Industrie warnt vor zu strengen EU-Klimazielen

WKO-Chef Leitl: Strompreise in den USA halb so hoch.
Sollte die EU den CO2-Ausstoß noch weiter drosseln wollen, drohe Abwanderung.

Einen dramatischen Wettbewerbsnachteil befürchten Österreichs Industrieunternehmen, sollte die EU eine weitere Kohlendioxid-Reduktion verlangen. Tatsächlich könnte der Rat der Europäischen Union bei seinem Treffen am 23. und 24. Oktober die Verringerung des CO2-Ausstoßes bis 2030 um 40 Prozent unter dem Niveau von 1990 festlegen. Dann aber drohe eine weitere Abwanderung der energieintensiven Industrie: Das war der Tenor der Experten in der Podiumsdiskussion zum Thema "Gefährdet die EU-Klima- und Energiepolitik die Industrie?" bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen.

Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, befürchtet, dass weitere heimische Unternehmen dem Weg der voestalpine folgen könnten, die wegen der zu hohen Energiepreise in Europa ein Werk nach Texas auslagerte. "In den USA sind die Gaspreise nur ein Drittel so hoch wie in Europa, die Strompreise halb so hoch", nannte Leitl den Beweggrund der voestalpine.

Nicht wettbewerbsfähig

Zu strenge Vorgaben für den Klimaschutz würden Energie in Europa zu teuer machen. Für bestimmte Industriezweige wie etwa die Zementbranche sei eine weitere Verringerung des CO2-Ausstoßes gar nicht möglich.

"Der Großteil unserer Kohlendioxidemissionen entsteht im Produktionsprozess, weil wir zur Zementproduktion Kalk brennen müssen", erklärt Erich Frommwald, Geschäftsführer der Kirchdorfer Zementwerk Hofmann GesmbH. Zusätzliche Kosten – etwa durch den Kauf von CO2-Zertifikaten – würden den Zement aus Kirchdorf nicht mehr wettbewerbsfähig machen. "Wir stehen in Konkurrenz mit serbischem, türkischem und sogar ägyptischem Zement. Dort gibt es diese Klimaschutz-Kosten nicht", führte Frommwald aus.

Michael Losch, Sektionschef im Wirtschaftsministerium, betonte daher, dass Österreich in der EU-Diskussion um die Klimaziele für 2030 dafür eintrete, dass energieintensive Industrien für eine Steigerung der Produktion in Österreich nicht durch zusätzliche CO2-Kosten bestraft würden: "Wenn sie, statt in Österreich mehr zu erzeugen, etwa in die Türkei auslagern, würden sie nämlich durch niedrigere Klima-Kosten belohnt", argumentierte Losch die Position Österreichs. Zudem wies er darauf hin, dass Großbritannien und Frankreich die größten Befürworter strenger Klimaziele in der EU seien, weil sie viel Strom in AKW produzierten – eine Stromquelle, die komplett CO2-frei sei.

Bewusstsein schaffen

Friedrich Schneider, Ökonom an der Uni Linz, zog daher eine Schlussfolgerung: "Wir können die Industrie nicht belasten, aber auch die Treibstoffpreise nicht um einen Euro pro Liter erhöhen, um die Klimaziele zu erreichen. Daher müssen wir das Bewusstsein der Menschen in Richtung Klima- und Umweltschutz verändern. Dann werden sie freiwillig auf klimafreundliche Heizformen umsteigen und das Auto immer öfter stehen lassen.

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