Lugner am Opernball: "Sie kummt ned"
Titus Hollweg (39) ist Filmemacher, Opernregisseur und bekennender Lugnerfan („Ich lass’ nichts Schlechtes über ihn kommen“.) Im Interview gewährt er einen Blick hinter die Kulissen. ATV strahlt die Opernball-Sendungen mit Lugner heuer am Donnerstag und Freitag (jeweils 19.35 Uhr) aus.
KURIER: Was ist die größte Herausforderung am Opernball-Dreh mit Richard Lugner?
Titus Hollweg: Ich mach das jetzt seit vier Jahren. Nach jedem Opernball sagen alle: nie wieder. Bis zum Herbst, wenn die Planung für den nächsten Opernball beginnt. Es ist wie beim Bundesheer: Man merkt sich nur die lustigen Sachen und dass es fetzige 36 Stunden waren, die blauen Flecken, die einem die anderen Kamerateams zugefügt haben, vergisst man. Prinzipiell bedeutet das für uns wie bei allen anderen Lugner-Geschichten: Dran bleiben, dran bleiben, dran bleiben. Ich traue mich eigentlich nie, ihn aus den Augen zu lassen, weil ich weiß, dann passiert irgendwas.
Und wenn es nur ist, dass er den Zachi Noy und den Larry Hagman begrüßt im Hotel, während er gerade dabei ist, ein Soda-Zitron zu trinken. Und du siehst an seinem Gesicht, dass er sich überlegt, was ist jetzt wichtiger, denen die Hand geben oder das Soda Zitron austrinken? Dann streckt er ihnen die Hand hin, während er zugleich das ganze Soda Zitron auf ex austrinkt.
Rund um Lugners Stargäste herrscht immer furchtbares Gedränge. Sind die Damen von dem Setting überfordert?
Das weiß ich nicht, aber sie benützen es immer als Ausrede, um den Ball früher zu verlassen, frei nach dem Cinderella-Syndrom. Meine Favoritin war Ruby Rubacuori, weil sie ein derartiges Prinzesschen war, und überhaupt nicht gewusst hat, wie sie zu dieser Ehre kommt.
Ja, eh zu recht. Aber sie war wahnsinnig sympathisch und unprätentiös, hat keine Allüren gehabt und der Lugner hat auch extrem auf sie aufgepasst und sie geschützt. Wahrscheinlich, weil sie diesen Mega-Starrummel nicht gewohnt war. Wir versuchen immer, ein kurzes Statement von seinen Gästen zu bekommen, sobald sie ankommen. Und das hat er mir damals verboten: „Die ist jetzt in ihrem Zimmer und hat an Jetlag.“ „Herr Lugner, die kommt aus Mailand, die hat keinen Jetlag.“ Und dann sind wir in einer Pattstellung vor ihrem Hotelzimmer gestanden und er hat darauf gewartet, dass wir gehen. Wir haben aber den längeren Atem gehabt. Er ist früher gegangen und wir haben das Interview gemacht. Als der Lugner das mitgekriegt hat, hat er uns quer durch das Hotel angeschrien.
Mit gut abgeschirmten internationalen Stargästen wie Kim Kardashian haben Sie wahrscheinlich weniger zu tun?
Man probiert’s bei allen erst einmal freundlich. Und dann kommt der Punkt, an dem man frecher wird. Und sich denkt: Entweder ich hab gar nix – oder ich hab sie wenigstens in die Kamera keifend. Die Kim Kardashian zum Beispiel kam ja nicht zu dem Pressetermin, den Lugner immer am Opernball-Abend organisiert, sondern hat sich bei der Hintertür rausgeschlichen und ist zum Figlmüller Schnitzel essen gegangen. Prinzipiell eine coole G’schicht, aber ich hatte echtes Mitleid mit dem Lugner. Er tut mir dann so leid und ist so machtlos. Er resigniert dann. Ruft irgendwen an und beklagt sich: „Sie kummt ned, na, sie kummt ned…“. Früher hat er noch an der Tür geklopft und gesagt: „Please come, se fotos se wait for you, we have se contract“. Das macht er inzwischen auch nicht mehr. Er nimmt es einfach hin und hofft, dass sie zumindest zum Ball kommen.
Wir wird’s heuer?
Von der Publikumsresonanz dasselbe wie immer: die eine Hälfte wird nicht wissen, wer sie ist, die andere Hälfte wird sich um sie reißen. Offenbar ist die Canalis mit der Kardashian ganz gut befreundet und sie hat sich schon vorab erkundigt, wie es letztes Jahr war. Ich weiß nicht, was die Kardashian gesagt hat, aber es wird nicht das Allerbeste gewesen sein.
Sie haben den Lugner-Clan auch schon auf Reisen nach Bali, Rio etc. begleitet. Wie ist die Zusammenarbeit mit ihm?
Schwierig, weil eigentlich alles eine Diskussion ist. Und, weil man – wie beim Opernball – permanent an ihm dran sein muss. Der Lugner weiß, was er für die Kamera macht, er ist ein super Profi, er kann sich super in Rage versetzen, sobald die Kamera läuft – und auch wieder aufhören, wenn wir eine Pause machen. Wir waren einmal, Anfängerfehler, ohne zweites Kamerateam unterwegs. Und mitten in einem Familienstreit war das Band aus. Ich hab dann einfach reingerufen: Kurz Stopp. Die haben sich alle hingesetzt, 20 Sekunden geschwiegen – und dann genau dort weiter gesprochen, wo wir aufgehört haben. Ich hab einen Lachkrampf gekriegt.
Was macht die Lugners zu so guten Fernsehfiguren?
Dass ihnen eigentlich alles wurscht ist. Und dass die ganz authentisch und ehrlich zu sich stehen.
Ist er ein Kontrollfreak, mischt er sich ein in die Darstellung?
Nur bei der Quote. Nach jeder Sendung ruft er alle möglichen Leute an und erkundigt sich. Manchmal gibt es Sendungen, die nicht ganz so gut laufen, dann ist er ein bisschen geknickt und man muss es ihm erklären. Aber das ist das Einzige, was ihn interessiert. Wenn man bei ihm im Büro dreht und es ihm zu fad oder zu viel wird oder er eine Abwechslung braucht, nimmt er ein Bad in der Menge. Dann geht er in der Lugner-City eine Runde, lässt sich von fünf Leuten fotografieren, spricht mit Kunden und dann geht es ihm wieder besser.
Welche Eigenschaften braucht man als Lugner-Redakteur?
Der Opernball und auch die Reisen, das sind Phasen, wo wir 24 Stunden konzentriert durcharbeiten. Man muss permanent dran sein. Der Lugner ist jemand, der für jeden Blödsinn zu haben ist, aber er macht es halt auch nur einmal. Ich war als Kind Sängerknabe und vier Monate auf Amerika-Tournee und hab’ vom Land Amerika fast genau so wenig gesehen, wie bei einer Lugner-Reise. Weil man sich nur fokussiert. Man pickt an denen dran und saugt.
Sie verwenden in den Sendungen auch bösartige Formulierungen. Das ist erlaubt?
Nein, aber es ist noch nichts passiert.
Wie würden Sie die Tonalität beschreiben? Liebevolle Ironie?
Das trifft’s ganz gut. Das macht aber vor keinem Thema Halt. Auch vor Finanziellem nicht und dass der Lugner manchmal ein sieriger Hund ist, der dem balinesischen Schachbrettverkäufer auf der Straße das letzte Hemd auszieht, wenn er ihn auf zwei Euro runterhandelt für ein handgemachtes Schachbrett, das nimmt man alles mit. Der Lugner lässt das auch zu. Er hat überhaupt kein Problem damit. Er sagt dann: Das ist doch guat, die Leit miassn lachn. Er will das. Dann muss aber die Quote stimmen am nächsten Tag. Wenn nicht, fragt er: Hat des sein miassn?
Wie stehen Sie zu Richard Lugner?
Ich bin ein echter Fan. Ich weiß nicht alles von ihm, aber das muss man auch nicht, glaube ich. Ich lass nicht Schlechtes über ihn kommen, weil ich ihn wirklich schätze mit all seinen chaotischen und wahnsinnigen Ansätze.
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