Alfred Gusenbauer: Genosse Kapitalist

Alfred Gusenbauer: 5,7 Millionen Euro Gewinn
Der Ex-Kanzler ist als Privatunternehmer höchst erfolgreich.

Er hat einen randvollen Terminkalender und ein Reiseprogramm wie ein internationaler Topmanager. Vergangenen Freitag nach zwei Wochen Lateinamerika zurück in Wien. Sonntag Abflug nach Mailand. Montag nach Barcelona. Dann nach New York, Samstag zurück und nach Belgrad. Am Dienstag darauf Flug nach Vancouver.

Ist das Leben als Entrepreneur noch anstrengender als die Politik? "G’schenkt wird dir nirgendwo etwas. Ich sitze jetzt mehr im Flugzeug. Früher bin ich halt im Auto und im Zug gesessen", sagt Alfred Gusenbauer, als ihn der KURIER bei der Zwischenlandung am Rückflug von Santiago de Chile erreicht.

2008 von der eigenen Partei als Bundeskanzler abmontiert, ist der ehemalige Arbeiterkämmerer heute neben Hannes Androsch und Josef Taus der wirtschaftlich erfolgreichste Ex-Politiker des Landes. Anstatt sich von den Parteigenossen in einem Staatsunternehmen oder mit einem Pöstchen im Umfeld der SPÖ versorgen zu lassen, mutierte der Sohn eines niederösterreichischen Bau-Arbeiters zum lupenreinen Kapitalisten. Auch wenn er das nicht gerne hört. "Ich bin kein Kapitalist. Ich bin ein Unternehmer und beute niemanden aus. Als Unternehmer stelle ich meine Arbeitskraft, mein Wissen und mein Kapital zur Verfügung. Schaffe Arbeitsplätze und zahle nicht unerheblich Steuern."

Alfred Gusenbauer: Genosse Kapitalist
ABD0059_20150626 - WIEN - ÖSTERREICH: "Austrianni Gmbh"-Aufsichtsrat Alfred Gusenbauer am Freitag, 26. Juni 2015, im Rahmen eines Pressegesprächs zum Thema "Launch des Biotech-Startups Austrianni" in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
So wenig erfolgreich Gusenbauer als Bundeskanzler war, für einen Geschäftsmann bringt er die besten Voraussetzungen mit. International erstklassig vernetzt, eine verblüffend schnelle Auffassungsgabe, hoch gebildet, exzellente Sprachenkenntnisse und ein sicheres G’spür für Geschäfte.

Im Zentrum der unternehmerischen Aktivitäten steht die Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung GmbH. Dem KURIER liegt die druckfrische Bilanz vor:

Laufender Gewinn 945.517 Euro, der kumulierte Gewinn summiert sich auf 5,707 Millionen Euro. Bankverbindlichkeiten von 1,650 Millionen stehen zum Ultimo 2014 Guthaben bei Kreditinstituten von 1,835 Millionen sowie Forderungen von 1,356 Millionen Euro gegenüber.

Nicht schlecht für eine Ein-Mann-Firma, die erst Ende 2008 startete.

In der GmbH hat Gusenbauer seinen Viertel-Anteil an der Investmentgesellschaft Cudos gebunkert, die er mit drei Partnern betreibt. Dem Wiener Anwalt Leopold Specht, dem Investor Alon Shklarek und dem IT-Manager Andreas Frech. Cudos übernahm und sanierte beispielsweise die marode Textilfirma Backhausen. 2015 stieg Cudos bei der 95 Mitarbeiter großen Sky Plastic ein.

In seiner Beteiligungsfirma hat Gusenbauer auch die Anteile an der lateinamerikanischen Equitas geparkt, die in Umweltprojekte investiert. Dort ist Rudolf Binder engagiert, Südamerika-Partner des heimischen Glücksspiel-Konzerns Novomatic. Gusenbauer wiederum berät Novomatic in Südamerika und im Osten. Er ist mit Casinos-Austria-Chef Karl Stoss befreundet, bei dem sich Erzfeind Novomatic heuer eingekauft hat.

Aus der GmbH hat Gusenbauer bis heute keinen Euro entnommen: "Das ist eine Projektenwicklungsgesellschaft, die langfristig und stetig wachsen und aufbauen soll." Das Kapital werde in Projekte investiert und veranlagt, auch in Wohnungen. Da passt es ganz gut, dass Tochter Selina derzeit ein Master-Studium an der Kaderschmiede London School of Economics absolviert.

Das Einkommen für sein tägliches Auskommen bezieht Gusenbauer aus seinen Aufsichtsrats- und Stiftungsjobs. Er sitzt als Vorstand in der Familien-Privatstiftung seines Freundes Hans Peter Haselsteiner, der ihn an die Spitze des Strabag-Aufsichtsrates (Jahres-Vergütung 50.000 Euro) holte. Dann wären da noch zwei Aufsichtsrats-Vorsitze im Signa-Imperium des Immobilien-Krösus René Benko und ein Mandat in der börsenotierten RHI (Großaktionär Martin Schlaff). 2010 ging Gusenbauer in das Board of Directors des kanadischen Bergbaukonzerns Gabriel Resources, der 80 Prozent am umstrittenen rumänischen Rosia Montana hält – der größten unentwickelten Goldlagerstätte in Europa.

Als Vorsitzender des Independent International Advisory Council von Kasachstan (Jahresgage 400.000 Euro) schaffte es Gusenbauer im Sommer prominent in eine Cover-Story des Spiegel, der berichtete, wie sich die Diktatur Ex-Politiker in Europa einkaufte. Verdächtigungen, Gusenbauer habe den Kasachen im Fall Aliyev Unterlagen zugespielt, erwiesen sich als haltlos.

Als Berater und Vortragender ist Gusenbauer gut im Geschäft. 84.000 ließ sich die Kärntner Hypo den Rat des Ex-Kanzlers kosten. Außenminister Sebastian Kurz lässt sich ebenso von Gusenbauer beraten wie Serbien in Sachen EU-Beitritt. Unternehmen, die Gusenbauer als Redner haben wollen, müssen 20.000 Euro hinlegen. Damit ist er der "teuerste" österreichische Ex-Politiker. Ein international absolut üblicher Marktpreis, meinen Insider.

Außerdem ist er Präsident des Renner-Instituts der SPÖ. International netzwerkt Gusenbauer bei den Bilderbergern, einem höchst diskreten Zirkel von Top-Managern und Politikern. Ebenfalls kaum bekannt ist das "Öffentliche Weltforum Dialog der Zivilisationen", der Ex-SPÖ-Chef fungiert als Co-Präsident. Mastermind und Gründer des NGOs ist immerhin Putin-Freund Wladimir Jakunin.

Gusenbauer pfeift übrigens auf die heimische Neidgesellschaft. Er hat kein Problem, über seinen Erfolg als Geschäftsmann zu sprechen. Ziemlich unösterreichisch.

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