RunNa: Aus Ponys werden keine Rennpferde

RunNa's Sportjahr
Warum "ohne Fleiß kein Preis" nicht immer stimmt.

3945 Kilometer. 384 Stunden. 263 neue PRs. „Für mich, wie auch für viele andere Läufer, gibt es keine Ziellinie. Rennen enden, das Laufen endet nicht.“ Dieses Zitat vom US-amerikanische Ultramarathonläufer Dean Karnazes beschreibt vielleicht am besten mein Laufjahr, das mir Strava – das soziale Netzwerk, das laut Definition „Sportler auf der ganzen Welt miteinander verbindet“ – als Zusammenfassung schon Tage bevor das Jahr eigentlich zu Ende ist, zugeschickt hat. 3945. Seit 1. Jänner bin ich 3945 Kilometer gelaufen. Da das Jahr noch ein paar Tage hat, werde ich zum zweiten Mal in Folge die 4000er Marke knacken. Es sollten heuer zwar keine 42,195 Kilometer an einem Stück sein. Dennoch kam durch die zwei Marathon-Vorbereitungen einiges zusammen. Viel. Zu viel werden einige jetzt denken. Aber was ist schon viel und vor allem zu viel?

„Ohne Fleiß kein Preis“ lautet ein abgedroschener Spruch. Dass dem nicht immer so ist, ist kein Geheimnis. Während ich es mit meinen 4000 nicht über das Mittelmaß hinausschaffe, stehen andere mit gleich viel oder weniger Kilometern bei beinahe jedem Wettkampf am Stockerl. Manche Pferde galoppieren von Anfang an vorne weg, andere traben ihre Leben lang hinterher. Das Leben ist aber kein Ponyhof und aus Ponys werden nun mal keine Rennpferde.

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RunNa

„Du wärst viel besser, wenn du weniger laufen würdest.“ Immer wieder bekomme ich zu hören, ich mache zu viel. Zu hohe Umfänge. 100 Kilometer-Wochen sind in der unmittelbaren Marathonvorbereitung keine Seltenheit. Ich habe kein Problem damit, weder motivationstechnisch noch körperlich. Wehwehchen aufgrund von Überlastungen sind bisher *klopfklopf* ausgeblieben.

Zehn Welten für 3:00

Wäre ich mit 50 oder 60 Wochenkilometern tatsächlich besser? Hm. Ja, nein, vielleicht? „Bei Ihrem Trainingsumfang müssten Sie einen Marathon in etwa 3:00 laufen“, hatte ich kürzlich von einem Sportmediziner gehört. Ich hatte mich zwar binnen einem Jahr beim Marathon um zwölf Minuten verbessert – machte immerhin Platz 11.061 von 35.999 (yeah!) – aber für 3:00 liegen immer noch zehn oder mehr Welten dazwischen. 3:00 für eine Frau. Nicht schlecht. Nehme ich. Mit Handkuss. Machen diese 3:00-Frauen also etwas anders? Und wenn ja was? Ein kleiner Versuch aufzuzeigen, das „ohne Fleiß kein Preis“ eben doch nicht alles ist.

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Beim Kickoff Meeting vergangenen März

Mein Sportjahr brachte neben tausenden Kilometern noch etwas ganz Besonderes mit sich: Es war mein erstes Jahr als Asics Frontrunner und somit auch ein Jahr, in dem ich viele neue Leute kennengelernt habe. Die meisten davon Topläufer – die Elite Österreichs. Eine davon ist Bernadette Schuster. Wir haben dieselbe Altersklasse und das wär’s dann auch schon, was wir gemeinsam haben. Bernadette läuft, im Gegensatz zu mir, seit ihrer Jugend und hat sich mittlerweile den Staatsmeistertitel im Halbmarathon (2012) sowie einige Landesmeistertitel geholt. Ein Highlight ihrer Läuferkarriere war auch der Sieg beim Wings for Life World Run Österreich 2015 (15. Dame weltweit). „Ein ganz großes Ziel gelang mir auch noch heuer: Die Teilnahme bei der Crosslauf Europameisterschaft“, sagt Bernadette.

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Bernadette Schuster

Obwohl sie sich, wie sie sagt, auf den Distanzen fünf und zehn Kilometern am wohlsten fühlt, ist Bernadette auch schon Marathons gelaufen. Vier um genau zu sein. Damit hätten wir dann doch noch eine Gemeinsamkeit, denn auch bei mir sind es vier. Den ersten lief sie bereits 1998 in einer Zeit von 3:35. „Den bin ich einfach so mitgelaufen, mal zu schauen, wie weit das ist“, meint sie mit einem Augenzwinkern. „Meine bisherige Marathon Bestzeit bin ich dann 2015 in Linz in 2:57 gelaufen. Obwohl ich auch diesen eher mitgenommen habe, weil ich aktuell bei kürzeren Distanzen zuhause bin.“ Zum Vergleich: Meinen ersten bin ich 2015 in 3:58 gelaufen und meine Bestzeit liegt bei 3:46. In einer Zeit wir Berna zu laufen, ist für mich noch nicht einmal ein Traum, denn in diesem Leben würde er so schnell zerplatzen wie eine Seifenblase.

90 bis 110 km

Und sonst? Befragt nach ihrem Trainingsumfang, sind wir dann doch nicht ganz so verschieden wie unsere Bestzeiten. „Mein Wochenpensum beim Laufen liegt bei 90 bis 110 km je nach Wettkampfphase, aber 90 km sind meist mein Minimum, bei meist sieben Einheiten. Dazu kommen zwei Einheiten Alternativtraining und im Sommer nehme ich Radfahren und vor allem Bergtouren inklusive Klettersteige mit, was für mich neben dem Laufen das schönste Hobby ist“, sagt sie. Zum Vergleich: Bei mir sind es meist sechs Laufeinheiten die Woche, dazu kommt zwei Mal die Woche Krafttraining und seit meiner Yoga-Challenge auch noch Krieger und Co zum Ausgleich. Und auch wie Berna besteht mein Läuferleben nicht aus Einheitsbrei. Von Regeneration bis zur tiefroten A4-Kotzgrenze ist meist alles dabei. Wären doch perfekte Voraussetzungen für Sub 3 oder?!

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2:57 werden für mich immer unerreichbar bleiben. Warum, wieso dann also diese 4000 Kilometer im Jahr, wenn es doch nur für Platz 11.061 reicht? Ganz ehrlich. Weil es mir Spaß macht. Weil ich Laufen liebe. In allen Variationen. Weil kein Lauf ist wie der andere. Weil man sich an einem Tag bei Intervallen quält, um am Ende halbtot aber glücklich am Asphalt, auf der Donauinsel oder auf der Couch zu liegen. Weil man bei lockeren Grundlagenläufen den Kopf frei bekommt, die Gedanken in Bewegung kommen, Ideen sprudeln und weil ich mich gerne mit mir selber matche. Im Training, wie im Wettkampf. „Das Ausloten meiner Grenzen, das Erreichen meiner eigenen Ziele und das Schaffen von vermeintlich Unmöglichem, gehört ebenso dazu und ist eine wichtige Zutat bei harten Trainings und Wettkämpfen. Aber das Wichtigste ist, nie den Spaß und die Freude an diesem tollen Sport zu verlieren!“, erklärt Bernadette ihre Leidenschaft fürs Laufen. Womit wir letztendlich doch mehr gemeinsam haben, als auf den ersten Blick erkennbar ist.

Dafür brennen

„Der Spaß muss das Tun bestimmen“, hat Reinhold Messner gesagt. Solange dieser nicht verloren geht, werde ich weiter traben und (für meine Verhältnisse) galoppieren. Vielleicht lande ich dann beim nächsten Mal auf Platz 10.315 oder auf 9527. Oder auch nicht. Einen offiziellen Preis gibt es so oder so nicht. Den gibt es nur für mich: Die Freude und die Leidenschaft im Tun. Daher zu guter Letzt noch ein weiser Spruch des Philosophen Augustinus Hippo: „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.“ Ja, ich brenne und ja, das kann ich. Das Lauf-Feuer in anderen entfachen. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Autorin Natascha Marakovits finden Sie auch auf Instagram.

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