Apple-Steuern: Klage gegen Milliarden-Nachzahlung an EU

Apple schlägt zurück.
EU will den Steuervorteil zurück, den Apple in Irland erhalten hat. Der Konzern kontert: Das Geld sei dort nur geparkt und müsse eigentlich in den USA versteuert werden.

Apple greift die milliardenschwere Steuernachzahlung in Irland in seiner Klage beim EU-Gericht auf breiter Front an. In den erstmals veröffentlichten Informationen zur Klageschrift listet der iPhone-Konzern 14 Gründe für den Gang vor Gericht auf.

So habe die EU-Kommission unter anderem das irische Recht nicht richtig ausgelegt und Fehler bei der Bewertung der Tätigkeit von Apple gemacht. Weiters habe sie "keine sorgfältige und unparteiische Untersuchung durchgeführt".

Apple will erreichen, dass die Entscheidung der Kommission, wonach der Konzern in Irland 13 Mrd. Euro an Steuern plus eventuelle Zinsen nachzahlen muss, annulliert wird.

Unerlaubte Beihilfe

Die Brüsseler Wettbewerbsaufsicht hatte nach jahrelanger Prüfung Ende August befunden, dass die Steuervereinbarungen von Apple in Irland eine unerlaubte staatliche Beihilfe darstellen. Apple habe deutlich weniger als den für alle geltenden Satz von 12,5 Prozent gezahlt. Grund dafür war demnach unter anderem, dass das Land den Konzern als Arbeitgeber gewinnen wollte. Apple wickelt in Irland über Tochterfirmen große Teile seines internationalen Geschäfts ab.

Der Konzern kontert, dass das Geld eigentlich in den USA zu versteuern sei und in Irland nur bis dahin aufbewahrt werde. Auch habe Apple in dem Land keine Vergünstigungen erhalten, die nicht für andere Unternehmen verfügbar gewesen wären.

Der Gag kam bei den Gästen aus Europa gar nicht gut an. "Ich hatte immer gedacht, Apple wäre ein kalifornisches Unternehmen", scherzte Jerry Brown, Governor des US-Bundesstaates: "Gemessen an den Steuern, die es zahlt, muss es aber irisch sein." Irlands Premier Enda Kenny, der bei der Investorenkonferenz in San Francisco 2014 dabei war, soll das Gesicht eingeschlafen sein, wird erzählt.

Seit Montag ist der Steuerstreit, der die EU, USA und Irland seit etlichen Jahren beschäftigt, um eine weitere Episode reicher. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum dreht sich dieser Streit genau?

Um die Frage, wo internationale Konzerne ihre Unternehmenssteuer bezahlen. Die EU-Kommission wirft Apple vor, dank eines Sonderdeals mit der irischen Regierung jahrelang viel zu wenig Steuern gezahlt zu haben – 2014 effektiv nur 0,005 Prozent. Das sei eine unerlaubte Beihilfe und Wettbewerbsverzerrung, deshalb müsse der US-Konzern den Iren 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen. Am Montag veröffentlichte die Kommission ihre 130 Seiten lange Entscheidung zum Fall Irland-Apple (siehe hier). Apple hat dieses Geld übrigens auf einem Sperrkonto geparkt und am Montag seinen Einspruch vor dem Gericht der EU angekündigt.

Warum stehen gerade den Iren 13 Mrd. Euro zu?

In Irland befindet sich eine Apple-Zentrale, bei der die europäischen Verkaufsumsätze gebündelt werden. Nach irischem Recht ist das quasi eine staatenlose Firma. Die Iren forderten nur Mini-Steuern auf jene Gewinne, die mit dem Verkauf von iPhone & Co. auf der Insel selbst anfielen. Zu Unrecht, fand EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Die 13 Milliarden Euro klingen wie ein Jackpot für jeden Finanzminister. Warum wollen die Iren das Geld nicht?

Auch die Iren klagen vor dem EU-Gericht. Sie werfen Brüssel vor, sich unzulässig in ihre Steuerhoheit einzumischen und irisches Recht falsch verstanden zu haben (siehe hier). Niedrige Steuern und günstige "Deals" sind für die Iren nämlich ein Mittel, um Firmen auf die Grüne Insel zu locken: Man rühmt sich, so 1300 Tochterfirmen geholt zu haben. Apple etwa ist seit 1980 in Cork tätig und beschäftigt mehr als 6000 irische Mitarbeiter. Nach dem EU-Austritt der Briten (Brexit) hoffen die Iren auf einen weiteren Boom an Neuansiedlungen. Obendrein haben sie Angst, dass sich Apple schadlos an ihnen halten und sie auf der Rechnung sitzen bleiben könnten. Schließlich gab es klare Vereinbarungen mit den irischen Behörden.

Was sagt Apple dazu?

Apple-Chef Tim Cook hatte in seiner ersten Reaktion im Spätsommer von "politischem Mist" gesprochen. Apple verweist darauf, dass man im abgelaufenen Jahr ja ohnehin weltweit 10,4 Mrd. Dollar Steuern abgeführt habe. Und die von der EU beanspruchten Auslandsgewinne seien in Wahrheit in den USA steuerpflichtig. Dort gibt es aber eine Besonderheit: Die Steuer fällt erst an, wenn das Geld ins Land (die USA) zurückgebracht wird. Deshalb bunkert allein Apple gut 200 Milliarden Dollar an Übersee-Gewinnen auf Auslandskonten. Für alle US-Konzerne sind es geschätzte 2600 Milliarden Dollar (!), die dem US-Fiskus vorenthalten werden.

Und wem steht das Geld wirklich zu?

Darum schwelt seit Jahrzehnten ein Streit zwischen den USA und der EU, der nun erneut hochkocht. Neben Apple hat Vestager weitere US-Firmen wie Google, Amazon, Starbucks oder McDonald’s (aber auch europäische wie Fiat) ins Visier genommen. Der amerikanische Finanzminister warf der EU vor, sich an US-Steuergeld bedienen zu wollen. Und der designierte Präsident Donald Trump hat angekündigt, die Auslands-Milliarden mit Steuerrabatten – 10 statt 35 Prozent – in die USA zurücklocken zu wollen.

Steht Österreich von den 13 Milliarden etwas zu?

Die Grünen mutmaßten, dass Apple in Österreich in zehn Jahren "weit über eine Milliarde Euro" Umsatz erzielt habe - das war Inhalt einer parlamentarischen Anfrage. Solange Konzerne ihre Verkäufe nicht Land für Land offenlegen müssen, lässt sich darüber aber nur spekulieren. Laut Firmenbuch hat Apple in Österreich nur eine kleine GmbH mit weniger als zehn Millionen Umsatz. Das Finanzministerium äußert sich zu konkreten Fällen nicht – man prüfe immer, ob Abgabenansprüche entstehen. Bei der EU-Kommission wurde angeblich schon im September vorgefühlt. Seit Juni kümmert sich zudem eine neue Einheit "Verrechnungspreiskontrolle" (sechs Experten der Großbetriebsprüfung) um Fälle, wo Konzerne Gewinne in Steueroasen verschieben.

Warum fällt nicht dort die Steuerlast an, wo die Unternehmen ihre Gewinne erzielen?

So wäre es an sich geplant. Das kann sich aber auch rächen. "Konsequent zu Ende gedacht haben mit so einer Lieferbesteuerung alle Exportländer ein Problem", sagt Steuerexperte Gottfried Schellmann zum KURIER. "Dann müsste Rosenbauer, wenn es ein Löschfahrzeug nach Burundi liefert, dort die Steuern abliefern."

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