2017 war bisher teuerstes Naturkatastrophenjahr

"Irma" zerstörte die Insel Saint-Martin.
Naturkatastrophen forderten im vergangenen Jahr rund 10.000 Menschenleben.

Die Hurrikan-Serie in Amerika und andere Naturkatastrophen haben die Versicherer und Rückversicherer im vergangenen Jahr nach Berechnungen der Münchener Rück so viel Geld gekostet wie noch nie. Der größte Rückversicherer der Welt bezifferte die versicherten Schäden aus Naturkatastrophen am Donnerstag auf 135 Mrd. Dollar (112,28 Mrd. Euro).

Nur das Jahr 2011 war schlimmer

Insgesamt verursachten Stürme, Erdbeben und Überschwemmungen 2017 einen Schaden von 330 Mrd. Dollar. Das war die zweithöchste seit Beginn der Aufzeichnungen 1970 registrierte Summe. Das bisher schadenträchtigste Jahr war 2011 mit dem Tsunami und der folgenden Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, die - zu heutigen Werten - zusammen 354 Mrd. Dollar kosteten.

"Wir haben eine neue Normalität."

2017 war bisher teuerstes Naturkatastrophenjahr
(FILES) This file photo taken on September 16, 2017 shows Burnt out vehicles at Sandy Ground, just north west of Marigot on the French Caribbean island of Saint Martin on September 15, 2017 after the island was hit by Hurricane Irma. The damage caused by hurricanes Irma and Maria in Saint-Martin and Guadeloupe in early September are estimated at nearly two billion euros, the Ministry of Overseas said on November 28, 2017. / AFP PHOTO / Helene Valenzuela

Man werde sich an derartige Größenordnungen gewöhnen müssen, sagte Münchener-Rück-Experte Ernst Rauch der Nachrichtenagentur Reuters. "Denn 2017 ist kein Ausreißer. Wir haben eine neue Normalität." Erst 2005 hatten die Versicherer erstmals mehr als 50 Mrd. Dollar für Naturkatastrophen ausgegeben. Seither waren es bereits zum dritten Mal mehr als 100 Milliarden. "Der Anstieg wurde vor allem durch Unwetter getrieben - einerseits, weil es mehr davon gibt, andererseits, weil sie immer größere Schäden anrichten", sagte Rauch. Das liege daran, dass es immer mehr Menschen, Städte und Werte in gefährdeten Gebieten gibt, aber auch an der Klima-Erwärmung. "Vor allem bei den schweren Gewittern in Nordamerika und Europa können wir den Einfluss des Klimawandels heute belegen."

"Harvey" und "Irma"

2017 war bisher teuerstes Naturkatastrophenjahr
(FILES) This file photo taken on August 27, 2017 shows people walking through the flooded waters of Telephone Rd. in Houston battled with tropical storm Harvey and resulting floods. Fierce hurricanes, heat waves, floods and wildfires ravaged the planet in 2017, as scientists said the role of climate change in causing or worsening certain natural disasters has grown increasingly clear. It was also the year the world's second largest polluter, the United States, turned its back on the 196-nation Paris climate deal meant to limit global warming to under two degrees Celsius (1.5 degrees Fahrenheit) over pre-industrial levels. / AFP PHOTO / Thomas B. Shea / With AFP Story by Kerry SHERDAN: Hurricanes, heat waves, fires ravaged planet in 2017

Die teuerste Naturkatastrophe war im vergangenen Jahr der erste der drei Wirbelstürme: "Harvey" richtete in Texas allein rund 85 Mrd. Dollar Schaden an. Für die Versicherer war allerdings "Irma" mit Windgeschwindigkeiten über 300 Kilometer pro Stunde noch kostspieliger: Sie müssen 32 Mrd. Dollar an ihre Kunden dafür auszahlen. Ungewöhnlich hoch war 2017 der Anteil der versicherten Schäden: 41 Prozent des Gesamtschadens aus Naturkatastrophen mussten die Versicherer begleichen, weil die Hurrikane über Regionen mit einer hohen Versicherungsdichte niedergingen und nicht in Asien und Afrika, wo die Münchener Rück weiterhin große Lücken sieht. Im langjährigen Durchschnitt sind nur gut ein Viertel der Schäden versichert.

"100 Prozent Abdeckung werden wir nie erreichen", sagte Rauch. Denn Staaten sicherten die öffentliche Infrastruktur kaum über Versicherer gegen Katastrophen ab. "Aber eine deutliche Steigerung ist durchaus möglich", hofft der Leiter Climate & Public Sector Business Development bei der Münchener Rück. Nach ersten Erkenntnissen aus der Branche hat das Katastrophenjahr bei den Verhandlungen über neue Verträge nicht zu den von den Rückversicherern erhofften kräftigen Preissteigerungen geführt. "Es ist viel Kapital im Markt", erklärte Rauch. "Das zeigt nur, dass Versicherungsschutz gegen Naturkatastrophen längst nicht knapp ist."

"Die Opferzahlen sind seit 20 bis 30 Jahren rückläufig"

Mit 10.000 Toten forderten Erdbeben, Stürme und Fluten 2017 deutlich weniger Opfer als im langjährigen Durchschnitt. "Die Opferzahlen sind seit 20 bis 30 Jahren rückläufig - von Ausnahmen wie dem Tsunami 2004 abgesehen", erläuterte Rauch. So kosteten etwa die regelmäßigen Überschwemmungen in Bangladesch heute viel weniger Menschenleben als früher. Das liege daran, dass sich inzwischen auch Entwicklungsländer und internationale Organisationen um die Prävention von Schäden kümmerten - von Frühwarnsystemen für die Bevölkerung bis zu einer veränderten Bauweise von Häusern. "Das ist eine Erfolgsgeschichte."

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