Alfred Ötsch: Ex-Airliner als Angel-Investor
Trotzdem will Ötsch keine Abrechnung im Nachhinein. Im Gegenteil: "Ich habe viele positive Erinnerungen. Das war eine tolle, spannende Zeit. Manchmal wundere ich mich über meine damalige Leistungsfähigkeit." Nachsatz: "Und auch über meine Robustheit."
Heute braucht Alfred Ötsch kein dickes Fell mehr. Er ist unter die Business Angels gegangen – das sind jene Manager, die mit ihrer Erfahrung und ihrem Geld junge, aufstrebende Unternehmen unterstützen. Dass ihm diese neue Aufgabe Spaß macht, sieht man dem immer noch sehr sportlichen, energiegeladenen 61-Jährigen an.
Hightech
Über die Austrian Angel Investors Association (aaia), eine Plattform für Investoren und Start-ups, lernte Ötsch Dynamic Perspektive kennen. Er beteiligte sich mit knapp über 25 Prozent und steht der achtköpfigen jungen Truppe nicht operativ, aber beratend zur Seite.
Seine Technik-Affinität kann Ötsch auch als Miteigentümer der Neovoltaic AG ausleben. Das Start-up, dessen größter Aktionär und Aufsichtsratspräsident der ehemalige OMV-Boss Wolfgang Ruttenstorfer ist, bietet privaten Haushalten die Installation von Solaranlagen samt Speicherbatterien an. "Das läuft unabhängig von Förderungen. Der Haushalt ist zu 90 Prozent Eigenversorger, die Investition rechnet sich ab zehn Jahren."
Ein drittes, "sehr spannendes und sehr technisches Projekt" ist in den Endverhandlungen, weshalb Ötsch lieber noch keine Details preisgeben will.
Außerdem übernimmt er in Wiener Neustadt ein kleines Foto-Fachhandelsgeschäft. Damit will Ötsch beweisen, "dass man mit erstklassiger Beratung der Kunden durchaus Chancen gegenüber den großen Einkaufszentren am Stadtrand hat". Auf die Idee dürfte ihn seine Tochter Birgit gebracht haben, die in dem Laden als Fotografin arbeitet.
Wie lebt es sich als ehemaliger Konzernmanager damit, nicht mehr mit hohen Millionenbeträgen zu kalkulieren, sondern mit Summen, die man früher aus der Portokasse zahlen ließ? "Die Nullen hinter den Zahlen werden weniger, sonst ist da kein Unterschied", hat Ötsch kein Problem mit den Größenordnungen.
Ganz lässt Ötsch, der jetzt mehr Lebensqualität hat und seine Zeit freier einteilen kann, die Vergangenheit als Airliner doch nicht los. Gegen Ende des KURIER-Gesprächs landen wir wieder bei der AUA. Den Satz, "die AUA ist saniert", der ihm bis heute nachhängt und viel öffentliche Häme bescherte, hat Ötsch nämlich so nie gesagt. Was der KURIER bestätigen kann.
Über die ÖIAG, die sich damals bei ihm als Sündenbock für das eigene Versagen abputzte, regt sich Ötsch längst nicht mehr auf. Vielmehr freut es ihn, wenn ihm auf AUA-Flügen ehemalige Mitarbeiter sagen, wie sehr sie ihn als Chef schätzten. Und heute noch ist Ötsch stolz darauf, dass es ihm gelang, den Gourmet-Konzern DO&CO unter Attila Dogudan als Caterer an Bord der AUA zu holen.
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