Machtkampf um NZZ: Etappensieg für Redaktion

Der abgelöste Chefredakteur der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ): Markus Spillmann
Blocher-Vertrauter Somm wird nicht Chefredakteur.

Im politischen Machtkampf um die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) hat die Redaktion des Schweizer Traditionsblattes einen Etappensieg errungen. Markus Somm, Chefredakteur der "Basler Zeitung" und Vertrauter des umstrittenen konservativen SVP-Politikers Christoph Blocher, wird nicht Chefredakteur der NZZ. Die Redaktion der Zeitung hatte massiven Widerstand gegen den geplanten Wechsel Somms angekündigt.

Somm gab dem Verwaltungsrat der NZZ am Montag einen Korb. "Ich bestätige, dass zwischen mir und der Führung der NZZ-Mediengruppe Gespräche stattgefunden haben zum Thema Chefredaktion der Neuen Zürcher Zeitung", so der Chefredakteur der "Basler Zeitung". Nach "reiflicher Überlegung" habe er sich aber entschlossen, Chefredakteur und Verleger der "Baz" zu bleiben.

Strammere Linie

Die Suche nach einem Nachfolger für Markus Spillmann geht damit weiter. Spillmann war vergangenen Woche vom NZZ-Verwaltungsrat abgelöst worden. Der Verwaltungsrat sprach sich zugleich für ein Engagement Somms aus. NZZ-Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod ließ Redaktion und Öffentlichkeit darüber aber im Unklaren. Am Wochenende berichteten Schweizer Medien über einen politischen Machtkampf um die liberale, freisinnige, der FDP nahestehenden Tageszeitung. Jornod wünschte demnach eine strammere politische Linie der NZZ.

Die Redaktion reagierte darauf mit offenem Widerstand. "Einen 'Freisinn blocherscher Prägung' gibt es nicht", war am Wochenende etwa in einem NZZ-Kommentar zu lesen. Die Redaktion der Zeitung wies zugleich auf das Redaktionsstatut hin, wonach sie bei einem Chefredakteurswechsel angehört werden muss. Darüber hinaus sollen mehrere Ressortleiter und Journalisten mit Kündigung gedroht haben, falls Somm zum Chefredakteur bestellt und die NZZ mit ihrer Berichterstattung ins publizistische Lager Blochers getrieben werden sollte.

"Ohne #Somm und #Blochusconi!"

Der scheidende Chefredakteur Spillmann schrieb via Twitter "Liebe Followers: @SpillmannNZZ schweigt - ohne zu geniessen. Bin stolz, dass Red. unbeirrt beste Qualität liefert. Respekt! Weiter so!" Und die Online-NZZ titelte ihre Twitter-Schau mit dem Slogan "Für eine #liberaleNZZ ohne #Somm und #Blochusconi!". Der SVP-Politiker und Unternehmer sah sich am Wochenende zum Dementi veranlasst. Er plane keinen Einstieg bei der NZZ, ließ Blocher wissen, auch eine Kooperation zwischen "Basler Zeitung" und NZZ-Gruppe schloss er aus. Am Montag folgte schließlich die Absage Somms.

Die Suche nach einem neuen NZZ-Chefredakteur geht nun weiter. Am Dienstag tagt der Verwaltungsrat in der Causa mit den Ressortleitern der Redaktion. Bis die Nachfolge Spillmanns definitiv geklärt ist, wird die NZZ interimistisch von den stellvertretenden Chefredakteuren René Zeller, Luzi Bernet und Colette Gradwohl geführt.

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