Cannes Lions: Die Kreativen brüllten zum 60. Mal

Österreichs Werber holten beim wichtigsten internationalen Werbepreis zwei Silberne Löwen. Jury-Mitglied David Petermann zieht Bilanz.

Sie sind so etwas wie die "Oscars" der Werbe- und Kommunikationsbranche: Die Cannes Lions, die seit 1954 alljährlich die Côte d'Azur zum Kreativ-Mekka machen. Vergangenes Wochenende ging das große Schaulaufen der Ideen und Umsetzungen zum 60. Mal ins Finale. Österreichische Agenturen holten insgesamt sieben Shortlistplätze, zwei Agenturen konnten diese in Silberne Löwen ummünzen.

Ogilvy & Mather Wien reüssierte mit dem Video "The Stratos Jump 1:350“ für die Modellbaumesse im Auftrag von Reed Exhibitions in der Kategorie Branded Content & Entertainment. Dabei wurde Felix Baumgartners Stratosphären-Sprung mit Lego-Figuren nachgestellt. Weiters konnte die Wiener Agentur Shortlistnominierungen in den Kategorien Direct, Promo & Activation und Outdoor verzeichnen.

Davor ging der erste Silberne "Outdoor"-Löwe an DDB Tribal Wien - sie überzeugten die Jury mit ihren morgendlichen Weltverschwörungs-Sujets „Pullover“, „Tie“ und „Shoelaces“ für das „Easy Morning Breakfast“ von und im Auftrag von McDonald’s Österreich.

Cannes Lions: Die Kreativen brüllten zum 60. Mal
Insgesamt zeigten sich Österreichs Werber mit insgesamt 131 Einreichungen im Vergleich zu anderen Ländern zurückhaltend. Denn die Cannes Lions konnten dieses Jahr einen Rekord von knapp 36.000 Einreichungen aus 92 Ländern verzeichnen. Das Festival verzeichnete ein Plus von 4,2 Prozent bei den eingereichten Projekten, was gleichzeitig im fünften Jahr hintereinander einen Anstieg bedeutet. Unter den 16 Kategorien befand sich mit den "Innovation Lions" auch eine neue Sparte.

Sicherheitskampagne mit lustigem YouTube-Video räumt ab

Großer Gewinner der 60. Cannes Lions war die "Dumb Ways to Die"-Kampagne von McCann Melbourne für Metro Train. Fünf Grand Prix (PR, Direct, Radio, Film, Integrated) gingen an die Australier, was die witzige Sicherheitskampagne zur erfolgreichsten in der Geschichte des Festivals macht. Das Video mit auf skurrilste Weise zu Tode kommenden Comicfiguren wurde auf YouTube bereits über fünfzig Millionen Mal aufgerufen.

Erfolgreichste Mediaagentur der Cannes Lions wurde zum dritten Mal in Folge das internationale Agenturnetzwerk OMD. In diesem Jahr hat sich OMD insgesamt zehn Media-Lions gesichert, darunter waren zwei Mal Gold, vier Mal Silber und vier Mal Bronze, ein goldener Award in der Kategorie "Creative Effectiveness" sowie der Grand Prix in der Kategorie "Press".

INFO: Alle Gewinner & Shortlists der Cannes Lions 2013: www.canneslions.com

Österreich war dieses Jahr mit drei Juroren bei den Cannes Lions vertreten. Der Kreative Phil Hewson von Draftfcb wirkte an den Entscheidung der "Direct"-Jury mit, Susanne Koll, CEO bei OmnicomMediaGroup Austria, jurierte in der Kategorie "Media". In der Kategorie "Cyber" saß David Petermann, Executive Creative Director bei Wunderman PXP. Wir haben Petermann nach dem Festival zu seinen Erkenntnissen befragt.

KURIER: Es gab dieses Jahr einen Rekord an Einreichungen. Welchen Grund sehen Sie dafür und wie korreliert das mit der hartnäckigen Finanzkrise?
Über die weltweite wirtschaftliche Verfassung der Branche kann ich nur wenig sagen. Die Einreichungen steigen in den letzten Jahren relativ kontinuierlich um rund vier Prozent. Scheinbar befolgt die Branche das, was sie auch gern ihren Kunden predigt: Auch in schwierigen Zeiten offensiv zu agieren und zu kommunizieren.

Wie beurteilen Sie das Abschneiden der österreichischen Agenturen? Es gab zwei Silberne Löwen, insgesamt weniger Einreichungen . . .
Das spricht für sich selbst. Die Kreativität bzw. kreative Arbeiten sind meiner Meinung nach ausreichend vorhanden. Einreichen ist jedoch ein ganz eigenes Business, das einiger Ressourcen bedarf. Geringere Gesamtbudgets einerseits und teilweise missverständliche Umverteilungsschwerpunkte in Richtung Media sind da nicht gerade förderlich.

Welche generellen Trends konnten Sie in Cannes beobachten? Werden die Agenturen bzw. die Kunden wieder mutiger, auch was Kreativität betrifft?
Allgemein: Die ganz großen Überraschungen und Innovationen blieben aus meiner Sicht aus. Die Kommunikationskanäle und -möglichkeiten werden immer vielfältiger. Die Kreativität findet man hauptsächlich im lustvollen Spielen mit den neuen Möglichkeiten.

Und wie sieht Ihre Detailsicht der Trends aus?
The product is the message: Immer öfter werden Zusatzservices oder -produkte als Kommunikationstool verwendet. Das bedingt somit: Immer stärkere Vernetzung zwischen Brand und Zielgruppe oder anders gesagt: Stärkere Bindung des Konsumenten an die Marke.

Und: Kommunizieren auf Augenhöhe. Immer öfter tritt die Marke mit ihren Konsumenten in einen Dialog, der nicht rein "Hardselling"-getrieben ist.

Sie waren im Bereich "Cyber" als Juror tätig. Welche Trends und Zukunftschancen konnten Sie im Bereich New Media beobachten?
Die Grenzen zwischen „Above-the-Line“ und „Below-the-Line“ verschwimmen zusehends. "Klassische" Imagewerbung bedient sich immer stärker der interaktiven, dialogorientierten "New Media"-Kanäle. New Media, Social Media ist nicht länger für "Hardselling, die nichts kostet"-Werbung reserviert. Gerade die beiden Cyber-Grand Prix Winner beweisen eindrucksvoll, wie Imagewerbung 2013 funktioniert.

INFO: In Der Kategorie "Cyber" gewannen im Bereich "Digitally Led Integrated Design" Pereira & O'Dell San Francisco mit der Kampagne "The Beauty Inside" für Intel und Toshiba. Im Bereich "Viral Advertising" ging der Grand Prix ebenfalls nach Amerika: Draftfcb New York konnten mit der Kampagne "Oreo Daily Twist" für Mondelez International überzeugen.

Kreativer
David Petermann kam, nach Stationen bei großen Wiener Kreativagenturen wie DraftFCB und Publicis und ersten Awards wie Columbus, Golden
Drum und Veneri, 2010 zu Wunderman PXP, wo er als Executive Creative Director für den Gewinn nationaler und internationaler Awards mitverantwortlich zeichnete. Für die Cannes Lions 2013 wurde Petermann als Jury-Mitglied in der Kategorie „Cyber“ ausgewählt. Die hochkarätig besetzte Jury wurde von R/GA-Gründer Bob Greenberg geleitet.

Agentur
Wunderman PXP entwickelt integrierte Kommunikationslösungen für nationale und internationale Kunden. Wunderman – 1958 von Lester Wunderman in New York gegründet – ist mit mehr als 150 Niederlassungen in 55 Ländern das weltweit größte Direct- und Digital-Marketing-Netzwerk. Das Agentur-Netzwerk gehört zur WPP Gruppe.

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