Glitzer-Kapseln für die Vagina: Ärzte schlagen Alarm

Symbolbild
Nach dem Pflegestift für die Schamlippen kommt jetzt die Glitzerkapsel für den Intimbereich. Experten zeigen sich angesichts des neuen Produkts entsetzt.

Wenn Sie raten müssten, welches Produkt sich hinter dem Namen "Passion Dust" verbirgt – würden Sie dann an Glitzerkapseln für die Vagina denken? Wohl kaum. Tatsache ist, dass ein US-amerikanisches Unternehmen genau das unter dem erwähnten Namen verkauft.

Glitzer für untenrum

Mit dem Produkt scheint man bei "Pretty Woman", so heißt der Hersteller, auf den Glitzer-Trend aufzuspringen, der die Hipster-Szene seit vergangenem Sommer fest im Griff hat. Glitzer im Gesicht, Glitzer auf den Nägeln, Glitzer im Haar. Für Männer gibt's natürlich auch etwas Schimmer – im Vollbart. Während die Verschönerung der genannten Körperpartien mittels Glitzerstaub dem persönlichen Geschmack obliegt, werfen die Glitzerkapseln für den Intimbereich gesundheitliche Fragen auf.

Doch worum genau handelt es sich dabei eigentlich? Der Website der Firma, die auch einen Onlineshop beinhaltet, ist zu entnehmen, dass es sich bei den Kapseln weder um Gleitgel, noch um ein luststeigerndes Produkt handelt. Die Kapseln, die aus Gelatine, essbaren Glitzerpartikeln auf Stärkebasis, Stearinsäure und Acaciapulver bestehen, werden laut Hersteller eine Stunde vor dem Geschlechtsverkehr eingeführt. Durch Scheidenflüssigkeit und Körperwärme löst sich die Hülle auf und Glitzer wird frei. Dieser kommt sogar mit Geschmack: "In der Kapsel befindet sich Glitzer, der nach Süßigkeiten schmeckt", heißt es auf der Homepage.

Experten sind entsetzt

Experten auf der ganzen Welt schlagen jedenfalls Alarm. Jen Gunter, Medizinerin aus Kanada, äußert auf ihrem Blog die Befürchtung, dass der Glitzer die Scheidenflora negativ beeinflussen könnte. Infektionen und ein erhöhtes Ansteckungsrisiko für sexuell übertragbare Krankheiten seien die Folge.

Shazia Malik, Gynäkologin am Londoner Chase Farm Krankenhaus, erklärt dem britischen Independent: "Die Stärke und Gelatine verändern den sauren pH-Wert des Scheidenmilieus und den Zuckergehalt in der Scheidenflüssigkeit. Das kann schädliche Bakterien und Pilze gedeihen lassen." Das britische Royal College of Obstetricians and Gynaecologists lehnt das Produkt im Interview mit dem Independent ebenfalls ab: "Die Vagina enthält verschiedenste Bakterien, die dazu da sind sie zu schützen. Führt man fremde Objekte in die Scheide ein, kann die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht gebracht werden", erklärt eine Sprecherin der Organisation. Dies könne Infektionen und Entzündungen begünstigen.

Hersteller sieht keine Gefahr

Seitens des Herstellers geht man mit aggressivem Wording gegen Kritiker und negative mediale Berichterstattung vor. Auf der Homepage betont man beharrlich, dass das Produkt gesundheitlich unbedenklich sei. Die Kapseln seien zwar nicht durch die Food and Drug Administration, die Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten, freigegeben, die einzelnen Inhaltsstoffe jedoch sehr wohl.

Der Kritik durch Mediziner und Gesundheitsexperten greift man vor: "Jeder Gynäkologe wird sagen, dass man nichts in seine Vagina einführen sollte! Und nichts, was die Vagina betrifft, kommt ohne mögliches Risiko." Erklärt wird auch, dass "Passion Dust" keine Infektionen hervorrufe – "wenn man schon einmal eine Pilzinfektion gehabt hat, dann wurde die bestimmt nicht durch Glitzer verursacht, es passiert einfach manchmal."

Außerdem liege es im Ermessen jedes "reifen Erwachsenen" mit seiner Sexualität zu experimentieren und entsprechend damit umzugehen. Von "Passion Dust" gehe aber ohnehin keine Gefahr aus, denn sogar in Lipgloss seien manchmal "schädlichere Glitzerpartikel" enthalten, heißt es.

Experten können mit dieser Argumentationslinie freilich wenig anfangen. Jen Gunter bringt die Problematik der vorgebrachten Erklärung mit folgendem Satz auf dem Punkt: "Die Idee, dass ich etwas in meine Vagina einführen kann, nur weil ich es essen kann, ist einfach falsch. Ich kann ein Stück paniertes Hühnchen essen, aber das heißt nicht, dass ich es mir in die Vagina stecken sollte."

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