Debatte: Verführen E-Zigaretten zum Rauchen?
Teenager, die nikotinhältige elektronische Zigaretten verwenden, greifen später auch eher zu herkömmlichen Glimmstängeln: Zumindest laut einer neuen Untersuchung von Forschern der University of Southern California, USA, die jetzt im Fachjournal Pediatrics veröffentlicht wurde und die Diskussion neu befeuert. Innerhalb von zwei Jahren soll die Wahrscheinlichkeit für einen Einstieg in herkömmlichen Zigarettenkonsum bei früheren Anwendern von Verdampfern sechs Mal so hoch sein wie bei Jugendlichen, die nie E-Zigaretten verwendet haben.
"Wir sind besorgt, dass Jugendliche, die mit E-Zigaretten experimentieren, später zu herkömmlichen Zigaretten, die deutlich gefährlicher sind, wechseln", sagt Jessica Barrington-Trimis, eine der Studienautorinnen.
Grundlage waren Daten von 300 High-School-Studenten aus dem Jahr 2014: Jeder Zweite sagte damals, eine E-Zigarette zumindest einmal schon probiert zu haben. Und in dieser Gruppe war dann die Wahrscheinlichkeit, auf herkömmliche Zigaretten umzusteigen, deutlich größer.
Umstrittene Daten
Doch auch diese Studie ist umstritten: Denn es sei nicht klar, ob die Jugendlichen, die ursprünglich angaben, E-Zigaretten zu verwenden, diese nur einmal probiert oder regelmäßig konsumiert hatten, sagen Kritiker. Wenn es sich um regelmäßige Konsumenten gehandelt habe, dann sei es unwahrscheinlich, dass sie in diesem hohem Ausmaß zu herkömmlichen Zigaretten gewechselt hätten. Und wenn es sich ursprünglich nur um Probierkonsumenten gehandelt habe, sei das Ergebnis nicht verwunderlich, weil diese einfach alle Rauchprodukte durchprobiert hätten.
Argumente pro...
Der Sreit um die Risiken oder Nutzen von E-Zigaretten ist seit Monaten voll entflammt: So sieht das britische Royal College of Physicians in London. Die Ärzteorganisation sieht die E-Zigarette gar als größte "Hoffnung seit Jahrzehnten", von der Nikotinsucht loszukommen. Die Hälfte oder mehr aller Raucher könnten davon profitieren. Die britischen Ärzte um Studienleiter John Britton räumen zwar ein, dass E-Zigaretten gesundheitlich nicht gänzlich unbedenklich seien. Sie sehen sie aber gerade für stark nikotinabhängige Menschen eine "brauchbare Alternative", heißt es im Fachmagazin British Medical Journal. Besonders rücken sie in ihrem umfangreichen Dossier die Langzeitfolgen ins Zentrum – diese dürften nur etwa fünf Prozent der Folgen von langem Tabakkonsum ausmachen. Sie betonen auch gesellschaftspolitische Chancen, das Rauchen "radikal zu reduzieren": E-Zigaretten böten weniger Risiken als Zigaretten.
...und contra E-Zigaretten
Dem widersprechen andere internationale Wissenschaftler und die WHO, die gesundheitliche Schäden auch durch E-Zigaretten nicht ausschließen. Univ.-Prof. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene an der MedUni Wien hält sie für einen "Schmäh wie früher die Light-Zigaretten". E-Zigaretten enthalten eine flüssige Mischung aus Propylenglykol und Glycerin, die mit Aromen und Nikotin versetzt sind. Kritiker sehen auch hier die Langzeitrisiken als nicht ausreichend geklärt. Das Department für öffentliche Gesundheit in den USA warnt vor einer zu lockeren Handhabung. "Die Konsequenzen werden verharmlost."
Die Bayerische Krebsgesellschaft warnte kürzlich vor einem Krebsrisiko auch durch E-Zigaretten. Diese enthielten Schadstoffe, die zum Teil als krebserregend gelten. "Sicherlich sind E-Zigaretten weniger schädlich als normale Zigaretten, aber harmlos sind sie keinesfalls", so Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum der Bayerischen Krebsgesellschaft. Die Belastung Dritter könne ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, denn auch beim Konsum elektrischer Zigaretten würden Nikotin und krebserregende Substanzen in die Raumluft abgegeben.
Brittons Team hingegen führt Umfragen unter Jugendlichen an, dass E-Zigaretten fast ausschließlich von jenen mit Tabakerfahrung verwendet würden. Sie sehen keine Indizien, dass die jungen Menschen durch E-Zigaretten mehr rauchen würden.
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