Herausgeber von Welt, im Spiegel seiner früheren Assistentin

Der Gründer des Spiegel, Rudolf Augstein (1923–2002)
Spiegel-Gründer Rudolf Augstein war legendär. Begleitet wurde er drei Jahrzehnte lang von einer bemerkenswerten Frau.

Das private Glück des Rudolf Augstein war nicht sehr nachhaltig: Fünf Ehen durchlebte der Gründer der wichtigsten politischen Zeitschrift der Nachkriegs-BRD, dem Spiegel. Als Journalist, Verleger und gesellschaftliches Korrektiv wirkte er unbesiegbar (und war es über weite Strecken wohl auch). Das lag unter anderem an einer sehr ungewöhnlichen Beziehung zu einer Frau, die ihm drei Jahrzehnte zur Seite stehen sollte: Lebensmensch Irma Nelles begann als Sekretärin im Spiegel und brachte es zur Büroleiterin des gefürchteten Herausgebers. Ihre persönlichen Erinnerungen an diese Zeit schrieb die bemerkenswerte Frau auf und veröffentlichte ein Stück Gesellschaftsgeschichte.

Das liberale Milieu, in dem die damals 26-Jährige im Jahr 1973 anheuert, wirkt aus heutiger Sicht stockkonservativ: Die Sekretärinnen sind Dienstboten, die möglichst fesch zu sein haben und dabei noch arbeitswillig. Allein: Für die junge Frau, die sich ohne die damals notwendige Erlaubnis des Ehemanns in die neue Arbeitsstelle verirrt, ist allein das schon ein unerhörter Schritt. Der Mann lässt sich empört scheiden – auch so können die "guten alten" Zeiten klingen. Der notorische Schwerenöter Augstein will Nelles bald unschicklich nahekommen, was sie entschlossen verweigert. Und es passiert das Wunderbare: Die beiden begründen damit eine vertraute Arbeitsbeziehung, die seitenweise filmreif wirkt. Ein lesenswertes Buch. Nicht nur für Augstein-Fans.

Info:

Irma Nelles:
„Der Herausgeber – Erinnerungen an Rudolf Augstein
Aufbau-Verlag.
320 Seiten.
23,60 Euro

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