Die Top-Ziele für Steuerflüchtlinge

Symbolbild.
26 Billionen Euro haben Reiche und Konzerne in Steueroasen angelegt. Österreich liegt im Ranking vor Zypern.

Wohin fließen die Milliarden aus Zypern? Die Eurozone ist out, weil zu unsicher. Karibik, Südsee oder Fernost sind in. Rund um den Globus geht der Wettbewerb um die Vermögenden munter weiter. Bis zu 26 Billionen Euro sollen die Reichen der Welt in Steueroasen gebunkert haben, schätzt das Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network). Klassische und noch weniger bekannte Steuerparadiese buhlen um Klientel aus der kriselnden Eurozone. Singapur, Dubai und Hongkong werden bei vielen Experten als Fluchtländer Nummer eins außerhalb der Eurozone genannt.

Der deutsche Autor Hans-Lothar Merten hat in seinem Buch "Steuerflucht. Das Milliardengeschäft mit dem Schwarzgeld" einige aufstrebende Zufluchtsorte aufgespürt. Nur einen Mausklick entfernt, quasi. Zur Verwischung der Spuren nach Europa erfolgt der Geldtransfer meist via Treuhänder und Firmengründungen.

Bilder: Top Ten der Steueroasen

Die Top-Ziele für Steuerflüchtlinge

Pile of euro money. Soft focus. Bildnummer: 44584…
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Geldkoffer
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AUSTRIA STOCK EXCHANGE
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File photo of an anti-government protester standin
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FILE GERMANY EU ECONOMY FINANCE
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JAPAN FINANCE STOCK MARKET
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A aircraft takes off from Jersey Airport near St P
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Steuerfahndung
Die Top-Ziele für Steuerflüchtlinge

REUTERSFile photo of a tennis supporter holding a Swiss national flag during a match at the Rome Masters tennis tournament May 11, 2011. Switzerland will allow banks to hand over the names of any employees and other third parties who helped wealthy Americ

Singapur Die Finanzmetropole hat die höchste Milliardärsdichte der Welt. Sie punktet mit strengem Bankgeheimnis, Steuerfreiheit auf Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden sowie Rundum-Service durch europäische, insbesondere Schweizer Banken, die vor Ort sind.

Hongkong Weltweit bereits die Nummer eins als Finanzplatz. Gesetzlich verankertes Bankgeheimnis, geringe Gewinnsteuern. Die zentrale Drehscheibe für den Handel mit China wird gerne zur Gründung von Zwischenholdings genutzt, um Steuern im Heimatland zu vermeiden.

Panama Erst kürzlich outete die Süddeutsche Zeitung deutsche Promis als Besitzer von Firmen in der Steueroase Panama. Namentlich wurden die Familien Porsche und Piëch sowie der Verleger Hubert Burda genannt, die aber Steuerflucht umgehend bestritten. „Es gibt wohl kaum ein zweites Land auf der Welt, in dem die Gründung einer Gesellschaft so preiswert und unbürokratisch über die Bühne geht“, sagt Merten. Aktuell sind 200.000 Offshore-Firmen in Panama registriert. Sie brauchen weder Bilanzen erstellen noch Gewinne versteuern. Besonders beliebt sind Familienstiftungen, deren Gründungszweck ganz offiziell auch die „Steueroptimierung“ sein kann.

Labuan Malaysias Steuerparadies vor der Küste Borneos ist noch ein Geheimtipp, buhlt vor allem um Asiens Superreiche: Keinerlei OECD-Abkommen in Steuerangelegenheiten, strenges Bankgeheimnis, keine Kapitalbeschränkungen.

Mauritius Die Insel lockt geradezu aggressiv Superreiche zum Steuersparen ins Land. Der Steuerwohnsitz kann mit viel Geld erkauft werden. „Nach der Qualität des Geldes fragt hier niemand“, heißt es im Steuerflucht-Buch. Einkünfte und Vermögen im Ausland bleiben steuerfrei.

Türkei „Die Schweiz am Bosporus“ mausert sich zum Nahziel vor allem für deutsche Steuerflüchtlinge. Steuerfahnder, die das Land zunehmend ins Visier nehmen, beißen dort meist auf Granit.

Die Top-Ziele für Steuerflüchtlinge

Wer in einem Land lebt und von dessen Leistungen und Infrastruktur (Bildung, öffentlicher Verkehr, Sicherheit) profitiert, sollte eigentlich seinen Beitrag dazu leisten. Multinationale Konzerne minimieren aber ihre Steuerlast, indem sie hohe Kosten in Hochsteuerländern verbuchen und Gewinne in Steueroasen verschieben. Etwa 60 Prozent des gesamten Welthandels erfolgen zwischen Tochtergesellschaften von Global Playern.

Immer wieder in öffentlicher Kritik stehen die US-Konzerne Apple, Google, Starbucks oder Amazon. Apple perfektionierte seine Steuerminimierung und zahlte im Vorjahr auf den außerhalb der USA verbuchten Gewinn von 28,6 Mrd. Euro gerade einmal 1,9 Prozent an Steuern. Der iPhone-Konzern nutzte dazu vor allem zwei Tochterunternehmen aus Irland, über die ein Großteil des Auslandsgeschäfts läuft. Die Töchter gehören wiederum teilweise einer Firma aus dem Steuerparadies British Virgin Islands.

Delaware

Rund 60 Prozent aller US-Konzerne haben ihren juristischen Hauptsitz im US-Bundesstaat Delaware, wo die USA selbst die größte Steueroase pflegen. Bis zu 100.000 neue Briefkasten-Firmen werden dort jährlich angemeldet, dazu muss man nicht einmal in die USA reisen. Zur Unternehmensgründung ist kein Grundkapital erforderlich, es reicht ein Vorstand aus einer Person, die Identität wird nicht überprüft. Delaware erlaubt, die Gewinne, die außerhalb des Bundesstaates erwirtschaftet werden, nicht zu versteuern. Fast eine Million Briefkastenfirmen befinden sich inzwischen in Delaware.

An einer Gesetzgebung, die Steueroasen wie diese ermöglicht, gibt es zunehmend Kritik. Vor allem als Schattenfinanzzentren hätten die Steueroasen die Finanzkrise noch verschärft, heißt es. In einem OECD-Papier aus dem Vorjahr werden u. a. die oft willkürlichen Verrechnungspreise innerhalb von Konzernen – etwa für Lizenzen und Patente – kritisiert.

Steuerflüchtlinge müssen nicht zwingend in der Ferne veranlagen, auch mitten in Europa gibt es zahlreiche entsprechende Möglichkeiten. Neben den Kanalinseln Guernsey und Jersey (bekannt von den Meinl-Gesellschaften Airports und Power International) sind dies auch Österreichs Nachbarländer Schweiz und Liechtenstein.

Die Schweizer führen die Liste der intransparentesten Finanzplätze der Welt an. Erstellt wurde das Ranking vom Netzwerk Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network, TJN) aber bereits 2011. Seit damals hat die Schweiz einiges getan, um dieses Image loszuwerden.

Allerdings geschah dies vor allem auf Druck anderer Staaten, insbesondere den USA. Sie warfen elf eidgenössischen Banken Unterstützung zur Steuerhinterziehung vor, die Institute mussten Strafen in Millionenhöhe zahlen. Im Dezember einigten sich die beiden Staaten auf ein neues Doppelbesteuerungsabkommen, das Anfang 2014 in Kraft treten soll. Damit sollen Schweizer Banken verpflichtet werden, die USA über entsprechende Konten ihrer Staatsbürger in dem Land zu informieren oder eine pauschale Quellensteuer von 30 Prozent zu US-Gunsten zu erheben.

Das Abkommen ähnelt jenem der Schweiz mit Österreich, das zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist. Finanzministerin Maria Fekter erwartet sich insgesamt eine Milliarde Euro aus der Besteuerung von dort geparkten Vermögen. Laut einer Studie wird in der Schweiz EU-Schwarzgeld im Ausmaß von rund 415 Mrd. Euro vermutet, aus Österreich sollen es rund 15 Mrd. Euro sein.

Fürstentum

Liechtenstein findet sich zwar auf der Liste nur auf Platz 34. Für Österreich hat es aber aufgrund der Nähe dennoch große Bedeutung. Daher drängte Fekter ebenfalls auf ein Abkommen mit dem Fürstentum. Sie rechnet daraus für 2014 mit einer Einmalzahlung in Höhe von 500 Mio. Euro, jährlich sollen dann 20 Mio. Euro an Steuern fließen. Mittlerweile haben auch die USA Liechtenstein ins Visier genommen. Die Amerikaner verlangen von dem Land statistische Angaben über Stiftungen und Treuhänder.

Österreich findet sich im Ranking mit Rang 17 ebenfalls weit vorne. Grund ist für TJN vor allem das Bankgeheimnis, das es in der EU sonst nur in Luxemburg gibt. Seit langem fordern Kritiker einen Wechsel zum automatischen Informationsaustausch über Zinserträge. Das Bankgeheimnis stellt sicher, dass nur nach richterlichem Auftrag die Daten des Bankkunden gelüftet werden dürfen. Die Anonymität bei Sparbüchern gibt es hingegen seit 2002 nicht mehr. Gegenüber der Bank muss sich der Sparbuchinhaber ausweisen.

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