50 Jahre "Spiegel"-Affäre

Vor fünfzig Jahren, am 8. Oktober 1962, veröffentlichte das Nachrichtenmagazin "Spiegel" eine brisante Titelgeschichte und löste damit die "Spiegel-Affäre" aus.

Es ist genau 50 Jahre her: Am 8. Oktober 1962 erschien das Hamburger Nachrichtenmagazin Spiegel mit einer brisanten Titelgeschichte. Der Autor, Conny Ahlers, deckt darin auf, dass die BRD für einen Atomkrieg in Mitteleuropa nicht gewappnet und auf die Unterstützung der USA angewiesen wäre.

Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß schäumte vor Wut und holte zum Schlag gegen das Magazin aus. Am Abend des 26. Oktober 1962 – ein Freitagabend, Hauptproduktionszeit – wurden die Redaktionsräume gefilzt, Schreibtische ausgeräumt und Archive versiegelt. Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein und sechs weitere Mitarbeiter wurden verhaftet. Der Vorwurf: Landesverrat.

Eine Fehleinschätzung, wie bald klar wurde. Augstein wurde nach 103 Tagen als strahlender Sieger aus der Untersuchungshaft entlassen – und Strauß hatte sich der Amtsanmaßung und Freiheitsberaubung schuldig gemacht, wie die Bonner Staatsanwaltschaft später feststellen sollte. Die Bundesregierung von Kanzler Konrad Adenauer geriet in Bedrängnis, Verteidigungsminister Strauß verlor sein Amt.

Die sogenannte Spiegel-Affäre wertete Aug­steins 1947 gegründetes Magazin ungeheuer auf – Augstein (2002) selbst wurde nach Einschätzung des deutschen Historikers Hans-Ulrich Wehler zum "ungekrönten König der deutschen Medien"– und läutete einen gesellschaftlichen Wandel ein. So gingen Professoren und Studenten erstmals gemeinsam auf die Straßen, um gegen die Verhaftung der Journalisten und für die Pressefreiheit zu demonstrieren. "Spiegel tot – Freiheit tot" lautete eine ihrer Parolen.

Ein Vorgeschmack auf die 68er. Und ein entscheidender Beitrag zur Etablierung einer vierten Staatsgewalt in Deutschland.

Schwache Wurzeln

"Es ging um die junge Pflanze der Demokratie, die 17 Jahre nach Kriegsende noch ziemlich schwache Wurzeln hatte, " sagte der heutige Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo jüngst bei einer Konferenz. Und Rudolf Augstein zeigte sich in einer TV-Dokumentation rückblickend überzeugt: "Sie wollten den Spiegelerledigen – für immer."

Wie eindrucksvoll es "ihnen" nicht gelungen ist, zeigt die Tatsache, dass die Spiegel-Affäre noch 50 Jahre danach ein Thema ist. Deutsche Spartensender wie Phoenix und ZDF Info zeigen dazu in den nächsten Wochen mehrere Dokumentationen.

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