Warum Männer Arztbesuche meiden

Dieser Mann hat es geschafft - und lebt dadurch vielleicht auch länger.
Angst vor Untersuchung und Diagnose sowie Zeitmangel sind die Top-Ausreden.

Molières Theaterfigur Argan, ein Hypochonder, ist die große Ausnahme: Er geht gerne und sehr oft zum Arzt. Aus Angst davor, krank zu werden. Viele Männer wollen davon aber gar nichts hören – sie bleiben lieber zu Hause, sagen US-Meinungsforscher. Warum Männer seltener den Arzt aufsuchen, haben sie im Auftrag der Orlando-Health-Klinik untersucht.

Zu den Top-Ausreden der befragten Männern zwischen 18 und 44 Jahren gehört Zeitmangel: Sie gaben etwa an, sie seien zu beschäftigt, um zum Arzt zu gehen. Viele äußerten Angst vor einer schlimmen Diagnose oder wollten unangenehme Untersuchungen, etwa an der Prostata, vermeiden. Univ.-Prof. Rudolf Schoberberger, Psychologe am Institut für Sozialmedizin der MedUni Wien, kommen diese Ausreden bekannt vor. Das Problem ist, dass Männer versuchen, stark und vermeintlich männlich zu sein. "Sie reden sich ein, dass sie das alles nicht brauchen." Für den US-Urologen Jamin Brahmbhatt, ebenfalls an der Studie beteiligt, ist die Keine-Zeit-Ausrede "unentschuldbar". Viele Männer könnten pro Woche mehrere Stunden vor dem TV-Gerät mit Sportübertragungen verbringen, da müssten sie auch für eine Untersuchung Zeit aufbringen können.

"Frauensache"

Bekannt ist, dass die Gesundheit in der Familie oft Frauen überlassen wird. Sie kümmern sich um Mann und Kinder, wenn diese krank sind, und schicken den Partner zum Arzt, berichtet Gesundheitspsychologe Schoberberger. Auf der anderen Seite sind sie auch Multiplikatoren, deren Verhalten sich auf Männer auswirkt. Schoberberger erzählt von einem Programm zur Gewichtsreduktion, bei dem 85 Prozent der Teilnehmer weiblich waren. Allerdings zeigte sich, dass die Frauen gesunde Ernährung in die Familie weitertrugen und letztlich viele Männer bei dem Programm mitgemacht haben.

Männer per se als Vorsorgemuffel abzustempeln, wäre dennoch falsch. In den vergangenen 20 bis 30 Jahren habe sich viel verändert, erklärt der Experte. Fast jeder zweite Mann in Österreich geht in einem Zeitraum von drei Jahren mindestens einmal zur Vorsorgeuntersuchung. Das zeigte eine Befragung von 15.000 Personen der Statistik Austria. Auch gesundheitliche oder psychische Probleme wie etwa Burn-out durch Mobbing sind enttabuisiert worden. Es wird allgemein offener darüber gesprochen, meint Schoberberger. "Jetzt wissen Menschen, dass sie deshalb Schlafprobleme oder Depressionen haben. Und wenn es Möglichkeiten gibt, diese Probleme zu bewältigen, nutzen sie diese."

Zudem sind Patienten mündiger geworden, wollen mehr wissen. "Vor Jahren war es undenkbar, dass sie zu Hause Blutdruck gemessen haben. Niedergelassene Ärzte haben sich dagegen gewehrt. Aus Angst vor einer Hysterie unter den Menschen." Mittlerweile wird Blutdruckmessen sogar mittels öffentlicher Kampagnen propagiert. In den USA versuchen jetzt Wissenschaftler und Ärzte Männer auf ungewöhnlichere Weise für mehr Gesundheitsbewusstsein zu sensibilisieren. Urologe Jamin Brahmbhatt und Kollegen machen einen Roadtrip und wollen vermitteln: "Unser Körper ist wie ein Auto. Allerdings nehmen sich Männer fürs Auto mehr Zeit, lassen regelmäßig ein Service machen. Aber aus vielen Gründen achten sie weniger auf ihren Körper. Das muss sich ändern."

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