6.000 Tourismus-Mitarbeiter mit Alkoholproblem

6.000 Tourismus-Mitarbeiter mit Alkoholproblem
Vor allem Lehrlinge seien laut Experten gefährdet: "Es wird im Gastgewerbe Normalität, zu trinken."

Nach Schätzungen des Tiroler Vereins BIN (Beratung, Information und Nachsorge) haben derzeit rund 6.000 der insgesamt 35.000 Mitarbeiter im Tiroler Tourismus ein Alkoholproblem. Lege man allgemeine Erfahrungswerte auf diese konkrete Berufssparte um, seien etwa 2.000 Personen als alkoholkrank einzustufen, rund 4.000 Tourismusbeschäftigte legten ein "problematisches Trinkverhalten" an den Tag, meinte der Obmann des Vereins, Christian Haring, am Montag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Konkrete eigene Zahlen für den Bereich Tourismus gebe es jedoch nicht, räumte Haring ein. Es stehe jedoch fest, dass Mitarbeiter im Hotel und Gastgewerbe eher in Alkoholprobleme abglitten als in anderen Sparten. "Die Gefährdung ist höher. Der tägliche Umgang mit Alkohol stumpft ab und vermindert ein klares Einschätzen der eigenen Betroffenheit. Es wird Normalität zu trinken", erklärte Petra Unterberger von der BIN-Beratungsstelle Innsbruck.

Probleme vor allem bei Jungen

Das Problem betreffe vor allem auch junge Menschen. "Wenn Junge zu uns kommen, dann solche aus dem Tourismus oder aus der Schule. Alkohol gehört im Tourismus oft schon in der Lehrzeit dazu", sagte Unterberger der APA am Rande des Pressegesprächs. Laut der Suchtberaterin suchten Gastronomiebetriebe zuletzt verstärkt den Kontakt zu BIN, wenn sie Alkoholmissbrauch bei Lehrlingen vermuten.

"Wir wünschen uns nur, dass diese Sorge nicht nach der Lehrzeit aufhört", richtete Unterberger einen Appell an die Verantwortlichen. Man hoffe insgesamt im Sinne der Fürsorgepflicht der Unternehmen für alle Beschäftigten auf eine größere Sensibilität der Betriebe. Menschen aus dem Gastgewerbe suchten die Beratungsstellen sehr spät auf, meist erst nach einem Entzug. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie meist schon einen langen Leidensweg hinter sich.

Belastende Arbeitsumstände als Mitgrund

Betroffene berichten laut dem Beratungsverein regelmäßig von den "belastenden Arbeitsbedingungen" im Tourismus, die sie zum Alkohol greifen ließen. "Viele gehen vielfach über ihre Grenzen. Alkohol dient als schnelles, aber sehr gefährliches Entspannungsmittel", erklärte Unterberger. Mitarbeiter würden angeben, dass sowohl vor, während als auch nach der Arbeitszeit getrunken werde. In besonderen Stresszeiten "halte man das gar nicht anders aus", habe ein Betroffener beispielsweise gemeint.

Kommentare