Ende der Idylle am Land
Neun Bundesländer, neun Krimis: Ab heute sind die ersten drei Teile der ORF-Landkrimi-Reihe zu sehen. Der – sehr sehenswerte – erste Film "Die Frau mit einem Schuh" (20.15, ORFeins) ist die letzte Regiearbeit von Michael Glawogger, der im April starb: Nina Proll und Karl Fischer überzeugen als Landpolizisten-Duo, das im südlichen Niederösterreich Leichenteile findet. In weiteren Rollen: Johannes Krisch und Edita Malovcic, sowie Robert Palfrader als Polizistin Franzis fürsorglicher Ehemann. Proll erzählt im Interview über die Arbeit mit Glawogger.
KURIER: Es wirkt, also wäre die Rolle für Sie geschrieben worden.
Nina Proll: Wurde sie nicht, ich habe Michael Glawogger erst beim Casting kennengelernt. Aber ich hatte beim Lesen auch das Gefühl, das ist wie für mich geschrieben. Ich glaube aber, dass er sich in Wahrheit selbst in meine Figur hineingeschrieben hat. Man erfährt viel über seine Lebenshaltungen. Und man spürt seine Liebe zu den Menschen, egal ob das eine Prostituierte in einem Puff ist oder der Fleischhauer, der wirklich sein Fleischhauer in Pitten war. Ich habe bei den Dreharbeiten gespürt, dass er eine große Liebe den Menschen gegenüber hat und dem Leben an sich. Und es auch schafft, das in Geschichten umzusetzen.
Zeichnet das den Film aus?
Ich glaube, was ihn so besonders macht, ist, dass ein Mann sich selbst in eine Frauenfigur geschrieben hat. Dadurch kriegt diese Frauenfigur etwas sehr Kantiges, Ungewöhnliches. Sie ist die Vorgesetzte ihres älteren Kollegen. Sie kommt am Abend nach Hause und der Mann hat für sie gekocht.
Er wartet schon wieder auf sie und sie dreht um und fährt ins Wirtshaus. Man sucht im Fernsehen immer starke Frauen, doch meist wirkt es aufgesetzt. Nur weil eine Frau eine Lederjacke trägt, ist sie noch lange nicht tough.
Wie war die Zusammenarbeit mit Michael Glawogger?
Das allererste, was er beim Casting zu mir gesagt hat, war: weniger Mimik. Dabei bin ich eh jemand, finde ich, der wenig Mimik macht, aber ihm war es immer noch zu viel. Das macht auch einen Teil der Coolness aus, dass sie nicht versucht zu gefallen, und nicht zu viel in sich hineinschauen lässt. Außerdem war ihm die Bildgestaltung sehr wichtig.
Unser Kameramann Karsten Thiele, der bekannt dafür ist, das er sowohl Steadycam also auch normale Kamera beherrscht, konnte sich immer wieder den Satz anhören: "Das ist noch kein Bild!" – solange, bis Michael zufrieden war. Der genaue Beobachter wird feststellen, dass es fast keine Einstellung gibt, in der die Kamera nicht bewegt ist.
Ich glaube beides. An die Kombination Edita und mich hat sich eigentlich niemand herangewagt seit "Nordrand". In "Spuren des Bösen" haben wir zwar beide mitgespielt, aber wir hatten keine Szene miteinander. Das war jetzt die erste richtige Zusammenarbeit seit 1999.
Sie müssen den Film schon zum zweiten Mal ohne Michael Glawogger präsentieren – bei der Diagonale war er auch nicht dabei, weil er bereits an seinem letzten Film gearbeitet hat.
Das macht mich natürlich traurig, und ich denke mir, mein Gott, wie viele tolle Filme hätte er noch machen können. Andererseits ist es mir wieder eine Ehre, dass ich in seinem einzigen Fernsehfilm dabei sein durfte. Dann bin ich wieder sauer und denke, warum hat er nicht besser auf sich aufgepasst. Warum hat er diese Reise überhaupt gemacht. Und so wechseln sich diese Phasen ab. Letzten Endes muss man akzeptieren, dass das sein Weg war. Sein letztes Projekt war ihm sehr, sehr wichtig und er hat für einen Film, von dem keiner wusste, wovon er handelt, Geld bekommen. Er ist bei seinem Lebensprojekt gestorben. Und das ist auch etwas Schönes.
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