Horst Seehofer lehnt Einladung zum ZDF-Jahresrückblick ab

Der CSU-Chef wolle "ein Geschmäckle" wie beim Interview zwischen ZDF-Moderatorin Marietta Slomka und SPD-Chef Sigmar Gabriel vermeiden, heißt es aus CSU-Kreisen.

CSU-Chef Horst Seehofer hat eine Einladung zum ZDF-Jahresrückblick mit Moderator Markus Lanz abgelehnt. Hintergrund ist nach Informationen des Donaukuriers der Streit um das Interview zwischen ZDF-Moderatorin Marietta Slomka und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Seehofer hatte Slomka kritisiert und sich schriftlich an ZDF-Intendant Thomas Bellut gewandt. Dem CSU-Chef war daraufhin politische Einflussnahme vorgeworfen worden, weil er auch im Verwaltungsrat des Senders sitzt.

In CSU-Kreisen heißt es dem Bericht zufolge, Seehofer verzichte auf den Auftritt, um „ein Geschmäckle“ zu vermeiden. Er wolle sich vor diesem Hintergrund nicht in einer ZDF-Sendung „feiern lassen“. Ein ZDF-Sprecher bestätigte dem Donaukurier die Absage.

In der Sendung sollte es um Seehofers erfolgreiches Abschneiden bei der Landtags- und Bundestagswahl gehen. „Dass Gäste auch mal absagen, ist nicht unüblich und gehört zum Tagesgeschäft“, sagte der Sprecher.

Slomka hatte in dem Interview am vergangenen Donnerstag verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Mitgliederentscheid der SPD über den Koalitionsvertrag geäußert. Gabriel wies diese Einwände empört zurück und warf der Moderatorin Parteilichkeit vor.

Was in Österreich die Pressestunde mit Heinz-Christian Strache von vergangenem Sonntag, ist in Deutschland derzeit das Interview zwischen Sigmar Gabriel und ZDF-Moderatorin Marietta Slomka. Bei einer Liveschaltung im Heute Journal am Donnerstagabend geriet die Diskussion zunehmend außer Kontrolle, bis Gabriel diese mit den Worten abwürgte: "Tun Sie mir einen Gefallen, und lassen Sie uns diesen Quatsch beenden!"

Der Grund für diesen öffentlichen Streit: Moderatorin Slomka hatte die Verfassungsmäßigkeit des SPD-Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag mit der Union in Zweifel gezogen und Gabriel gefragt, ob es nicht zukünftig zwei Klassen von Wählern gebe, wenn das SPD-Beispiel Schule mache. Auf der einen Seite die etwa 62 Millionen Wahlberechtigten, die über die Zusammensetzung des Bundestags entscheiden, auf der anderen Seite 470.000 SPD-Parteimitglieder, die darüber befinden, welche Koalition künftig regieren werde.

ZDF parteilich, Gabriel gereizt

Eigentlich konnte Gabriel das Argument problemlos entkräften, schließlich würden andere Parteien im "Hinterzimmer" nichts anderes machen. Als Slomka aber weiterbohrte, folgte die doch sehr patzige Antwort Gabriels: "Das ist Blödsinn." Damit nicht genug, fügte der SPD-Parteivorsitzende noch im Hinblick auf die vermeintliche Voreingenommenheit der Moderatorin hinzu: "Es ist ja nicht das erste Mal, dass Sie im Interview mit Sozialdemokraten nichts anderes versuchen, als uns das Wort im Mund umzudrehen." Slomka dazu: "Herr Gabriel, Sie werden mir jetzt bitte nichts unterstellen!"

Die Auseinandersetzung erregt in Deutschland derzeit die Gemüter. Das ZDF sei parteilich, Gabriel dünnhäutig und gereizt, so die Reaktionen deutscher Medien und im Netz. Slomka hätte zum Ende des Geprächs ihre gewohnte Professionalität vermissen lassen, urteilt die Süddeutsche. Keine Spur von einem sachlichen Gespräch, befindet der Spiegel.

Seehofer bricht Lanze für Gabriel

Unterstützung für Gabriel kommt am Freitag von eher ungewöhnlicher Seite: Neo-Koalitionspartner Horst Seehofer, seines Zeichens CSU-Chef, hat wegen des Interviews ein Schreiben an ZDF-Intendant Thomas Bellut verfasst, berichtet der Spiegel. Gabriel sei in dem Interview wie "ein Schulbub" hingestellt worden, der sich keine Gedanken über die Verfassung mache, so Seehofer. "Ich wehre mich gegen die Qualität der Diskussion", so der bayerische Ministerpräsident.

Der Sender selbst rechtfertigte das Interview in einer Aussendung. Anne Reidt, Redaktionsleiterin des Heute Journals, ließ wissen, dass „argumentativer Schlagabtausch und Verbalgefecht Instrumente des politischen Journalismus" seien.

Hier können Sie die komplette Sendung nachsehen, das Interview beginnt nach sieben Minuten.

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