Ein ewiges Auf und Ab. Der Jo-Jo Effekt ist eine Herausforderung

Ein ewiges Auf und Ab. Der Jo-Jo Effekt ist eine Herausforderung
Nach einer Gewichtsreduktion fängt die Arbeit erst richtig an: Wenn es darum geht, sich den erschlankten Körper zu bewahren.

„Wir wissen aus Untersuchungen, dass acht von zehn Personen, die mehr als ein Zehntel ihres Körpergewichts abnahmen, dieses Gewicht innerhalb eines Jahres wieder zugenommen haben“, sagt Stoffwechselexpertin Alexandra Kautzky-Willer von der Medizinischen Universität Wien.

Irgendwann kommt dann die nächste Diät – und die darauffolgende Gewichtszunahme. Dieses Auf und Ab auf der Waage nennt man Jo-Jo-Effekt. In dem Moment, wo man die Diät beendet, muss man natürlich ein Konzept haben, wie man das Gewicht hält. Daran hapert es angesichts der Freude über die neue Leichtigkeit oft, schließlich scheint die Herkules-Aufgabe schon getan. Dabei kann man es in Wirklichkeit mit einer Ehe vergleichen: Der anstrengende Teil beginnt erst, wenn der Bund bereits geschlossen ist.

Stoffwechsel-Mediziner Bernhard Ludvik vom Wiener Krankenhaus Rudolfsstiftung kennt eine besonders schwerwiegende Variante des Jo-Jo-Effekts: „Manche bringen nach einer Diät sogar schnell mehr auf die Waage als davor.“ Das erklärt das Sprichwort: „Diäten machen dick!“, scheint aber doch etwas unverständlich.

Wer nach der Gewichtsreduktion genau so viel wie davor verdrückt, wird das verlorene Gewicht klarerweise schnell wieder auf den Rippen haben. Wieso aber sollte die Waage plötzlich ausschlagen wie nie zuvor? Ludvik nennt dafür zwei Gründe. Erstens ein uraltes Überlebensprogramm gegen das Verhungern: „In den Fettzellen wird ein Stoff namens Leptin gebildet, der im Hirn den Appetit reguliert.

Bei Diäten meldet das Hirn angesichts reduzierter Fettmasse: ‚Schlechte Zeiten kommen! Sofort das Sparprogramm aktivieren und den Stoffwechsel hinunterfahren!‘ Gleichzeitig wird der Appetit hochgefahren.“

Ein ewiges Auf und Ab. Der Jo-Jo Effekt ist eine Herausforderung

Alexandra Kautzky-Willer, Stoffwechselexpertin, Medizinische Universität Wien

Muskeln ade

Die zweite Ursache ist der Verlust von Muskelmasse. „Wer einen Kilo abnimmt, verliert ohne zusätzlichen Muskelaufbau 30 Prozent davon in Muskelmasse.“ Nun sind es aber gerade die Muckis, die viele Kalorien verbrauchen. Weniger Muskeln bedeuten daher einen reduzierten Grundumsatz. Die Kalorienmenge, die man täglich essen darf, ohne zuzunehmen, sinkt also.

Die zermürbende Folge: „Am Ende einer Gewichtsreduktion braucht man täglich 300 Kalorien weniger als jemand, der gleich alt, groß und schwer ist und keine Diät hinter sich hat.“ Warum aber greift der Körper ausgerechnet die wertvollen Muskeln an, die ja letztlich auch zur Attraktivität der Figur beitragen? „Der Mensch baut Muskelmasse ab, weil er ja auch weniger Gewicht mit sich herumträgt“, sagt Ludvik. Er hat schon viele fettleibige Patienten mit solchen „Diät-Karrieren“ gehabt.

Nach vielen Jo-Jos hat der Körper nur mehr so wenig Muskelmasse, ist der Energiebedarf derart gering, dass es überhaupt nicht mehr gelingt, abzunehmen.

Der Muskelabbau sei besonders gravierend, „wenn nicht täglich mindestens 50 Gramm Eiweiß gegessen werden“, so Ludvik. „Das ist das Minimum. Liegt man darunter, fängt der Körper an, Muskeln als Eiweißspeicher aufzubauen und beim neuerlichen Zunehmen fast nur Fett zuzulegen. Ein Phänomen, das Kautzky-Willer gerade bei schlanken und normalgewichtigen Personen, die aus reiner Eitelkeit abnehmen wollen, bemerkt hat.

Beim Sport ist wichtig: Neben der Ausdauer muss auch die Kraft trainiert werden. Sonst werden keine Muskeln aufgebaut. Eine willkommene Kombi-Variante sind etwa Nordic Walking oder Schwimmen. Kautzky-Willer rät zu Gruppenaktivitäten und verweist auf vielversprechende Studien aus Dänemark, wo zahlreiche männliche und weibliche Fußballgruppen gemeinsam kicken und abnehmen.

Einer Studie aus 2012 zufolge ist das Purzeln des Grundumsatzes langfristig am besten und gesündesten mit einem Programm aus 40 Prozent hochwertigen Kohlenhydraten, 40 Prozent Fett und 20 Prozent Eiweiß einzudämmen. Hochwertige Kohlenhydrate kennzeichnet ein niedriger glykämischer Index. Die so schädliche häufige und hohe Insulin-Ausschüttung bleibt dadurch aus.

Auf der sicheren Seite ist man mit Vollkornprodukten und Gemüse. Weißbrot, Nudeln, Reis und Süßigkeiten sind dagegen kontraproduktiv. Für diese Variante spricht laut Kautzky-Willer auch, dass man sie einfacher durchhält. Wer ein Kilo abnimmt, verliert ohne zusätzlichen Muskelaufbau 30 Prozent davon in Muskelmasse. Am Ende braucht man täglich 300 Kalorien weniger als jemand, der gleich alt, groß und schwer ist und keine Diät hinter sich hat. 

Ein ewiges Auf und Ab. Der Jo-Jo Effekt ist eine Herausforderung

Bernhard Ludvik, Stoffwechselexperte, Rudolfstiftung

Ab und zu hungern

Längere Extrem-Diäten, also solche mit lediglich 500 Kalorien am Tag, gelten als besondere Gefahr für den Muskelabbau. Kurzfristig halten aber sowohl Kautzky-Willer als auch Ludvik intensives Fasten für einen guten Einstieg in die Gewichtsreduktion, als auch für eine einfache Methode, das Gewicht zu halten.

Kautzky-Willer: „Es sinkt nicht nur der Appetit, man schöpft auch neue Energie. Aktuelle Studien weisen eine lebensverlängernde Wirkung nach, weil der Zellmüll recyclt und defekte Zellen abgebaut werden.“ Ludvik rät allerdings zu maximal einer Woche Fasten.

Regelmäßiges Dinner Cancelling ist schon fast schon ein Klassiker, wenn es darum geht, sein Gewicht im Alltag zu halten. Die Idee dahinter ist eine Esspause von 14 Stunden ab dem Nachmittag. Man isst also zum letzten Mal um 16 Uhr und frühstückt ab 6 Uhr. Für die Abend-Version der Methode spricht zwar der zusätzliche erholsamere Schlaf, man kann aber auch die Morgenmahlzeit auslassen und so auf die 14 Stunden Hungern kommen.

Solch eine lange Nahrungskarenz ist für die Bauchspeicheldrüse ein Kurzurlaub. Das wiederum bedeutet freie Bahn für das Wachstumshormon, das bei ausgewachsenen Menschen für den Muskelaufbau zuständig ist. Prinzipiell weiß das Magen-Darm-System kurze Phasen der Ruhe zu schätzen. Und so gelten drei Mahlzeiten täglich mittlerweile als gesünder als fünf.

Vorbei die Zeiten, als Experten rieten, zwischendurch immer wieder eine Kleinigkeit zu essen, um Heißhungerattacken zu vermeiden. Kautzky-Willer: „Wir empfehlen auch unseren Diabetes-Patienten, diese Zwischenmahlzeiten sein zu lassen. Es hat sich klar gezeigt, dass man damit immer dicker wird, weil zusätzlich gegessen wird, auch wenn man keinen Hunger hat.“ Bei drei Mahlzeiten am Tag denkt man zudem nicht dauernd daran.

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