Sexspielzeug statt Kaffee und Kuchen

Sexspielzeug statt Kaffee und Kuchen
"Meet The Fokkens" ist das behutsame Porträt zweier alternder Prostituierter (Montag,20.15, ORF III).

Ihr Pensionsantritt im März war u. a. dem britischen Krawallblatt Sun einen großen Bericht wert: Unter der Schlagzeile „Amsterdams älteste Prostituierte, 70, kündigen Rückzug an“ prangte das Foto von zwei dicken, älteren Frauen. Bunt gekleidet, Rosen im Haar. Martine und Louise Fokkens, eineiige Zwillingsschwestern, die jeweils 50 Jahre als Sexarbeiterinnen tätig waren. Das filmische Gegenstück zum reißerischen Zeitungsartikel, der von zusammengerechnet 355.000 Freiern fantasiert, ist die Dokumentation „Meet The Fokkens“, die ORF III heute um 20.15 Uhr ausstrahlt. Entstanden ist sie 2011. Martine war damals noch im Dienst. Louise hatte zwei Jahre zuvor aufgehört, wegen Arthritis.

Sexspielzeug statt Kaffee und Kuchen
"Meet the Fokkens: Als Hure in Pension", Die Dokumentation ?Meet the Fokkens? von Gabrielle Provaas und Rob Schröder blickt auf das Leben zweier niederländischer Schwestern, die 50 Jahre als Prostituierte im Rotlichtmilieu gearbeitet haben. Louise und Martine, beide 69 Jahre alt, genießen ihr Leben, laufen durch die Straßen Amsterdams und reden über alles und nichts. Eine von beiden ist immer noch im Geschäft. Die andere musste wegen Arthritis aufhören.Im Bild: Martine und Louise Fokkens. SENDUNG: ORF3 - MO - 22.07.2013 - 20:15 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/autlook. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
Der Film folgt seinen beiden Protagonistinnen durch Amsterdam – durch die Straßen, ins Bordell, an den Strand – und arbeitet dabei bewusst mit visuellen Kontrasten. Martines Arbeitsalltag (der in sehr gedämpftem Licht gezeigt wird) stehen bunte Sommerkleider und Blumentöpfe am Balkon gegenüber. Die Gestalter Rob Schröder und Gabrielle Provaas lassen fast ausschließlich „Tineke“ und „Loes“ zu Wort kommen – und sie lassen ihnen Zeit. Es dauert eine Weile, bis man die Hintergründe erfährt. „Er hat mich buchstäblich ins Rotlichtviertel geprügelt“, erzählt Louise über ihre Anfänge ihrer Laufbahn als Prostituierte – und ihren damaligen Ehemann. Mit chronologischen Details hält sich der Film nicht auf. Aber die Eckpfeiler dieser Lebensgeschichten werden klar: Armut, Gewalt, Liebe. In einer Szene besucht Martine mit ihrer Tochter das Haus, in dem die jahrelang als Pflegekind lebte. Die Rede kommt dabei auch auf den Vater. „Er hat mir das Herz gebrochen“, sagt Martine mit einer Vehemenz, die auch 50 Jahre danach noch kraftvoll wirkt.

Anmutig

„Meet The Fokkens“ lebt von der Anmut und Fröhlichkeit seiner Protagonistinnen. In einer Szene begutachten sie eifrig plaudernd Sexspielsachen und wirken dabei so unbefangen, als bestellten sie in der Konditorei Kaffee und Kuchen. Am Schluss des 77-minütigen Films sieht man die beiden alten Schachteln kichernd und prustend im Schnee herumkugeln.

Allein für dieses Bild lohnt sich’s, einzuschalten.

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