Abgastests mit Menschen & Affen, EU-Kommission "schockiert"

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Bienkowska: Ethisches Verhalten der Autoindustrie muss sich ändern. Gegen inakzeptables Verhalten reicht nicht Gesetzesänderung.

"Schockiert" hat sich EU-Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska über Abgastests der Autoindustrie mit Menschen und Affen gezeigt. "Keine EU-Gesetzgebung rechtfertigt solche Sachen", sagte Bienkowska Montagabend im EU-Parlament in Straßburg.

Das ethische Verhalten der Autoindustrie müsse sich ändern. Gegen ein inakzeptables Verhalten reiche Gesetzesänderung offensichtlich nicht aus.

Es habe sich um private Tests gehandelt, die von der deutschen Automobilindustrie in Auftrag gegeben worden seien. "Die Kommission verurteilt das nachdrücklich. Die EU ist dem Tierschutz immer hoch verpflichtet". Jedenfalls werde "dieser inakzeptable Fall ein juristisches Nachspiel haben".

Erfreut zeigte sich die Kommissarin, dass die deutsche Regierung die Angelegenheit streng untersuchen werde. "Tests an Tieren und Menschen bringen eine neue und sehr viel traurigere Dimension in allem was wir bisher gesehen haben, als beim Dieselgate-Skandal. Als ich das das erste Mal gehört habe, habe ich es nicht glauben können. Ich dachte, das wäre nur ein schlechter Witz". Jedenfalls habe sich nun zum zweiten Mal gezeigt, "dass man dem Autosektor absolut nicht vertrauen kann".

Auch Empörung im EU-Parlament

Der Skandal um Abgasexperimente mit Affen und Menschen hat auch im Europaparlament große Empörung hervorgerufen. Die "Skrupellosigkeit der Automobilindustrie kennt keine Grenzen", betonte der luxemburgische Grüne Claude Turmes am Montagabend in Straßburg während einer Debatte um die Affäre, in die mehrere deutsche Autobauer, unter ihnen Volkswagen, verwickelt sind.

Einige Autobauer hätten ein "Business-Modell entwickelt, das auf Tricksereien beruht", sagte die französische Sozialistin Christine Revault. Dass deutsche Firmen Menschen und Affen zu Experimenten benutzt hätten, sei unannehmbar, betonte die deutsche Grüne Rebecca Harms.

Der eigentliche Skandal sei aber der "Großversuch", der jeden Tag auf den Straßen stattfinde, sagte Harms. Die EU-Kommission müsse endlich für "ordentliche Nachrüstungen von Diesel-Fahrzeugen sorgen" und notfalls Fahrverbote erlassen. Die Automobilindustrie müsse bei der EU den Status einer "Lobby non grata" erhalten, wie dies bereits für die Tabak-Industrie gelte.

Liberale Lösung: Privatisierung?

Olaf Henkel von der Bewegung Liberal-Konservative Reformer forderte eine vollständige Privatisierung des Volkswagen-Konzerns. Er erinnerte daran, dass der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lange Zeit im Aufsichtsrat von VW saß. Seither habe es immer wieder Skandale gegeben, auch um die Bestechung von Mitgliedern des Betriebsrats. Wenn "Politik und Wirtschaft zusammenkungeln", führe dies zu einer "Verwahrlosung der Sitten", sagte der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

Die für Verkehrspolitik zuständige EU-Kommissarin Elzbieta Bienkowska äußerte sich "schockiert". Die EU habe aber derzeit keine Instrumente, um gegen diese Art der Tierversuche vorzugehen. Es gebe nur eine EU-Gesetzgebung für Tierexperimente in der Kosmetik-Industrie. "Wir sollten diese nun auf andere Sektoren ausweiten".

Die heftig kritisierten Versuche waren von der von VW, BMW, Daimler und Bosch im Jahr 2007 gegründeten Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor in Auftrag gegeben worden. Mitte 2017 wurde der Verbund wieder aufgelöst.

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