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Immofinanz: Verlust von 850 Mio. fehlte in früherer Bilanz

Firmenschild Immofinanz.
Im Strafverfahren gegen Ex-Vorstand Karl Petrikovics liegt ein neues Gutachten vor.

Der Sachverständige Gerhard Altenberger hat der Staatsanwaltschaft Wien ein weiteres zündstoffgeladenes Gutachten vorgelegt. Er stellt Karl Petrikovics & Co. und Bilanzprüfer KMPG ein vernichtendes Zeugnis aus.

In der 253 Seiten starken Expertise, die dem KURIER vorliegt, legt er detailliert dar, warum die Bilanz 2007/’08 der börsennotierten Immofinanz falsch sein soll. Denn: Die Bewertung der Beteiligung an der Schwestergesellschaft Immoeast (Buchwert: 3,82 Milliarden Euro ) stimmte bei weitem nicht. Diese Immoeast-Beteiligung machte aber 54 Prozent der Bilanzsumme der Immofinanz aus.

Die Immofinanz hatte im Schnitt 8,40 Euro je Immoeast-Aktie bezahlt, der Kurswert zum Bilanzstichtag (30. April) betrug aber nur 6,53 Euro. Vier Monate später, zum Zeitpunkt der Testierung der Bilanz, lag er nur noch bei 4,40 Euro. Doch die Aktien blieben ohne Korrektur zum Anschaffungswert (8,40 Euro) in den Büchern. Zugleich wurde errechnet, dass der Nettovermögenswert (Net Asset Value, NAV) sogar 10,27 Euro pro Aktie beträgt. „Dieser Wert ist nicht tauglich“, heißt es im Gutachten.

Überhöhte Bewertung

Demnach wurden bei der NAV-Berechnung „keine Verwaltungskosten, keine Management Fee, keine Kosten für Gutachter und Rechtsberater, keine Einkommens- und Ertragssteuern sowie kein Zinsaufwand für Fremdkapital“ berücksichtigt. Fazit des Gutachters: „Der Nettovermögenswert der Immoeast ist damit zwangsläufig überhöht.“

Altenberger kommt bei seiner Nachberechnung „in der günstigsten Variante“ auf einen Nettovermögenswert von 4,83 Euro pro Immoeast-Aktie. Bei richtiger Berechnung hätte somit die Immofinanz den Buchwert ihrer Immoeast-Aktien massiv abwerten müssen, zumindest um die Differenz zum Börsenkurs – um 850 Millionen Euro.

Immofinanz: Verlust von 850 Mio. fehlte in früherer Bilanz
APA11097640-2 - 22012013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 0077 WI - Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics am Dienstag, 22. Jänner 2013, vor Beginn des Prozesses wegen Untreue und "Bildung einer kriminellen Vereinigung" am Landesgericht Wien. Es geht um Aktienoptionsgeschäfte, mit denen sich die früheren Immofinanz-Manager laut Anklage ohne Zustimmung des Aufsichtsrats auf Kosten des Unternehmens bereichert haben sollen. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
„Der Nichtausweis dieses Bewertungsverlustes ermöglichte die Beschlussfassung zur Ausschüttung einer Dividende von rund 185 Millionen Euro“, heißt es im Gutachten weiter. „Die Einbuchung des Bewertungsverlustes hätte aber zu einem erheblichen Bilanzverlust geführt“. Detail am Rande: Die Ausschüttung dieser Dividende soll aber erst von Petrikovics Nachfolgern per Gerichtsbeschluss verhindert worden sein. Die Vorwürfe werden bestritten.

„Dr. Petrikovics war in die operative Bilanzerstellung nicht eingebunden“, kontert sein Verteidiger Otto Dietrich. Und KPMG legt Wert auf die Feststellung: „Diese Schlussfolgerung von Altenberger ist falsch und beruht auf einer unzutreffenden Interpretation der Bilanzierungsregeln.“

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