Argentinien zu Gesprächen mit "Aasgeiern" bereit
Der argentinische Wirtschaftsminister Axel Kicillof hat sich nach dem Abrutschen des Landes in die Staatspleite zu weiteren Gesprächen mit den Gläubigern bereiterklärt. Man stehe für ein Treffen mit den Hedgefonds zur Verfügung, sagte Kicillof am Donnerstag in Buenos Aires. Seine Regierung sei nicht grundsätzlich gegen eine Einigung mit den privaten Anlegern, beteuerte der Minister.
Kicillof bestreitet Zahlungsunfähigkeit
Die Voraussetzungen seien gegeben. Einzelheiten nannte er nicht. Kicillof bestritt zugleich abermals, dass die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas nach Brasilien und Mexiko zahlungsunfähig sei.
"Wir leben in einer zutiefst ungerechten und zutiefst gewaltsamen Welt", Präsidentin Cristina Kirchner
Kirchner verglich die Forderungen der Hedgefonds NML Capital und Aurelius mit "Raketen in einem Krieg", da "finanzielle Raketen ebenfalls töten". Sie forderte ihre Landsleute auf, "ruhig zu bleiben". Argentinien werde alle Rechtsmittel ausschöpfen.
Geld liegt auf Treuhandkonto
Zwölf Jahre nach der Insolvenz 2002 rutschte das südamerikanische Land erneut in die Staatspleite, nachdem es im Rechtsstreit mit klagenden Hedgefonds in New York die fristgerechte Auszahlung von 1,33 Mrd. Dollar (rund 994 Mio. Euro) samt Zinsen verweigert hatte. Statt dessen wurde die fällige Summe auf einem Treuhandkonto bei der Bank of New York hinterlegt. Richter Thomas Griesa ordnete daraufhin an, dass vorerst alle übrigen Gläubiger nicht ausbezahlt werden dürfen, die bei Schuldenschnitten auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichtet hatten. Für Freitag setzte Griesa im Schuldenstreit eine neue Anhörung um 17 Uhr (MESZ) in New York an.
Wie die Thomson-Reuters-Tochter IFR unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, könnten internationale Banken den Fonds die Schulden abkaufen, um der drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas beizustehen. In der argentinischen Zeitung "Ambito" wurden als Interessenten JP Morgan, Citigroup und HSBC genannt.
Rating gefärdet
Auch die US-Ratingagentur Fitch senkte die Bonitätsnote Argentiniens. Die Agentur stufte das südamerikanische Land nun als "partiellen Zahlungsausfall" ein. S&P hatte Argentinien bereits am Mittwoch als teilweisen Zahlungsausfall bewertet. Moody's versah den Ausblick des Landes mit einem negativen Vorzeichen. Damit droht Argentinien eine Herabstufung.
Argentinien ist die zweitgrößte Wirtschaft Südamerikas, mit großem Abstand hinter Brasilien.
Mit seinen 41,5 Millionen Einwohnern kommt das Land auf eine Wirtschaftsleistung von 488 Mrd. Dollar bzw. 364,15 Mrd. Euro (2013). Das Land exportierte zuletzt Waren für 81,7 Mrd. Dollar (Soja nach China, Fahrzeuge nach Brasilien) und importierte für 73,7 Mrd. (Energieträger, Fahrzeuge aus Brasilien).
Argentinien hat schon mehrere Staatspleiten hinter sich, die erste war 1828, die bisher größte 2001. Die Staatsschuld mit privaten Gläubigern entspricht heute nur 12,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (2002: 124,1 Prozent).
23. Dezember 2001: Argentinien erklärt sich für zahlungsunfähig. Damit nimmt die bisher größte Staatspleite der zeitgenössischen Geschichte ihren Lauf.
3. März 2005: Erste Umschuldung: Für 76 Prozent der ausstehenden Forderungen gibt es einen Schuldenschnitt.
3. Jänner 2006: Argentinien zahlt dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die gesamten Anleihe-Schulden von 9,5 Mrd. Dollar (aktuell 7 Mrd. Euro) zurück.
23. Juni 2010: Zweite Umschuldung: Damit sind 92,4 Prozent der ausstehenden Schulden mit erheblichen Verlusten für die Anleger umstrukturiert.
22. November 2012: Der New Yorker Richter Thomas Griesa verurteilt Argentinien, bis zum 15. Dezember 1,3 Mrd. Dollar plus Zinsen an die Hedgefonds NML Capital und Aurelius für Anleihen zu zahlen.
29. Mai 2014: Argentinien einigt sich mit den staatlichen Gläubigern ("Pariser Club") auf die Rückzahlung von 7,2 Mrd. Dollar.
16. Juni 2014: Argentinien scheitert mit einer Berufung vor dem Obersten Gerichtshof der USA. Damit steht Griesas Urteil.
30. Juni 2014: Weil Griesa Argentinien untersagt, andere Anleihen zu bedienen, bis die Schulden bei den Hedgefonds beglichen sind, kann das Land Zinsen nicht bezahlen.
30. Juli 2014: Argentinien schafft es nicht, sich innerhalb der dreißigtägigen Frist mit den Hedgefonds zu einigen. Damit befindet sich Argentinien "technisch" erneut in einer Staatspleite.
Kommentare