjahr 145 Fälle

APA11793096-2 - 08032013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Oscar Bronner, Herausgeber der Tageszeitung "Der Standard" und Präsident des Österreichischen Presserats, am Freitag, 08. März 2013, anl. der Jahres-PK des Österreichischen Presserats in Wien. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
Das Selbstkontrollorgan verzeichnet eine Steigerung bei den Anlassfällen. Die "Krone" führt mit vier medienethischen Verstößen die Statistik an.

Über mangelnde Beschäftigung können sich der Österreichische Presserat bzw. dessen Senate nicht beklagen: 145 Fälle wurden im Vorjahr behandelt, eine deutliche Steigerung im Vergleich zu 2011 (80 Fälle). Laut Alexander Warzilek, Geschäftsführer des Presserats, liege dies auch an der besseren Wahrnehmung des Rates, wie er bei der Jahrespressekonferenz am Freitag erläuterte. "Unser Anliegen ist, mit den Journalisten in einen Dialog zu treten."

In 138 Fällen sind Betroffene bzw. Dritte an den Rat herangetreten, sieben Mal wurden die Senate selbst aktiv. Dass manche Medien die ethischen Grundsätze ernster nehmen würden als andere, sei laut Warzilek auch aus der Fallstatistik ablesbar: Kronen Zeitung (16 Fälle) sowie Österreich und Kleine Zeitung (je 15) führen vor der Gratiszeitung Heute (12) die Liste an, wobei es insgesamt zu elf medienethischen Verstößen gekommen ist - vier davon entfallen auf die Krone, je zwei auf Österreich und Heute.

Auch beim Standard, der rechtskonservativ-nationalen Wochenzeitung Zur Zeit und der Fachpublikation Kassenarzt ist es jeweils zu einem Verstoß gekommen. Lösungen im Ombudsverfahren konnten zwei Mal bei der Kleinen Zeitung sowie je ein Mal bei Standard, Heute, OÖ Nachrichten und Österreich erzielt werden. Elf Fälle wurden nicht abgeschlossen. Als Erfolg gilt für Vizepräsident Franz C. Bauer aber eher die präventive Funktion des Rates: "Es wäre schön, wenn etwas nicht getan wird, weil es uns gibt."

Änderungen im Ehrenkodex

Zwei Änderungen gab es im vergangenen Jahr wiederum im Ehrenkodex der österreichischen Presse: Einerseits führte man einen Punkt zur Suizidberichterstattung ein, bei der "große Zurückhaltung geboten" ist, wie Warzilek betonte. Dabei beziehe sich der Rat auch auf die Gefahr der Nachahmung. Das öffentliche Interesse müsse abgewogen und allfällig auf "überzogene Berichterstattung" verzichtet werden, wie es bei Punkt 11 heißt.

Verdeckte Ermittlungen (Punkt 7.3) seien wiederum in Einzelfällen zulässig, sofern ein entsprechend großes öffentliches Interesse bestehe. Die Umsetzung einer EU-Richtlinie gab es bei der Finanz- und Wirtschaftsberichterstattung: Hier ersetzt die Selbstkontrolle durch den Rat jene von staatlichen Behörden, womit ein Eingriff in die redaktionelle Arbeit verhindert wird, wie Bauer unterstrich. Presserats-Präsident Oscar Bronner betonte aber die Bemühungen des Vereins der Chefredakteure, "diese Regeln noch enger zu fassen. Es wurde nun zwar die EU-Richtlinie erfüllt, aber man kann da noch nachschärfen. Weitere Diskussion schließe ich nicht aus."

Online-Foren

Wiederkehrende Themen im vergangenen Jahr waren etwa neue Arten der elektronischen Berichterstattung, wobei laut Andrea Komar (Vorsitzende Senat 2) gerade bei Online-Diskussionsforen oder sogenannten Live-Tickern abzuwägen sei, "was einerseits technisch möglich ist und was man andererseits auch wirklich nutzen sollte. Hier sollte sehr sensibel vorgegangen werden." Auch die Rücksichtnahme auf die Persönlichkeitsrechte und die Intimsphäre, die über den Tod hinaus gelten, mahnte sie ein.

Peter Jann, Vorsitzender des Senat 1, forderte wiederum bei entweder gänzlich oder teilweise von Dritten finanzierten Artikeln, dass dies "für den durchschnittlichen Leser deutlich erkennbar sein" müsse. Er zeigte sich etwas verwundert, dass nur 22 Fälle von persönlich Betroffenen an den Rat herangetragen wurden, während es immerhin 91 von Dritten gemeldete Fälle gab.

Angesprochen auf die Kritik von Ernst Swoboda, Geschäftsführer von Kronehit und Mitglied im Trägerverein, der Rat beschränke rechtlich gegebene Freiheiten, erklärte Bauer, dies sei die Meinung eines Mitglieds "und deckt sich nicht mit der Mehrheit". Gehe es nach ihm persönlich, müsse man die Frage nach einer sinnvollen Kooperation stellen: "Ist das weiterhin möglich?" Entsprechende Diskussionen hätten bereits begonnen. "Swoboda kann natürlich seine Meinung vertreten. Die Frage ist nur, ob das ein vereinsschädigendes Verhalten ist", so Bauer.

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