Athen: Regierungssuche vor dem Aus

Athen: Regierungssuche vor dem Aus
Die radikale SYRIZA lehnt einen Eintritt in die Regierung ab. Nun ist Staatspräsident Papoulias am Wort.

Den Sparpakt hat das Volk verurteilt und keine Regierung darf ihn fortsetzen." Alexis Tsipras, Chef der griechischen Radikallinken (SYRIZA), ließ auch Freitag Abend keinen Zweifel daran, wie er zu einer gemeinsamen Regierung mit den einstigen Großparteien PASOK und Nea Dimokratia steht: Nämlich frontal dagegen. SYRIZA, die sich bei den Wahlen zur zweit stärksten Partei des Landes katapultiert hatte, bleibt bei ihrem Nein zu jeder Beteiligung an einer Pro-Sparprogramm-Regierung.

Damit sind fünf Tage nach dem Urnengang in Griechenland alle Versuche gescheitert, eine tragfähige Regierung zu bilden. Neuwahlen stehen ins Haus. Zunächst aber wird Staatspräsident Karolos Papoulias spätestens am Montag in Athen eine Sitzung aller Parteivorsitzenden einberufen und nochmals eine Koalition anmahnen. Doch seine Chancen sind minimal, ein neuerlicher Urnengang dürfte für den 17. Juni angesetzt werden.

Favorit

Als absoluter Favorit geht dabei SYRIZA-Chef Tsipras ins Rennen. Laut jüngsten Umfragen könnte der Shootingstar der extremen Linken bis zu 27 Prozent der Stimmen einfahren und damit stärkste Kraft im Land werden. Mit seinem kategorischen Nein zu jedem weiteren Sparkurs im Pleitestaat gibt der frühere Kommunist Tsipras vielen Griechen das Gefühl, moralisch im Recht zu sein.

Tsipras hatte im Wahlkampf ein "Rückzahlungsmoratorium" für griechische Schulden angekündigt – und damit einen sensationellen Wahlerfolg eingefahren. Er will zudem überprüfen lassen, ob die griechischen Schulden überhaupt rechtmäßig sind und das Sparen sofort einstellen, um eine "humanitäre Katastrophe" abzuwenden. Die Banken will er unter staatliche Kontrolle stellen lassen und im Staatsdienst mehr Menschen beschäftigen, um so die hohe Arbeitslosigkeit zu senken. Ob das Wahlergebnis eines zweiten Urnengangs eine Regierungsbildung ermöglicht, ist indessen völlig offen. Sowohl die sozialistische PASOK als auch die Konservativen könnten erneut und teilweise noch bitterer abgestraft werden.

Gewaltiger Druck

Viele der Protestwähler vom vergangenen Sonntag haben bereits angekündigt, auch beim nächsten Mal nicht anders zu stimmen. Nur die neo-faschistische "Goldene Morgenröte" könnte laut Umfragen weniger Stimmen (zuletzt sieben Prozent) erhalten. Der internationale Druck auf Griechenlands Politiker ist jedenfalls gewaltig. Mit einer Regierung, die den Sparkurs nicht fortsetzen will, scheint eine Zusammenarbeit mit Brüssel extrem schwierig.

Die wirtschaftlichen Indikatoren zeigen für Griechenland indes immer weiter nach unten: Wegen der nicht und nicht in die Gänge kommenden Wirtschaft werden sich die Schulden des Landes nächstes Jahr auf 168 Prozent erhöhen. Das Budgetdefizit wird von heuer prognostizierten 7,3 Prozent auf 8,4 Prozent im Jahr 2013 steigen, heißt es in einem Bericht der Europäischen Kommission.

Nur 2,5 Milliarden Euro hat der Pleitestaat noch in der Kassa. Kommt kein frisches Hilfsgeld aus der EU dazu, ist Griechenland spätestens im Juli zahlungsunfähig.

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